Alles hat ein Ende…

Polarwirbel-Finale: Kommt der Kälteschock im Frühling?

von Paul Heger

Im Laufe des Jahres gibt es beim Wetter ein paar sehr spannende Phasen. Die nächste steht nun an: Der Polarwirbel bricht final zusammen. Kälte mit Frost und Schnee haben mitten Im Frühling nochmal Chancen. Ob auch diesmal der Winter noch einmal nach Deutschland zurückkehrt?
Im Video: Polarwirbel und Jetstream sind gekoppelt und können uns Stürme bringen

Großes Wetter-Theater zum finalen Polarwirbel-Akt

Jedes Frühjahr gibt der Polarwirbel sich der Sonne geschlagen und bricht zusammen. Was leicht theatralisch klingt ist zum einen recht spannendes Wettergeschehen und zum anderen für uns oft stark spürbar: Plötzlich gibt es mitten im Frühling einen Kaltlufteinbruch mit Frost, Graupelgewittern, teils sogar Schnee. Manchmal bringt das einen gesamten Frühlingsmonat zu Fall, sodass der März beispielsweise deutlich kälter ist als der Februar.

Was passiert da oben in der Stratosphäre? Der Polarwirbel lebt im Winter von der extremen Kälte am Pol. Der Temperaturunterschied zwischen Pol und den milden gemäßigten Breiten treibt enorm starke Winde an – ähnlich dem Jetstream, der unsere Tiefs über und hinweg treibt. Das Ganze passiert, weil im Winter am Pol die Sonne fehlt. Im Frühjahr kehr sie aber immer mehr zurück, erwärmt die Luft und den Untergrund und stört damit die Strömung des Polarwirbels. Irgendwann ist die Erwärmung so stark vorangeschritten, dass der Polarwirbel kollabiert – mal mit großem Wumms, mal schleichend. Erst im Herbst bildet er sich neu.

Der Polarwirbel und das Wetter in Deutschland

Der Polarwirbel: Stabil und kräftig hält er die Polarkälte im Norden gefangen. Schwächt er sich ab oder bringt zusammen, kann die Kälte weit nach Süden vorankommen.
Der Polarwirbel: Stabil und kräftig hält er die Polarkälte im Norden gefangen. Schwächt er sich ab oder bringt zusammen, kann die Kälte weit nach Süden vorankommen.

Jetzt könnte man meinen: „Lass den Wirbel wirbeln oder nicht – was hat das mit uns in Deutschland zu tun?“. Sehr, sehr viel! Das Starkwindband des Polarwirbels hält die extreme Kälte im Norden fest. Das funktioniert wie die Windbarriere am Kaufhaus-Eingang im Winter. Dieser unsichtbare Vorhang hält die Kälte draußen.

Bricht der Wirbel jetzt aber zusammen, kann die Kaltluft entweichen. Wie Zuckerguss auf einem Kuchen fließt sie nach unten, also in südlichere Gefilde. Beispielsweise zu uns nach Deutschland. Die Folge kann ein herber Temperaturrückgang mit Schnee und Frost sein. Selbst tagelanger Dauerfrost mit Schäden in der Natur sind dann regional nochmal möglich. Im April kann es zum berühmten Aprilwetter mit Schneeregenschauern und Graupelgewittern kommen, obwohl man vorher schon bei 20 Grad im Shirt im Café saß.

Kurz zurück zum Zuckerguss auf dem Kuchen. Was man nie so genau weiß: An welcher Stelle des Kuchens fließt der Zuckerguss am schnellsten und weitesten nach unten? Genauso ist es beim Wetter. Wenn der Polarwirbel seine Kälte frei gibt, ist nicht klar, wo sie gen Süden rutscht. Und da es beim Wetter immer Ausgleichbewegungen gibt, kann dieses Kippen des Temperaturgefüges andernorts sogar eine Erwägung zur Folge haben.

Polarwirbel aktuell: Prognosen sehen frühes „Final Warming“

Genug Appetit auf Kuchen: Was passiert denn nun beim Wetter? In den Karten deutet sich mit dem Start des März, also mit dem meteorologischen Frühlingsbeginn, genau dieser Kollaps an. Das wird in der englischen Fachwelt auch gern das „Final Warming“ genannt.

Schon ab dem 3. März, also nächste Woche Sonntag, scheint der Polarwirbel einen derart heftigen Erwärmungsimpuls zu bekommen, dass er in seine Einzelteile zerfällt und sich recht wahrscheinlich davon nicht mehr erholt. Das wäre ziemlich früh. Andere Modelle sehen den Zerfall in zwei Schüben, aber auch beginnend am Ende der nächsten Woche. Die Polarregionen erwärmen sich in großer Höhe schlagartig und um 20 bis 40 Grad, eventuell noch mehr.

Die angesammelte Winterluft macht sich dann ein letztes Mal – oder nach den anderen Modellen zwei letzte Male – auf dem Weg gen Süden und erzeugt Tiefdruckgebiete. Der Schwerpunkt wird wohl über dem östlichen Pazifik und über den USA liegen. Hier könnte es nochmal richtig eisig und schneereich werden. Über dem westlichen Atlantik und Grönland würde dagegen ein Hoch entstehen. Das ist gerade für das Winterende in El Nino-Jahren recht klassisch und wirkt sich auch auf uns in Europa aus.

Finaler Winter-Schlag für Europa?

wetter.de
Wetterlage im GFS-Modell für den 4. März: Die Kaltluft rutsch von Island bis Südwesteuropa und erzeugt Tiefdruckgebiete. Bei uns wäre es unter einem Hoch sonniger und in der Südwestströmung wärmer.

Für Europa betrachtet, scheint die kälteste Luft über Island in Richtung Atlantikküsten, also Westeuropa zu rutschen und dort wiederholt Tiefdruckgebiete zu bilden. Damit wäre es dort ziemlich nass und schmuddelig, im Bergland wäre Schnee drin. Weiter östlich davon könnte sich ein Hoch bilden und dazwischen milde Luft aus dem Südwesten zu uns strömen – genau bei uns in Deutschland.

Fraglich bleiben zwei Punkte: Wie weit schaffen es die Tiefausläufer in den Westen Deutschlands? Und wie stabil ist die Wetterlage dann? Kleine Anleger können schnell mal zum Mittelmeer rutschen. Nicht selten ziehen sie dann einmal um die Alpen herum direkt zu uns nach Deutschland. Ein paar Optionen sind also noch offen. Gleichzeitig sind das alles wenig winterliche Varianten.

Kommt der nass-milde oder sonnig-kühlere März?

Kurz zurück zur Anmerkung weiter oben: Wenn der Polarwirbel sein Ende findet, die Kälte nach Süden rutscht, gibt es auch irgendwo einen Ausgleich dafür. Das könnte genau bei uns in Mittel- und Osteuropa stattfinden. Nach dem Temperaturrekord im Februar könnte uns das einen milden März bringen. Wobei hier das mögliche Hoch noch eine entscheidende Rolle spielt.

Im Hoch gibt es weniger Wolken und damit deutlich kühlere Nächte, eventuell sogar wieder häufiger Frost. Das druckt die Durchschnittstemperatur deutlich. Gleichzeitig kann uns das tagsüber bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen wohl recht egal sein. Die Lage des Hochs ist allerdings dann wiederum das Zünglein an der Waage.

Spannende Option: Sonnen-Hoch mit Skandinavien-Frost

Europa könnte im März zweigeteilt sein. Einem sehr warmen Südosten steht nach der NOAA-Prognose ein deutlich kühlerer Nordwesten gegenüber.
Europa könnte im März zweigeteilt sein. Einem sehr warmen Südosten steht nach der NOAA-Prognose ein deutlich kühlerer Nordwesten gegenüber.

Rutscht das Hoch weiter nach Norden und bläht sich auf, könnte es doch nochmal ziemlich frisch werden. In Skandinavien ist es zwar längt nicht mehr so kalt wie in der ersten Winterhälfte, es liegen aber noch größere Schneemengen. Unter einem Hoch bringt das den strengen Frost zurück. Der kann je nach Lage des Hochkerns durchaus auch zu uns rutschen.

Das passiert aber nur, wenn die Tiefs über Westeuropa platz machen. In den experimentellen Langfristprognosen beispielsweise der NOAA gibt es für das Monatsmittel im März solche Tendenzen. Gleichzeitig wird der März bei uns zu mild und wieder deutlich zu nass berechnet. Damit scheint das Ende des Polarwirbels in diesem Jahr für uns eher ein Weiterso des aktuellen Wetters zu bedeuten.

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(phe)