Über 200 Kilometer pro Stunde!

Wahnsinnig starke Orkan-Serie in Norwegen

von Paul Heger

Norwegen erlebt aktuell eine womöglich historische Sturmserie. Orkan Dagmar hat Skandinavien von Montag zu Dienstag mit voller Wucht und rekordverdächtigen Winden getroffen. Nun droht Orkan Ingunn von Mittwoch zu Donnerstag erneut rekordverdächtige Spitzenböen bis 200 Kilometer pro Stunde zu produzieren – in dichter besiedelten Regionen. Wir in Deutschland bekommen die Stürme abgewschächte ebenfalls zu spüren.
Im Video: So ziehen die Orkantiefs über Teile Europas hinweg

„So etwas kennt man dort eigentlich nicht!“

Spitzenböen vom 28. bis 30. Januar 2024 für Nordnorwegen. Bis 222 km/h sind an der Küste gemessen worden.
Bis 222 km/h! Die Spitzenböen des Sturms Dagmar erscheinen auf den ersten Blick wie ein Fehler.

Es sind äußerst raue Zeiten am Atlantik. Ein Orkan nach dem anderen hat die Gegenden von den Britischen Inseln und Island bis Skandinavien im Griff. Norwegen erlebt wohl eine historische Orkanserie. In der Nacht zum Montag traf Sturm Dagmar (int. Name) erst das Westland und arbeitete sich dann an der Küste entlang bis zum Nordkap. Dort entlud der Orkan seine beeindruckende Kraft.

Beim Blick auf die Windspitzen ist unser langjähriger wetter.de-Meteorologe Carlo Pfaff erstaunt: „So etwas kennt man dort eigentlich nicht!“. Bis zu 222 Kilometer pro Stunde wurden an der Nordwestküste registriert! Eine offizielle Bestätigung der Norwegischen Wetterbehörde steht aus. Diese Windspitzen sind absolut rekordverdächtig für Norwegen und die Atlantikküste. Ein genauerer Blick in die Wetterdaten unterstreicht die Plausibilität.

Neuer Extrem-Orkan kommt bereits!

Berechnungen des Europäischen Wettermodells zeigen extreme Orkanböen für die Nacht zum 1. Februar für West- und Mittel-Norwegen.
Berechnungen des Europäischen Wettermodells zeigen extreme Orkanböen für die Nacht zum 1. Februar für West- und Mittel-Norwegen.

Der zweite Orkan rauscht bereits über dem Atlantik heran. Bei uns heißt das Tief Magrit. In Norwegen bekommen nur Unwettertiefs einen Namen - diesmal Ingunn. Das Sturmtief trifft mit seinem Zentrum eine stärker besiedelte Region. Diesmal sind das nördliche Vestland, besonders nördlichste der Bezirk Sogn og Fjordane, sowie die nördlich angrenzende Regionen Trøndelag und Nordland bis Lofoten betroffen. Der äußerste Norden kommt glimpflicher davon.

Ein Küstenabschnitt von knapp 1000 Kilometer muss sich auf Orkanböen jenseits 150 Kilometer pro Stunde einstellen. Örtlich sind erneut Böen über 200 Kilometer pro Stunde drin. An den Steilküsten kann der Wind ähnlich wie im Hochgebirge kanalisiert und stark beschleunigt werden. Ähnliches gilt für manche Täler, in denen Fallwinde enorme Geschwindigkeiten bekommen können.

Zur Einordnung: Die berechneten Mittelwinde erinnern an einen Hurrikan der Kategorie 2 bis 3 von 5 möglichen – ähnlich wie beim Orkan in der Bretagne im Herbst. Die Intensität des Sturms könnte man in Deutschland vielleicht mit dem Orkan Lothar vergleichen – ein Jahrhundertsturm. Das Norwegische Staatsfernsehen vergleicht Ingunn mit dem bei uns weniger bekannten Neujahrsorkan 1992. Damals wurden über 180 Kilometer pro Stunde in der Stadt Ålesund gemessen.

Lebensgefahr und große Schäden

HANDOUT - 29.01.2024, Norwegen, Tromsø: Dieses vomr Tromsø Feuerwehr und Rettungsdienst via NTB zur Verfügung gestellte Foto zeigt die Folgen des Sturmes, der Teile des Daches eines Gebäudes weggeblasen hat. Ein heftiger Sturm hat am Montag im Norden Norwegens zu zahlreichen Problemen geführt. Foto: ---/Tromsø Brann Og Redning/NTB/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Komplett zerstört: Selbst im sturmerprobten Norwegen sind die Schäden nach Orkan Dagmar teils heftig. Ähnliche Bilder drohen bei Sturm Ingunn.

Orkan Dagmar hatte deutliche Folgen: Es wurden nicht nur Dächer abgedeckt, teils wurden auch ganze Häuser zerstört, Boote umher gewirbelt, Stromtrassen zerstört. Die hier besonders verbreiteten Stromheizungen fielen aus. Durch Sturm, Tauwetter und kräftige Niederschläge sind zudem Lawinen abgegangen. Wichtige Straßen wie die berühmte Küsten-Europastraße wurde örtlich verschüttet. Ausweichrouten gibt es oft kaum. Der eher robuste norwegische Zugverkehr musste kapitulieren, der Flugverkehr war ebenso eingestellt. Dadurch waren einige Gegenden von der Außenwelt abgeschnitten.

Ähnliches droht nun wieder. Entsprechende Vorkehrungen wurden bereits eingeleitet. Vorsorglich werden Schulen und andere Einrichtungen geschlossen. Da Sturm Ingunn in etwas dichter besiedelten Regionen wütet, dürften die Schäden größer ausfallen. Außerhalb der Wohnung besteht bei derart hohen Windgeschwindigkeiten Lebensgefahr. In den Fjorden kommt es außerdem zu Sturmfluten, die in Norwegen nur bei heftigen Stürmen größer ausfallen. Traditionelle Bootshäuser stehen deshalb meist nur recht lose auf Steinfundamenten. Sie werden bei sehr hohen Wasserständen weggespült und zerstört.

Blaues Auge für Deutschland

Die Frage, die hierzulande natürlich aufkommt: „Kommt das Ganze auch zu uns?“. Zum Glück kommen wir mit einem blauen Auge davon. Die aktuellen Orkane merken wir in abgeschwächter Form. Von Nordwesten wird es am Mittwoch windiger, einzelne Sturmböen gibt es an den Küsten. Die Tiefs bringen uns aber zunehmend durchwachsenes und weiterhin mildes Wetter.

Der Blick in die weitere Zukunft zeigt, dass die Stürme danach eventuell eine südlichere Zugbahn nehmen könnten. Am Wochenende wird es in weiten teilen Deutschlands windiger, besonders am Sonntag. Die neue Woche könnte mit einem Sturm in Deutschland beginnen. Aber auch dann kommen wir recht wahrscheinlich mit einem blauen Auge davon. Derzeit ist kein so heftiger Orkan in Sicht.

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(phe)