Sechs Mal mehr CO2-Ausstoß

Urban Gardening ist viel klimaschädlicher als konventionelle Landwirtschaft

von Nina Zorn & Bernd Fuchs

Das Anpflanzen von eigenem Obst und Gemüse in der Stadt ist seit Jahren ein Trend, da es als umweltschonend und nachhaltig gilt. Allerdings zeigt eine neue Studie, dass die urbane Landwirtschaft viel klimaschädlicher ist als die herkömmliche Bewirtschaftung großer Felder. Bedeutet das das Ende für städtische Hobbygärtner?
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Die Untersuchung von 70 Stadtgärten ergab eine schlechte Klimabilanz

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Urban Gardening ist seit vielen Jahren ein Trend in den Städten.

Für das Urban Gardening-Konzept braucht es keinen eigenen Garten. Hobbygärtner können ihr Obst und Gemüse auf dem Balkon, Brachflächen oder öffentlichen Räumen anpflanzen. Dieser Trend gilt als gute Methode zur Verbesserung der Klimabilanz in Städten.

Das Forscherteam um Jason K. Hawes und Benjamin P. Goldstein von der University of Michigan hat jedoch herausgefunden, dass die urbane Bepflanzung nicht so umweltschonend ist wie angenommen. Sie haben in dem Fachmagazin „Nature studies“ eine Studie veröffentlicht, in der sie mehr als 70 Stadtgärten in fünf Ländern untersucht haben. Darunter waren auch urbane Gärten im Ruhrgebiet. Hobbygärtner dokumentierten freiwillig eine Saison lang, was sie geerntet haben und welche Ressourcen dabei verbraucht wurden.

Das Ergebnis: Neue Infrastrukturen, falsche Bewässerung und schlechte Kompostierung schaden der Umwelt

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Oft wird mit Trink- anstelle mit Regenwasser bewässert.

Die Studie zeigt, dass für eine Portion Obst und Gemüse bis zu sechsmal mehr CO2 erzeugt wird als für eine vergleichbare Menge von einem konventionellen Acker. Die Materialien und Ressourcen beim Anbau von Obst und Gemüse auf großen Feldern könne effektiver genutzt werden und verbrauche pro Kilogramm Ernte weniger Dünger. Im Gegensatz dazu beanspruche die urbane Landwirtschaft im Verhältnis zum Ertrag sehr viel mehr Materialien und Ressourcen, obwohl sie keine großen Anbauflächen habe.

Dazu sei Urban Gardening oft nur eine Zwischenlösung. Für die Bewirtschaftung brauche es neue Infrastrukturen. So brauchte beispielsweise der Bau von neuen Hochbeeten frisches Holz aus dem Baumarkt, obwohl sie aber nach wenigen Jahren wieder abgebaut und weggeworfen werden. Zudem werde häufig mit Trinkwasser bewässert. Des Weiteren müsse der Kompost richtig bewirtschaftet werden, da sonst sein Sauerstoffgehalt zu gering sei und er im urbanen Garten viel klimaschädliches Methan ausstoße.

Die Forderung: Lange Nutzung der urbanen Gärten für einen besseren ökologischen Fußabdruck

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Bestimmte Gemüse- und Obstsorten sind besonders geeignet für das Hochbeet auf dem Balkon.

Die Studie zeigt, dass Stadtgärten das Gemeinschaftsgefühl und die Psyche der Menschen positiv beeinflusse und die frische Ernte gesund sei. Daher sollten die Gärten erhalten bleiben. Um die Klimabilanz zu steigern, dürfe Urban Gardening nicht mehr als kurzzeitige Beschäftigung erfolgen.

Der größte Teil der Emission stamme aus der Zeit, in der die Gärten angelegt werden würden. Daher solle das Hochbeet und die Werkzeuge lieber 20 statt fünf Jahre genutzt werden. Außerdem sei die Auswahl der angebauten Gemüse- oder Obstsorte relevant. Für urbane Gärten würden sich vor allem Tomaten oder Spargel lohnen. Der Anbau von Tomaten sei auf kleinen Flächen deutlich nachhaltiger. Der Spargel dagegen werde häufig mit dem Flugzeug nach Deutschland gebracht und stößt so eine Menge CO2 aus.

Weitere Tipps für einen nachhaltigen Balkon

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Unter Beachtung von einigen Tricks kann der Balkon auch schnell umweltfreundlicher werden.

Beim Bepflanzen des Hochbeets sollte auf Blumenerde ohne Torf zurückgegriffen werden, um die Umwelt zu schonen. Torf trägt zum Artensterben bei, da bei seiner Entnahme Moorlandschaften entwässert und Lebensräume von unzähligen Tier- und Pflanzenarten zerstört werden. Dies treibt den Klimawandel voran. Eigene Komposterde, Sand, Kaffeesatz oder Nadelholzmulch können torfhaltige Erde ersetzen.

Um auf Trinkwasser für die Bewässerung zu verzichten, kann Regenwasser aus der Dachrinne aufgefangen werden. Dabei kann der Boden eines Kanisters abgetrennt und umgedreht am Balkongeländer befestigt werden. Alternativ kann eine Plane mit einem Loch in der Mitte auf dem Balkon aufgespannt werden, die in der Mitte beschwert wird. Das Regenwasser fließt so über das Loch in einen Auffangbehälter.

Um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, sollten nachhaltige Balkonkästen und Töpfe aus recyceltem Kunststoff oder natürlichen Ton verwendet werden. Diese sind umweltschonend, langlebig, stabil und frostsicher. Zudem locken heimische, mehrjährige und winterharte Pflanzen Insekten an. Rosmarin, Blauminze und Brombeeren sind geeignet für sonnige Balkone. Himbeeren, rote Johannisbeeren und das immergrüne Geißblatt gedeihen besonders gut im Halbschatten. Um den Balkon vogelfreundlicher zu gestalten, können Tränken und ein Sandbad aufgestellt werden, da die Insekten auch Vögel anlocken.

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(nzo, bfu)