Schifffahrt, Logistik, Holzbranche
Bertelsmann-Studie zeigt: Teilweise drastisch mehr CO2-Emission in der deutschen Wirtschaft

Bis 2045 will Deutschland klimaneutral werden Die Bertelsmann Stiftung hat nun den CO2-Ausstoß pro Kopf untersucht. Dabei haben sie sich in ihrer Studie die Wirtschaftszweige der Landkreise in Deutschland zwischen den Jahren 2000 und 2019 angesehen. Das Ergebnis zeigt nun deutlich, dass in einigen Regionen der Ausstoß des klimaschädlichen Gases sogar gestiegen ist.
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Regionale Ungleichgewichte beim CO2-Ausstoß in Deutschland

Die Wirtschaft befindet sich in einem massiven Strukturwandel, der in den verschiedenen Regionen Deutschlands unterschiedlich auswirkt. Insbesondere im Hinblick auf das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 spielen regionale Ungleichgewichte eine große Rolle. Die Bertelsmann Stiftung hat in ihrer Studie vom März 2024 einen besonderen Blick auf die einzelnen Regionen und ihre Entwicklung zwischen den Jahren 2000 und 2019 geworfen. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Dekarbonisierung, also der Reduktion oder Vermeidung von Kohlenstoffdioxid bei der Erzeugung und Nutzung von Energie.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Treibhausgasemissionen dort zurückgegangen sind, wo auch die Wirtschaft geschrumpft ist. Dabei spielte die sektorale Spezialisierung der Wirtschaft eine große Rolle. So wurden Hamburg deutlich höhere Emissionen zugeschrieben als Berlin, das doppelt so groß ist.
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Emissionsrückgang vor allem in alten Industrieregionen
Die Auswertung der CO2-Intensität von Produktion und Beschäftigung für die deutschen Kreise zeigt, dass einige Wirtschaftszweige gewachsen sind, obwohl sie weniger klimaschädliche Gase emittiert haben. In den meisten Branchen ging die Emissionsminderung jedoch mit einem Beschäftigungsabbau einher. Dies galt vor allem für die alten Industrieregionen. So fielen etwa im Ruhrgebiet zahlreiche Jobs durch den Niedergang der Kohle- und Stahlbranche weg.
Vor allem bei der Energieerzeugung wurden weniger Treibhausgase freigesetzt. Bei der Produktion von Erdöl und Erdgas im niedersächsischen Landkreis Nienburg an der Weser wurden 0,47 Tonnen weniger CO2 ausgestoßen. Positive Werte verzeichnete auch die Pharmaindustrie, die bei einem Zuwachs von rund 50.000 Beschäftigten ihren CO2-Ausstoß um 0,03 Tonnen senken konnte. Dies war vor allem im baden-württembergischen Landkreis Lörrach der Fall.
Für neue „grüne Jobs“ sorgten besonders die Großstädte. Hier ging die CO2-Reduktion mit einer Deindustrialisierung einher. Insbesondere der Metropole Köln gelang es, klimaschädliche Industrien durch neue Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor zu ersetzen.
Außerdem ruht die Hoffnung noch immer auf Decoupling: Wirtschaftliches Wachstum soll bei sinkenden CO2-Emissionen möglich sein. Vergleichsweise gut funktioniert das in Städten mit einem großen lokalen Dienstleistungssektor wie Düsseldorf, München oder Berlin. Auch Universitätsstädte wie Münster, Bonn, Oldenburg oder Freiburg sind erfolgreich.
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Treibhausgasemissionen in der Schifffahrt um 437 Prozent gestiegen

In einigen Wirtschaftszweigen sind die Emissionen im Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten sogar gestiegen. Die Forscher nennen sie „Problembranchen“, weil sie auf dem Weg zur Klimaneutralität die größten Herausforderungen zu meistern haben. Einen besonders hohen Anstieg der CO2-Emissionen verzeichneten die Holzwirtschaft mit 470 Prozent, die Schifffahrt mit 437 Prozent und die Logistik.
Regional ist der Zuwachs in der Schifffahrt vor allem in Norddeutschland zu verzeichnen. Betroffen sind viele Küstenregionen wie Ostfriesland oder die Uckermark. Der starke Anstieg der Gesamtemissionen pro Kopf wurde auf den Güter- und Personenverkehr in der See-, Küsten- und Binnenschifffahrt zurückgeführt. Darüber hinaus war die Zunahme des internationalen Seeverkehrs ausschlaggebend.
Auch die Logistikbranche hat regional zu einem Anstieg der Pro-Kopf-Emissionen geführt. Viele Landkreise in Bayern und Baden-Württemberg, wie das Berchtesgadener Land, Miesbach oder Biberach, sind mit Zuwächsen von bis zu 60 Prozent betroffen. Die hohe lokale Konzentration der Produktion führte auch zu hohen Gesamtemissionen. Andererseits ist dort auch die Beschäftigung deutlich gestiegen.
Regionen mit vielen Problembranchen haben es in Zukunft besonders schwer

Regionen, in denen sich verschiedene Problembranchen konzentrieren, werden in Zukunft unter besonderem Transformationsstress stehen. Dies gilt beispielsweise für Freising in Bayern, das vom Münchner Luftverkehr betroffen ist, oder die Automobilregionen Wolfsburg und Dingolfing-Landau. Auch im nordrhein-westfälischen Düren ist die Papierindustrie ein Problem, ebenso wie die Landwirtschaft und die Holzproduktion im Saale-Orla-Kreis in Thüringen.
CO2-Reduktion reicht nicht aus, um Klimaziele zu erreichen

Generell lässt sich für Deutschland sagen, dass die Gesamtemissionen des produzierenden Gewerbes seit der Jahrtausendwende konstant geblieben sind. Allerdings hat die wirtschaftliche Aktivität insgesamt deutlich zugenommen. Regionales Wirtschaftswachstum fand tendenziell dort statt, wo auch die CO2-Emissionen relativ stark wuchsen. Eine regionale Reduktion der Treibhausgase ging bundesweit mit einem schwachen Wirtschaftswachstum einher, so dass dort regionale Beschäftigung und Wertschöpfung verloren gingen.
Die bisherigen Anstrengungen würden jedoch nicht ausreichen, um bis 2045 klimaneutral zu werden, so die Bertelsmann-Studie. Es bedürfe einer gezielten regionalen Förderung, damit Wirtschaftswachstum mit Emissionsminderung einhergehe.
Der beschleunigte Abbau von Industrien ist jedoch kein guter Weg, um die Klimaziele zu erreichen. Eine Verlagerung von Industriestandorten würde das globale Klimaproblem nicht lösen. Lediglich der Wohlstand in Deutschland würde geschmälert und die Emissionen in andere Teile der Welt verlagert.
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(nzo)