Lebensgefährlicher Trend

Wird Riesenhagel in Zeiten des Klimawandels noch größer und häufiger?

von Paul Heger

Ein aktueller Fall schockt die Welt: Riesiger Hagel führte in Mexiko zu schlimmen Verletzungen. Hagel ist bei Extremwettern auch extrem gefährlich. Der Klimawandel scheint Hagel noch gefährlicher zu machen.
Im Video: So heftig wüteten Hagelunwetter 2023 in Europa!
Alle News rund um das Thema Klima und Klimakrise
Mit unseren „Klima Update“-Sendungen immer informiert sein

Schädel gespalten: So gefährlich ist der Riesen-Hagel!

Ein riesiges Hagelkorn führte bei einem 8-Jährigen Mädchen in Mexiko zu einer gebrochenen Schädeldecke.
Ein riesiges Hagelkorn führte bei einem 8-jährigen Mädchen in Mexiko zu einer gebrochenen Schädeldecke.

Am Freitag, dem 15. März 2024, ereignete sich in Mexiko in der Region Coahuila ein heftiges Hagelunwetter. Bei diesem Extremwetterereignis fielen faustgroße Hagelbälle vom Himmel. Mit großer Wucht durchschlugen sie beispielsweise Autoscheiben.

Wie gefährlich solche Hagelkörner auch für Menschen werden können, zeigte sich, als ein 8-jähriges Mädchen in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Diagnose: eine gespaltene Schädeldecke. Eine Not-OP rettete ihr das Leben. Die Familie sammelt nun Spenden für die Therapie des Mädchens.

Nicht nur in Mexiko und den USA: Rekord-Hagel in Europa und Deutschland

Riesenhagel: Rekord aus 2023 in Italien mit 19 cm. Dokumentiert von Marilena Tonin und Pavan Federico.
Riesenhagel: Rekord aus 2023 in Italien mit 19 Zentimetern. Dokumentiert von Marilena Tonin und Pavan Federico.

Solche Extremereignisse finden nicht nur in den Tropen oder in den für Extremwetter bekannten USA statt. Auch bei uns können Unwetter riesige Hagelbälle produzieren. Erst im letzten Sommer wurde in Italien ein neuer Europarekord aufgestellt: rund 19 Zentimeter groß! Das liegt nur knapp hinter dem Weltrekord mit gut 20 Zentimetern aus den USA im Jahr 2010 und ist bedeutend größer als der oben genannte Hagel in Mexiko.

Auch in Deutschland kann riesiger Hagel fallen. Im Süden ist die Gefahr besonders groß. Das Hagelunwetter von München im Jahr 1984 aber auch das Hagelunwetter von Benediktbeuren im letzten Jahr hinterließen große Schäden – zum Glück meist nur Sachschäden und keine Schwerverletzten.

Das größte in Deutschland offiziell gefundene Hagelkörn war im Durchmesser rund 14 cm groß und lag 2013 auf der Schwäbischen Alb. Auch dieser Hagel war wohl deutlich größer und hatte mehr Wucht als das des Unfalls in Mexiko. Wenn bei Unwettern vor der Gefahr von Leib und Leben gesprochen und geschrieben wird, sind genau solche ernstzunehmenden Risiken gemeint.

Wie entsteht Hagel überhaupt?

ARCHIV - 04.08.2023, Baden-Württemberg, Reutlingen: Einsatzkräfte der Feuerwehr räumen Hagel von einer Straße. Winterdienst-Einsatz mitten im Sommer: Ein lokal begrenztes Unwetter hat Straßen in der Innenstadt von Reutlingen mit einer hohen Hagel-Schicht überzogen. Foto: Schulz/SDMG/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Auch große Mengen kleiner Hagelkörner sorgten 2023 für große Probleme, wie hier im August in Reutlingen. Diese Form des Hagels ist allerdings weniger gefährlich.

Ein Hagelkorn entsteht, indem Wassertröpfchen durch die Aufwinde in Gewitterwolken in hohe Luftschichten gezogen wird. Dort gefriert es, wird schwerer oder gelangt in Abwinde und fällt wieder herab. Auf dem Weg sammelt es neue Wassertröpfchen ein, gerät erneut in einen Aufwindbereich und die Wasserschicht um den ursprünglichen Kern gefriert.

Schicht um Schicht friert um den ursprünglichen Kern, und aus dem Hagelkörnchen kann bei ausreichend heftigen Aufwinden ein regelrechter Eisball werden, deren einzelne Eisschichten manchmal wie Baumringe zu erkennen sind. Teilweise frieren die Körner auch mit anderen zusammen und zackige Strukturen entstehen.

Klimawandel produziert größeren Hagel

klimawandel grad
Der Klimawandel wird extremer, mit jedem Zehntel Grad.

Wie sollte es anders sein, spielt der Klimawandel auch bei diesem Extremwetterereignis eine Rolle. Die Gewitter werden heftiger. Und tatsächlich sind auch größere Niederschlagsmengen und höhere Geschwindigkeiten in den Aufwindkanälen möglich. Die Energie dafür bringen die höhere Temperatur in der Atmosphäre und die größere Luftfeuchtgeit. Und dann gilt ein einfaches Gesetz: Je heftiger die Aufwinde, desto schwere und größer können Hagelbälle sein.

Ohne Gewitter aber kein Hagel, ohne Unwetter kein Riesenhagel. Die Gretchenfrage ist nun: Wird es mit dem Klimawandel häufiger Wetterlagen geben, bei denen wir heftige Gewitter bekommen? Generell wird die Atmosphäre instabiler, wie auch der Direktor des Europäischen Unwetterdienstes (ESSL) Pieter Groenemeijer in einem Interview mit einem österreichischem Medienhaus bestätigt.

Nimmt die Häufigkeit von Hagelunwettern mit dem Klimawandel zu?

Das Potential ist da, es muss aber auch zur Entladung kommen. Nur wie oft ist noch nicht ganz klar und gleichzeitig von der Region abhängig. Berge erzeugen bei ruhigen Wetterlagen ihr eigenes Wetter. In den Alpen und in deren Umfeld sieht man bereits, dass es mehr Unwetter gibt. Die Berge produzieren ihre eigenen Gewitter und können das höhere Potential der Atmosphäre abschöpfen.

Diesen Effekt sieht man im Süden Österreichs und im Norden Italiens am deutlichsten. Besonders die von Bergen umringte Po-Ebene ist der Hagel-Hotspot schlechthin. Dass hier der neue Europarekord aufgestellt wurde, ist also nur logisch. Gleiches gilt für die größten Hagelkörner Deutschlands, welche im Umfeld von Schwarzwald, Schwäbischer Alb und den Alpen registriert wurden.

Abseits der Alpen ist noch kein klarer Trend erkennbar. Klar ist jedoch: Wenn die Wetterlage stimmt und es kracht, dann kann es in Zukunft noch heftiger zur Sache gehen. Nicht zuletzt spielt auch der Wind eine große Rolle. Je stärker die Fallböen, sogenannte Downbursts, desto schneller werden die Hagelkörner durch die Luft geschleudert. Das Schadenspotential ist also nicht nur von der Größe der Eis-Geschosse abhängig.

Unsere Wettertrends und Themenseiten

Solltet Ihr Interesse an weiteren Wetter-, Klima- und Wissenschaftsthemen haben, seid Ihr bei wetter.de bestens aufgehoben. Besonders ans Herz legen können wir Euch auch den 7-Tage-Wettertrend mit der Wetterprognose für die kommende Woche. Dieser wird täglich aktualisiert. Falls Ihr weiter in die Zukunft schauen möchtet, ist der 42-Tage-Wettertrend eine Option. Dort schauen wir uns an, was auf uns in den kommenden Wochen zukommt. Vielleicht interessiert Euch eher wie sich das Klima in den vergangenen Monaten verhalten hat und wie die Prognose für das restliche Jahr aussieht. Dafür haben wir unseren Klimatrend für Deutschland.

Damit Ihr auch unterwegs kein Wetter mehr verpasst, empfehlen wir unsere wetter.de-App für Apple- und Android-Geräte.

Klima-Rekorde - Ist Deutschland noch zu retten? Die Doku im Online Stream auf RTL+

(phe)