Wo lauern bei uns die Gefahren?
Erdbebengefahr in Deutschland: Vom Rheingraben bis ins Vogtland
Die jüngsten Erdbeben in der Türkei und Syrien haben die Welt erschüttert. Die Bergung von Opfern und die Suche nach Überlebenden läuft immer noch auf Hochtouren. Doch kann sowas auch in Deutschland passieren? Wir ordnen ein, wie es mit der Erdbebengefahr in Deutschland aussieht.
Oben im Video: Erdbeben verwüstet ganze Straßen in der Türkei
Erdbeben von Roermond bis nach London spürbar

13 April 1992: Ein starkes Rütteln reißt viele Menschen an der deutsch-holländischen Grenze aus dem Schlaf. Es bricht Panik aus. Mitten um 3:20 Uhr in der Nacht. Dachziegel lösen sich und fallen von Häusern. Ist der dritte Weltkrieg ausgebrochen? Entlang der Flüsse Maas und Rur entstehen lange Spalten und Erdrutsche.
Was die Bürger damals erlebten, war das wohl stärkste Erdbeben der jüngeren Zeit in Deutschland. Das Erdbeben von Roermond hat damals einen Schaden von über 150 Millionen Deutschen Mark angerichtet – 30 Menschen wurden verletzt. Selbst der Kölner Dom wurde beschädigt und in Berlin, Mailand und London war es noch zu spüren. Doch das ist alles kein Vergleich zu dem, was die Menschen in der Türkei und Syrien erlebt haben.
Erdbeben-Messung in Magnituden

Um ein Erdbeben einzuordnen, misst man es mit einem sogenannten Magnitudenwert – nicht zu verwechseln mit Magnitudo (mag), der die scheinbare Helligkeit von Himmelsobjekten angibt. Je nachdem wie viel Energie durch ein Erdbeben in Form von seismischen Wellen ausgesandt wird, gibt es eine Skala von Minus-Werten bei kleinsten noch messbaren Beben. Werte im hohen einstelligen Bereich sind als stärkere Erdbeben einzuordnen.
Generell ist es aber schwierig, eine konkrete Zahl festzulegen. „Das hängt damit zusammen, dass die Magnitude ein Maß für die Energiefreisetzung im Erdbebenherd ist. Ein Erdbeben der Magnitude 3, das in einer Tiefe von 3–4 Kilometern auftritt, wird an der Erdoberfläche durchaus gespürt, wohingegen das gleiche Beben in 10 Kilometern Tiefe womöglich unbemerkt bleibt”, so Professor Marco Bohnhoff vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ). Allerdings liefert es gute Vergleichswerte: Das aktuelle Erdbeben in der Türkei hatte eine Magnitude von 7,8 – Roermond lag gerade einmal bei bis zu 5,9. Damit kann das Beben in der Türkei mindestens hundert mal stärker klassifiziert werden.
Erdbeben in Deutschland

Natürliche Erdbeben kommen im Bereich der niederrheinischen Bucht, beim südwestlichen Landesteil des Rheingrabens, der Schwäbischen Alb, im südlichen Alpenvorland und im Vogtland vor. Das teilt uns Professor Dahm vom GFZ aus Potsdam mit. Viele Erdbeben in Deutschland waren auch schon vom Menschen induziert, also selbst verursacht. Das war zum Beispiel im Salzbergbau mit Magnituden von bis zu 5,6 und beim Kohlebergbau von bis zu 4 der Fall. Aber auch Gasförderung oder die Tiefengeothermie, also die denkbare Nutzung von Erdwärme, führten zu Beben.
Schäden entstehen also auch durch künstliche Erdbeben. Ein prominentes Beispiel kommt aus dem Ruhrgebiet: Die Bergsenkungen im Zusammenhang mit dem Bergbau – so sank das gesamte Ruhrgebiet um circa einen Meter ab. Bei Basel hat eine Geothermie-Bohrung ein lokales Erdbeben der Stärke 3,4 verursacht. Doch müssen wir uns jetzt fürchten?
Bewertung der Erdbebengefahr - Hilfe für Türkei und Syrien

Rund 90 Prozent der Erdbeben finden an tektonischen Plattengrenzen statt. Die verbleibenden 10% treten im Inneren einer Erdplatte auf. „Die natürliche Erdbebenaktivität in Deutschland ist insgesamt eher niedrig, weil wir an keiner aktiven Plattengrenze liegen“, stellt Professor Marco Bohnhoff vom GFZ klar. „Die Seismizität entlang des Rheingrabens steht im Zusammenhang mit einer ca. 40 Millionen Jahre alten tektonischen – mittlerweile eher inaktiven- Plattengrenze.”
Unterschätzen dürfen wir die Situation aber nicht. Gerade im Vogtland kommt es in letzter Zeit zu Schwarmbeben. In der Geophysik bezeichnet das Erdbebenserien in bestimmten Regionen der Erdkruste über einen gewissen Zeitraum. Der Aufstieg von Fluiden (Gase oder Flüssigkeiten) aus dem oberen Erdmantel könnte mit den Beben im Vogtland zusammenhängen. Gasaustrittsstellen, sogenannte Mofetten, können im Vogtland an der Erdoberfläche beobachtet werden.
Allerdings sollten wir froh sein, dass wir von dem schrecklichen Ausmaß in der Türkei und Syrien verschont bleiben. Dort haben die Beben die Zahl der Toten auf mehr als 40.000 steigen lassen. Überlebende werden immer noch in den Trümmern gesucht. Unter diesem Link können Sie die Erdbebenhilfe in der Türkei und Syrien unterstützen.
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(uhi)