Nicht ob, sondern wann es kommt
Seismologen prophezeien Naturkatastrophe: Istanbul steht vor schwerem Erdbeben
Immer wieder wurde die Türkei in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten von teils schweren Erdbeben heimgesucht. Istanbul blieb bislang allerdings weitestgehend verschont – obwohl die Stadt eigentlich als besonders gefährdet gilt. Experten kommen deshalb zu dem Schluss: Die Metropole steht früher oder später vor einem schweren Erdbeben.
Eine Stadt wartet auf die Katastrophe

Kurz nach drei Uhr bebte plötzlich die Erde. Ganze 45 Sekunden später existierten ganze Häuserblöcke in Istanbul plötzlich nicht mehr. Knapp 20 Jahre sind seit dem letzten schweren Erdbeben in der Metropole am Bosporus vergangen. Obwohl das Epizentrum im knapp 100 Kilometer entfernten Izmit lokalisiert wurde, zeigte sich die Zerstörungswelle auch in Istanbul.
Die Situation bleibt nach wie vor bedrohlich. Denn eines ist gewiss: Das Epizentrum künftiger Beben rückt immer näher an die Millionenstadt heran. Dass es zu einer Naturkatastrophe kommen wird, steht für Experten längst außer Frage. Wann es zu einem schweren Erdbeben kommen wird, lässt sich noch nicht genau sagen. Eine ganze Stadt wartet auf die Katastrophe.
Die Spannung steigt, die Unruhe wächst mit jedem Tag

Warum ausgerechnet die türkische Millionenmetropole besonders erdbebengefährdet ist, hat vor allem einen geologischen Hintergrund: Knapp 15 Kilometer von Istanbul entfernt, verläuft eine sogenannte geologische Störungszone. Dabei schiebt sich auf dem Grund des Marmarameeres die Anatolische Platte seitwärts entlang der Eurasischen Kontinentalplatte.
Jährlich kommt es deshalb zu einer Verschiebung von knapp 25 Millimetern. Das mag zuinächst nach keiner allzu starken Bewegung klingen – allerdings wirken bei diesem Prozess derart enorme Kräfte, sodass daraus ein heftiges Erdbeben resultieren kann. Die Frage lautet daher nicht, ob es zu einer solchen Katastrophe kommen wird, sondern viel eher wann. Weil sich die Erdplatten bislang (nur) verkanten, steht die Metropolregion derzeit unter enormer Spannung.
Nur eine Frage des Zeitpunkts, 1,6 Millionen Häuser nicht gesichert
Seit 1939 haben sich die Aktivitäten der Plattenverschiebung zunehmend Richtung Westen und damit mehr und mehr in die Nähe von Istanbul verlagert. Das letzte Beben in der Türkei war sogar nur noch 200 Kilometer entfernt. Schon jetzt prognostizieren Fachleute ein Beben mit einer Stärke von über 7,0. Das hätte verheerende Folgen für Istanbul. Zum Vergleich: Diese Erdbebenstärke verwüstete erst im Februar elf Regionen in der Südosttürkei.
Viele Einwohner sind seit dem Beben in der Osttürkei gewarnt und lassen die Substanz ihrer Wohnhäuser prüfen. Allein seit der zurückliegenden Naturkatastrophe sind nach Angaben der Stadt Istanbul mehr als 85.000 Kontrollen beantragt worden. Nicht ohne Grund: Nach Schätzungen sind bis zu 1,6 Millionen Häuser nicht für ein Beben der Stärke 7,0 gesichert. Mehr als 90.000 Gebäude seien nach Angaben des Bürgermeisters ohnehin nicht erdbebensicher, auch weil Bauvorschriften oft nicht eingehalten oder minderwertige Materialien verwendet wurden. Vor allem Gebäude, die vor 1999 gebaut wurden, bereiten der Stadt nun Sorgen. Sie machen einen erheblichen Großteil der Stadtbebauung aus.
Notfallplan vorhanden, Bewohner zweifeln dennoch

Das letzte Starkbeben in der Region rund um Istanbul lässt sich auf das Jahr 1999 zurückdatieren – allerdings wurde Istanbul lediglich von den Oberflächenwellen erreicht. In knapp 100 Kilometern Entfernung richtete das Izmit-Beben einen deutlich gravierenderen Schaden an – mehr als 18.000 Menschen starben, knapp 50.000 wurden verletzt. Staatliche Stellen berichteten 1999 von einem Erdbeben der Stärke 7,4. Zur Einordnung: Die freigesetzte Energie entspricht ungefähr 125 Hiroshima-Atombomben.
Selbst wenn in Istanbul „nur“ Häuser zerstört wurden, seither ist die Stadt in Alarmbereitschaft. Vorbereitet scheint die Stadt aber nur bedingt. Auch wenn Notfallpläne für den Fall eines Erdbebens bestehen sollen, wie die Tagesschau berichtet, plagen die Einwohner Zweifel an der Krisenfestigkeit. Immerhin hat die Verwaltung der Provinz Istanbul seit fast 18 Jahren eine Abteilung für Erdbebenvorsorge.
Weil aber insbesondere der Stadtkern sowie weitere Stadtteile sehr dicht bebaut sind, werden Rettungsmaßnahmen schwierig umzusetzen sein. Im Falle eines schweren Bebens könnten ganze Stadtgebiete unpassierbar sein. Dazu kommt, dass selbst die Schutzflächen gar gefährdet oder aber viel zu klein für die Vielzahl betroffener Einwohner wären.
Vorwarnzeit liegt bei drei Sekunden
Vorsichtsmaßnahmen können daher nur langfristig getroffen werden. Vor allem müssten für den Fall eines bevorstehenden Erdbebens ganze Bezirke baulich angepasst werden. Steigende Kosten für Baumaterialien und mehrjährige Umbauten scheinen für das wirtschaftlich gebeutelte Land aber nur schwer realisierbar.
Andere Optionen gibt es für die Bewohner Istanbuls aber kaum: Denn aus kurzfristiger Sicht lässt sich ein Erdbeben nur grob vorhersagen. Die Vorwarnzeit liegt gerade einmal bei drei Sekunden. Bleibt nur: Wegziehen oder hoffen.
Unsere Wettertrends und Themenseiten
Sollten Sie Interesse an weiteren Wetter-, Klima- und Wissenschaftsthemen haben, sind Sie bei wetter.de bestens aufgehoben. Besonders ans Herz legen können wir Ihnen auch den 7-Tage-Wettertrend mit der Wetterprognose für die kommende Woche. Dieser wird täglich aktualisiert. Falls Sie weiter in die Zukunft schauen möchten, ist der 42-Tage-Wettertrend eine Option. Dort schauen wir uns an, was auf uns in den kommenden Wochen zukommt.
Damit Sie auch unterwegs kein Wetter mehr verpassen, empfehlen wir unsere wetter.de-App für Apple- und Android-Geräte.
Extremwetter in Deutschland - Die Doku im Online Stream auf RTL+
Streaming-Tipp: Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?
(rdr)



