Extrem langlebiger Zyklon
Was hat Tropensturm FREDDY angetrieben?
von Björn Alexander und Karim Belbachir

Mehr als 300 Menschen haben durch den Sturm ihr Leben verloren. Was als tödliche Irrfahrt durch den Südosten Afrikas Mitte März endete, begann schon Anfang Februar. Die Chronologie eines Monstersturms.
Anfang Februar 2023 - Geburt eines meteorologischen Ungetüms

Ausgehend von einer tropischen Störung wurde aus einem Gewitterkomplex ab dem 3. Februar der eigentliche Sturm, der schlussendlich am 6. Februar entstanden ist. Danach begann eine Reise über den gesamten Indischen Ozean und eine todbringende Odyssee im Südosten Afrikas, die erst am 14. März endete. Gleichzeitig ist FREDDY der energiereichste Tropensturm aller Zeiten. Insgesamt hat er mehr Energie freigesetzt als eine durchschnittliche Atlantische Hurrikan-Saison.
Rapid-Intensification-Prozess sechsmal durchlaufen
In Summe hat der Sturm um die 13.000 Kilometer zurückgelegt – das entspricht der Größenordnung von Rekordstürmen über anderen Weltmeeren wie JOHN über dem Ostpazifik im Jahr 1994 mit knapp 13.200 Kilometern oder FAITH über dem Atlantik mit 12.700 Kilometern (1966). Damit ist FREDDY einer von fünf Stürmen, die es auf eine Zugbahn von über 10.000 Kilometern gebracht haben!
Hierbei intensivierte sich FREDDY wiederholt besonders stark. Sechsmal mit einer Verstärkung von mindestens 55 km/h binnen 24 Stunden – der sogenannte Rapid-Intensification-Prozess. Wobei die Langlebigkeit und die Wegstrecke mit Hinblick auf Rekorde in der Bewertung noch diskutiert werden.
Thema Langlebigkeit auf dem Prüfstand

Obgleich FREDDY in seinen stärksten Phasen Windgeschwindigkeiten von 200 bis um die 260 km/h erreicht hat, so gab es auch Abschnitte, in denen er sich stark abgeschwächt hat. Das gilt insbesondere nach der Überquerung Madagaskars ab dem 22. Februar. Danach konnte er um den 8. März herum zwar auch nochmal mittlere Winde um Tempo 185 erreichen. Meist blieb er allerdings unterhalb der Tropensturm-Grenze, die bei 119 km/h liegt. Extrem gefährlich und lebensbedrohlich waren die Auswirkungen dennoch. Und das lag an den Wassermassen beziehungsweise den enormen Regenmengen.
Unfassbare Wassermassen
Wie viel Regen tatsächlich niederging, ist aufgrund der geringen Messnetzdichte in den betroffenen Regionen schwer zu sagen. Doch es gibt Anhaltspunkte. Unter anderem zwischenzeitliche Meldungen von über 400 Liter je Quadratmeter binnen weniger Stunden. Gleichzeitig wissen wir von anderen, zum Teil vergleichbaren Stürmen wie Hurrikan HARVEY aus dem Jahr 2017, dass diese durchaus über 1.200 Liter pro Quadratmeter bringen können.
Und auch die Prognosen für die Landgänge von FREDDY hatten teilweise deutlich über 1000 Liter im Rennen. Unterm Strich ist somit davon auszugehen ist, dass es in Spitzen sehr wahrscheinlich um die 1.000 bis 1.500 Liter je Quadratmeter waren. Das entspricht etwa dem doppelten Jahresniederschlag von Berlin oder sogar etwas darüber. Mit den entsprechenden, teilweise katastrophalen Folgen.
Lese-Tipp: Wirbelstürme dürfen nicht mehr HARVEY, IRMA, MARIA oder NATE heißen
Wie konnte FREDDY überhaupt so eine Strecke zurücklegen?
Nach seiner Geburt in den Seeregionen zwischen Indonesien und Australien führte ihn die wettersteuernde Strömung relativ rasch gen Westen auf den offenen Indik. Hier zog FREDDY unter deutlicher Verstärkung und am Rande einer starken Hochdruckzelle, die Richtung Süden angrenzte, stramm auf Madagaskar zu.
Hierbei erreichten die heftigsten Winde des Sturms ihren Höhepunkt bei der Überquerung des Indischen Ozeans über offenem Wasser. Und zwar einmal um den 15./16. Februar und dann am 19. Februar mit mittleren Winden von über 200 km/h. Das entspricht Kategorie 4 bis 5 der Hurrikan-Skala, also der zweithöchsten bis höchsten Stufe!
Wissen: Saffir-Simpson-Skala – diese Skala verwendet die Windgeschwindigkeit zur Einordnung von Stürmen
FREDDY trifft mit Wucht auf Madagaskar
Bei seinem Landfall waren es immer noch um die 180 km/h, bevor er sich über der Landfläche zunächst einmal zu einem Tropensturm abschwächte. Anschließend schöpfte er über der offenen Wasserfläche zwischen Madagaskar und Afrika erneut an Kraft und begann seine Irrfahrt, die auf relativ engem Raum vom 22. Februar bis zu 14. März andauern sollte.
Todbringende Odyssee im Südosten Afrikas

Nachdem der Sturm am 24. Februar auf die Küste Mosambiks traf, machte er über Land eine gut eine Woche andauernde Kehrtwende und driftete am 1. März erneut über das offene und Energie liefernde Wasser, so dass er sich abermals verstärken konnte.
Nach der nächsten 180-Grad-Wende vor der Küste Westküste Madagaskars brachte es FREDDY auf mittlere Winde von 185 km/h. Das entspricht Windspitzen von deutlich über Tempo 200 – vergleichbar mit einem Major-Hurrikan der Kategorie 3. Damit bewegte sich wieder in westliche bis nordwestliche Richtung, so dass er am 11. März ein weiteres Mal auf die Küste Mosambiks traf. Diesmal weiter nördlich mit Zugrichtung nach Malawi, wo der Sturm innerhalb der nachfolgenden immer schwächer wurde. Was aber natürlich blieb, waren die extremen Wassermassen mit entsprechend schweren und schlimmen Folgen.
Warum konnte der Sturm dort so lange wüsten?
Vor allem, weil die Dynamik in der Strömung fehlte. Ohne entsprechende Höhenströmung kommen solche Komplexe kaum von der Stelle oder werden sogar rückläufig. Angetrieben wird ein solches Eigenleben maßgeblich durch die tropisch warmen Gewässer, die Kraft und Energie geben.
Wetterwissen: Zyklon, Hurrikan, Taifun, Tropensturm - was ist der Unterschied?
Tropensturm ist der Oberbegriff, der Stürme mit tropischen Eigenschaften und einer mittleren Windgeschwindigkeit von mindestens 119 km/h kennzeichnet und die vielfach auch als Zyklone bezeichnet werden. Hurrikan, Taifun oder zum Beispiel Willy-Willy sind jeweils die Bezeichnungen, die die unterschiedlichen Regionen kennzeichnen. Hurrikane nennt man tropische Stürme über dem Atlantik und dem Nordpazifik. Taifune kennzeichnen den asiatischen Raum, Willy-Willy deutet auf Australien hin.
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(bal, kfb)