"Die Klima-Zeitbombe tickt - IPCC-Bericht ist ein Überlebensleitfaden"

IPCC: 6. Bericht des Weltklimarats: Müssen uns auf eine Welt jenseits der 1,5 Grad einstellen

von Oliver Hantke und Oliver Scheel

Überflutungen, Dürren, Gletscherschmelze und sterbende Korallenriffe - die Aufzählung könnte noch lange weitergehen. Unser Klima ist in der Krise. Und damit auch alle Lebewesen auf diesem Planeten. Acht Jahre lang haben Hunderte Klimaforscher an den aktuellen Berichten des Weltklimarats IPCC gearbeitet. Der 6. Bericht wurde nun veröffentlicht. Mit bedrückenden Ergebnissen.

Oben im Video: Der Weltklimarat IPCC - wer ist das und was machen die eigentlich?

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Wir befinden uns auf einem selbstzerstörerischen Pfad

„The world is not enough“ ist der Name eines James-Bond-Films. Aber es ist eher so, dass wir Menschen nicht genug für den Planeten tun. Wasserversorgung, fruchtbares Land und Ernährung, Artenvielfalt und gesunde Luft zum Atmen – es steht alles auf der Kippe. Die Menschheit befindet sich weiterhin fernab des 1,5-Grad-Ziels auf einem selbstzerstörerischen Pfad. Ohne drastische und sofortige Emissionssenkungen müssen wir uns auf immer mehr verheerende Extremwetterereignisse einstellen, als es ohnehin schon gibt, und auf immense Schadenssummen.

Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlbefinden und die Gesundheit des Planeten“, heißt es in dem in Interlaken präsentierten Bericht. Die Erwärmung liegt bereits bei rund 1,1 Grad. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung, bis zu 3,6 Milliarden Menschen, leben demnach in Regionen, die besonders starke Folgen des Klimawandels erleben dürften. Erstmals gibt der Weltklimarat auch eine Vorgabe für 2035: minus 65 Prozent gegenüber 2019. „Das Tempo und der Umfang der bisherigen Maßnahmen sowie die derzeitigen Pläne sind unzureichend, um den Klimawandel zu bekämpfen“, fasst er zusammen. „Die Klima-Zeitbombe tickt. Aber der heutige IPCC-Bericht ist ein Leitfaden zur Entschärfung der Klima-Zeitbombe. Er ist ein Überlebensleitfaden für die Menschheit“, meinte UN-Generalsekretär Antonio Guterres.

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„Wieder einmal macht der IPCC auf Grundlage der Erkenntnisse von tausenden Wissenschaftler*innen weltweit deutlich, dass sich die Menschheit auf einem zerstörerischen Entwicklungspfad befindet. Die Klimakrise macht arm. Sie macht hungrig. Sie macht krank. Und sie ist in vielen Fällen auch tödlich“, sagte Misereor-Klimaexpertin Anika Schroeder.

Aktuelles Beispiel ist der Zyklon FREDDY, der gerade Tod und Zerstörung im südöstlichen Afrika bringt und als der am längsten wütende Sturm der jüngeren Geschichte gilt. „Es passiert definitiv zu wenig. In der globalen Klimapolitik wird mehr versprochen als geliefert wird“, so der an der Studie beteiligte Mit-Autor Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

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„Der sechste Synthesereport des IPCC verdeutlicht, dass wir die 1,5-Grad-Grenze noch einhalten können, wenn wir jetzt rasch handeln und Treibhausgasemissionen dauerhaft in allen Sektoren verringern. Der Report zeigt, dass in bestimmten Weltregionen gerade eine Entkoppelung von CO2-Emissionen und Wirtschaftswachstum einsetzt, dass also eine hohe Lebensqualität auch mit geringen Emissionen erreichbar ist“, kommentiert der Klima-Ökonom Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung PIK.

„Wir müssen anfangen, uns ernsthaft mit der Welt jenseits von 1,5 Grad Temperaturanstieg zu beschäftigen, weil wir auf diese zusteuern. Jedes Zehntel Grad wird wichtig sein, auf welchem Niveau auch immer. Wir müssen es erst mal schaffen, den Temperaturanstieg zu stoppen, das System zu stabilisieren, zumindest was den Temperaturanstieg angeht. Und das bedeutet, dass wir auf Netto-Null-Emissionen müssen“, so Geden.

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IPCC: Das sind die wichtigsten Punkte des 6. Bericht des Weltklimarats

In seinem Auftrag tragen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen weltweit den aktuellen Stand der Forschung zum Klimawandel zusammen und bewerten ihn anhand anerkannter Veröffentlichungen. Der IPCC bietet Grundlagen für wissenschaftsbasierte Entscheidungen, ohne jedoch konkrete Lösungswege vorzuschlagen oder politische Handlungsempfehlungen zu geben.

Wo stehen wir:

  • Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad ist prinzipiell noch möglich
  • Wir steuern derzeit aber auf etwa 3 Grad Erwärmung zu
  • Bei nur 2 Grad Erwärmung müssten beispielsweise 20 Millionen Menschen auf den Philippinen wegen des steigenden Meeresspiegel ihre Heimat verlassen
  • Jedes Zehntelgrad verstärkt Migrationsbewegungen – auch und gerade nach Europa
  • Jedes Zehntelgrad vermiedene Erwärmung stärkt den Handlungsspielraum der Menschheit
  • Je wärmer es wird, umso wahrscheinlicher ist das Eintreten von Kipppunkten: Dann kann das Thermometer vielleicht nie wieder runtergedreht werden
  • Es ist bisher leider unklar, ob technische Lösung wie die CO2-Abscheidung und -Speicherung jemals gelingen werden. Sie müssen aber für eine 1,5-Grad-Welt gelingen
  • Wir brauchen also die Entnahme von CO2 und eine starke Reduzierung, um unsere Klimaschutzziele noch erreichen zu können
  • Deswegen ist ein schneller Ausstieg aus den fossilen Energien absolut notwendig
  • UND: Klimaschutz sichert unseren Wohlstand. Ohne Klimaschutz verlieren wir unsere Lebensgrundlage

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(oha, osc)