Will es der Winter nochmals wissen?
Plötzlicher Temperatursprung lässt Polarwirbel kollabieren
In letzter Zeit hatten die Wettercomputer wiederholt schon ein sogenanntes Major Warming auf dem Schirm. Das kann eiskalte Folgen für unser Wetter in Deutschland haben. Wetter.de-Meteorologe Björn Alexander hat sich den Fragen dazu gestellt.
Oben im Video die Temperaturentwicklung für die nächsten zwei Wochen in Deutschland
15 Grad und Sonne - derzeit ist vom Winter kaum noch was übrig. Kann sich das noch ändern?
Björn Alexander: „Grundsätzlich kann es bis in den April hinein noch empfindlich kalt werden. Auch der Märzwinter hat seinen Namen natürlich nicht grundlos. Außerdem zeigen die Wettercomputer in der höheren Atmosphäre Trends zu einer plötzlichen Erwärmung. Ein sogenanntes sudden stratospheric warming (SSW), das auf eine Schwächung, vielleicht sogar auf einen Kollaps des Polarwirbels hindeutet.”
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Wie groß ist die Erwärmung?
„Normalerweise liegen die Temperaturen in den betroffenen Höhen von um die 25 Kilometer unter -60 Grad, springen dann spontan in Richtung Gefrierpunkt. Am Boden spüren wir davon zuerst einmal nichts. Doch in der Folge ist alles vorbereitet für eine Schwächung oder sogar eine Teilung des Polarwirbels, den sogenannten Polarwirbel-Split.”

Welche Folgen hat das für das Wetter in Deutschland?
„Das kann in unseren Breiten nachhaltige Kaltluftvorstöße zur Folge haben. Dementsprechend bleibt der Winter sicherlich noch in Lauerstellung. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Auswirkungen einer solchen Erwärmung bis hin zum Kollaps des Polarwirbels sich erst Wochen später zeigen können.”
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Gibt es Andeutungen bei den Wetterprognosen für einen Winternachschlag?

„Auf jeden Fall sind einige spätwinterliche Varianten in den längerfristigen Vorhersagen dabei. Wir sprechen hierbei aber tatsächlich über einen Zeitraum vom letzten Februardrittel bis weit in den März. So lassen beispielsweise einige Modellläufe des Europäischen Wettermodells und auch das Amerikanischen Modells die Kaltluft ziemlich nah und zum Teil auch voll bis nach Deutschland kommen – ein sattes Wintercomeback also. Das erhöht natürlich ebenfalls die Wahrscheinlichkeit für Schnee bis herunter ins Flachland.“
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Wie könnte das konkret aussehen?
„Je nach Prognose-Modell hat die experimentelle Langfrist beispielsweise nahezu für den gesamten März Nachtfrost in den Berechnungen. Und selbst die meist wärmeliebenden Trends des Amerikanischen Wetterdienstes NOAA im experimentellen Langfristbereich wollen im März 2023 aktuell nur einen Wärmeüberschuss von rund 0,5 Grad. Es ist somit eine spannende Phase und Weichstellung für eine Verlängerung des Winters oder das Durchstarten des Frühlings.”

Wetterwissen: Was ist der Polarwirbel?

Im Prinzip ist der Polarwirbel ein mächtiges Kaltluftpolster. Er entsteht auf der Nordhalbkugel normalerweise im Spätherbst und in den Wintermonaten. Dann sind die Temperaturunterschiede zwischen der Polregion und den südlichen Breiten besonders groß. Ist der Wirbel stark ausgeprägt, dann ist die Witterung bei uns in Deutschland oft durch westliche bis südwestliche und dementsprechend milde Winde bestimmt. Ist er hingegen instabil oder gestört, so werden Wintervorstöße aus Norden und Osten bei uns wesentlich wahrscheinlicher.

Polarwirbel-Split mit kaltem Ende: Märzwinter 2013 oder Februar 2021

Der Blick in die Wetterstatistik gibt einen guten Eindruck, was eine Teilung bedeuten kann. Klassisch war es beispielsweise im Jahr 2013. Auf einen recht normalen Winter folgte im Februar ein nachhaltiger Wintereinbruch, der einen deutlich zu kalten März brachte, der am Ende über 3 Grad zu kalt ausfiel und uns Schnee und Eis bis ins Frühjahr gebracht hat. Und auch der Februar 2021 begann mit einer Unregelmäßigkeit im Polarwirbel, so dass am Rande des Polarhochs extrem eisigen Winterluft auf Sibirien nach Deutschland gelangen konnte.
Motor des Winters - so sind die Computerprognosen
In der Vorhersage wird die Temperatur in einigen Kilometern Höhe dargestellt. Je gleichförmiger die blauen, also kalten Bereiche zusammenhängen, umso stärker ist der Polarwirbel. Werden hingegen große Lücken und mildere Einschübe in Richtung Nordpol berechnet, dann ist der Wirbel instabiler. Bei einem Polarwirbel-Split teilen sich die blauen Flächen in zwei Teile auf.
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(bal, osc)