Metropolen unter Druck
Tokio, Jakarta, Los Angeles - Top 10 der am meisten durch Erdbeben gefährdeten Großstädte
In Istanbul steigt die Gefahr eines Erdbebens mit verheerenden Folgen. Andere Welt-Metropolen wären bei einem Erdbeben allerdings noch deutlich schlimmer betroffen. Für eine Studie eines Rückversicherers wurden weltweit 616 Metropolregionen verglichen.
Erdbeben sind nicht exakt vorhersehbar
Dank Frühwarnsystemen ist das Ausmaß vieler Naturkatastrophen in den vergangenen Jahren deutlich geringer ausgefallen. Für Erdbeben gilt das nicht: Trotz wissenschaftlicher Fortschritte ist eine genaue Vorhersage von Erdbeben (noch) nicht möglich. Denn für das Auftreten eines starken Erdbebens gibt es in der Regel wenig verlässliche Anhaltspunkte.
Weil eine konkrete Warnung erst drei Sekunden vor dem Beginn eines Erdbebens erfolgen kann, können andere Indikatoren entscheidend sein. Eine Studie des Rückversicherungsunternehmen Swiss Re zeigt, welche Metropolregionen besonders von Erdbeben bedroht sind.
1. Tokio-Yokohama (Japan): Knapp 40 Millionen Menschen bedroht

Tiefe Furchen, die sich durch den Asphalt ziehen oder ganze Wohnhäuser, die plötzlich ins Wanken geraten – in der Region Tokio-Yokohama sind solche Phänomene keine Seltenheit. Regelmäßig sind in der Metropolregion In Japan Erdbeben zu spüren, deren Epizentrum meist hunderte Kilometer entfernt liegen. Das Gebiet rund um die einwohnerreichste Stadt der Welt ist die am meisten durch Erdbeben gefährdete urbane Region weltweit - knapp 40 Millionen Menschen sind betroffen. Zum Vergleich: Allein in Tokio leben mehr als 37 Millionen Einwohner, weitere 3,7 Millionen Menschen leben im naheiegenden Yokohama.
Da 300 Kilometer südöstlich von Tokio gleich drei tektonische Platten aufeinandertreffen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Tokio in den kommenden Jahren von einem schweren Erdbeben heimgesucht wird. Prognosen einer Regierungsstudie sowie die Berechnung durch den Rückversicherer Swiss Re bestätigen diese Annahmen. Daher gelten in Japan strenge Bauvorschriften. Zudem gibt es regelmäßig Erdbebenübungen.
2. Jakarta (Indonesien): Nicht die einzige Gefahr für die Einwohner

Jakarta gehört zweifellos zu den gefährlichsten Großstädten der Welt. Denn Indonesiens Hauptstadt wird gleich von mehreren Seiten bedroht: Durch die globale Erwärmung steigt der Meeresspiegel, die Stadt sackt unter ihrem eigenen Gewicht ab, zudem befindet sich Jakarta in einer extrem erdbebengefährdeten Region. Allein knapp 18 Millionen Menschen sind potenziell durch ein schweres Erdbeben gefährdet – damit sind nicht nur die Bewohner der Stadt (knapp 11 Millionen Einwohner), sondern auch die umliegende Umgebung betroffen.
Indonesien befindet auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Daher kommt es immer weder zu Erd- bzw. Seebeben: Das letzte schwere Beben erschütterte Jakarta im August 2007. Obwohl das Epizentrum knapp 110 Kilometer von der Stadt entfernt war und eine Stärke von 7,5 gemessen wurde, gab es keine Todesopfer. Auch die große Zerstörungswelle blieb aus, obwohl die meisten Gebäude Jakartas höchstens Beben der Stärke 6,0 standhalten können. Ein schweres Beben in unmittelbarer Nähe wäre verheerend.
Wie wird die Stärke eines Erdbebens überhaupt gemessen?
Mit Hilfe der sogenannten Richterskala lässt sich die Erdbeben-Stärke im Bereich seines Epizentrums bestimmen. Dazu wird die Energiefreisetzung (Magnitude) bei einem Beben erfasst. Sie ist eine der gebräuchlichsten Skalen, die zur Bestimmung der Stärke von Erdbeben herangezogen wird und verdeutlicht, zu welchen Schäden die unterschiedlichen Erdbeben-Stärken führen können.
Lese-Tipp: Wetterlexikon: Richterskala
| Stärke | Auswirkungen |
| 0 bis 1,9 | Werte in diesem Bereich sind nur durch Messinstrumente nachweisbar. |
| 2 bis 2,9 | Ein Beben dieser Stärke wird nur von sehr wenigen Menschen wahrgenommen. |
| 3 bis 3,9 | Erdbewegungen dieser Kategorie sind mit den Vibrationen eines vorbeifahrenden LKW vergleichbar. |
| 4 bis 4,9 | Ein solches Beben wäre für Menschen spür- und gegebenenfalls hörbar: Gläser und Geschirr könnten klappern. |
| 5 bis 5,9 | Es könnten Risse in den Wänden entstehen und sich ganze Möbelstücke bewegen. |
| 6 bis 6,9 | Ab dieser Kategorie wird von einem starken Beben gesprochen. Gebäude könnten einstürzen. Es kann zudem zu erdbebenbedingten Flutwellen kommen. |
| 7 bis 7,9 | Nur erdbebensichere Gebäude halten dem Druck stand. Im Bodenbereich können sich Risse bilden. Flutwellen im Küstenbereich sind nicht ausgeschlossen. |
| ab 8 | Das Ausmaß in dieser Kategorie ist verheerend. Es kommt zu schweren weitläufigen Zerstörungen, Flutwellen können die Höhe eines mehrstöckigen Familienhauses erreichenn. |
Quelle: wetter.de
3. Manila (Philippinen): Erdbeben sind keine Seltenheit

In Hinblick auf die bisherigen Metropolen wirkt die Hauptstadt der Philippinen mit knapp 1,9 Millionen Einwohnern verhältnismäßig klein. Allerdings täuscht die Annahme: Das Einzugsgebiet ist im Katastrophenfall deutlich größer. Fast 17 der knapp 20 Millionen Einwohner der Philippinen sind innerhalb der Metropolregion durch Erdbeben gefährdet.
Wie Japan und Indonesien liegen auch die Philippinen auf dem Pazifischen Feuerring und damit in der geologisch aktivsten Zone der Erde. Dort stoßen große tektonische Platten unter der Erdoberfläche zusammen. Zuletzt erschütterte 2022 ein Erdbeben der Stärke 7 die Provinz Abra den Norden der Insel Luzon. Die liegt circa 300 Kilometer von Manila entfernt. Das Beben war allerdings sogar in der Hauptstadt zu spüren.
4. Los Angeles (USA): Katastrophenfilme verdeutlichen Horror-Szenario

In dutzenden Katastrophenfilmen wurde das Szenario eines schweren Erdbebens anhand der kalifornischen Metropole Los Angeles dargestellt. Doch wie groß ist die Gefahr wirklich? Nach den Angaben von Swiss Re sind dort fast 15 Millionen Menschen potenziell von einem Erdbeben gefährdet. Zum Vergleich: In der Stadt leben knapp 3,8 Millionen Menschen, mit dem erweiterten Umland beherbergt die Metropolregion sogar fast 18 Millionen Bürger. Das Ausmaß wäre demnach verheerend und auch die Filmszenarien scheinen anhand dieser Zahlen nicht allzu abwegig.
Weil sich die Stadt auf einem tektonischen Schleudersitz befindet, ist die Gefahr einer Naturkatastrophe real: Die Nordamerikanische und die Pazifische Platte schieben sich seitlich aneinander vorbei. Da es seit fast 300 Jahren keinen Sprung in der San-Andreas-Spalte mehr gab, ist davon auszugehen, dass die Platten verhakt sind – ein enormer Druck baut sich auf. Sollte sich dieser entladen, kommt es zu einem schweren Beben.
5. Osaka-Kobe (Japan): Katastrophenübungen für den Ernstfall

Dass Japan eines der Länder ist, das am stärksten durch Erdbeben gefährdet ist, ist spätestens seit der Tsunami-Katastrophe um Fukushima bekannt. Kaum verwunderlich, dass neben dem Ballungsgebiet Tokio-Yokohama nun auch eine weitere Metropolregion im Ranking auftaucht. Allein in Osaka-Kobe ist potenziell eine ähnliche Anzahl an Menschen (circa 15 Millionen) durch Erdbeben gefährdet wie in Los Angeles.
Mittels Übungen wird innerhalb des Landes jährlich der Katastrophenfall geübt. Nicht ohne Grund, schließlich befindet sich Japan am sogenannten Pazifischen Feuerring, wo mehrere tektonische Platten aufeinanderstoßen. In diesem Gebiet kommt es häufig nicht nur zu Erdbeben, sondern auch zu Vulkanausbrüchen.
6. Teheran (Iran): Todesfalle wegen mangelhafter Bausubstanz und Planung

Die Gefahr von Abertausenden Todesopfern durch schwere Erdbeben schwebt auch über der iranischen Hauptstadt Teheran. Denn immer wieder kommt es zu Erdbeben in der Region, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen. Aus diesem Grund rangiert die Stadt im Ranking der durch Erdbeben gefährdeten Weltmetropolen relativ weit vorne.
Allerdings ist nicht allein die Lage das Problem für knapp 14 Millionen potenziell gefährdete Einwohner. Die mangelhafte Stadtplanung, der schlechte Zustand einer Vielzahl von Häusern sowie der Untergrund machen Teheran zu einer Todesfalle. Zudem ziehen sich Bruchlinien quer durch die Stadt, die sich durch jede weitere Erdkrustenbewegung vergrößern können.
7. Nagoya (Japan): Knapp neun Millionen Einwohner gefährdet
Kehren wir wieder zurück nach Japan. Die Hafenstadt Nagoya listet sich mit größerem Abstand hinter Teheran ein. Das Gefährdungspotenzial durch Erdbeben, das für die Bewohner dieser Stadt besteht, ist dennoch nicht zu unterschätzen. Über neun Millionen Einwohner gelten in der östlichen Metropolregion als potenziell gefährdet durch Erdbeben.
Aufgrund der tektonischen Lage Japans kann es auch in Nagoya regelmäßig zu schwereren Beben kommen.
8. Lima (Peru): Die Gefahr lauert in der Tiefe

Warum Perus Hauptstadt Lima in dieser Liste auftaucht, wurde im vergangenen Jahr deutlich. Ein Erdbeben der Stärke 5,6 hat weite Teile der Stadt zerstört – verletzt wurde allerdings niemand. Besonders bemerkenswert daran ist, dass das Epizentrum des Bebens lediglich 19 Kilometer nordöstlich von Lima entfernt lokalisiert wurde. Da der Ursprung des Bebens in 116 Kilometern Tiefe lag, schrammte die südamerikanische Metropole offenbar nur knapp an einer schlimmeren Katastrophe vorbei.
Auch Peru liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der sich entlang der Westküste des amerikanischen Kontinents erstreckt. An dieser Stelle stoßen gleich mehrere tektonische Platten aufeinander und lösen häufig Erdbeben aus. Mit circa neun Millionen EInwohnern ist damit die gesamte Provinz Lima gefährdet.
9. Taipeh (Taiwan): Wo heftige Naturgewalten wirken

An wenigen Orten der Welt wüten Naturgewalten so harsch wie in Taiwan. Allein in Taipeh erzittert fast täglich der Boden, weil sich im Südchinesischen Meer die Philippinische und Eurasische Kontinentalplatte übereinander schieben. Unter der Hauptstadt verläuft sogar die tektonische Bruchlinie. Dennoch leben knapp acht Millionen Menschen mit der ständigen Gefährdung durch Erdbeben in der Metropolregion Taipeh.
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10. Istanbul (Türkei): Das Erdbeben kommt. Nur wann?

Es wird kommen, wann ist aber noch ungewiss. Experten legen sich fest: Istanbul steht früher oder später vor einem schweren Erdbeben. Denn knapp 15 Kilometer von Istanbul entfernt, verläuft eine sogenannte geologische Störungszone. Dabei schiebt sich auf dem Grund des Marmarameeres die Anatolische Platte seitwärts entlang der Eurasischen Kontinentalplatte. Weil sich die Erdplatten bislang verkanten, steht die gesamte Metropolregion aktuell unter enormer Spannung.
Damit rückt das Epizentrum künftiger Beben immer näher an die Millionenstadt heran. Ähnlich wie in Teheran verschlimmern mangelhafte Bausubstanz und die Stadtplanung die Situation der 15,8-Millionen-Metropole. Vor allem der südwestliche Teil Istanbuls ist aufgrund seiner Bodenbeschaffenheit besonders gefährdet. Dort liegt auch der internationale Flughafen, der im Falle eines Erdbebens wohl kaum noch zum Einfliegen der Rettungskräfte dienen könnte.
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