Heißes Mittelmeer wirkt auch bis zu uns

Riesiger Energiespeicher mit weitreichenden Folgen

von Laura Kranich

Der Süden Europas kommt nicht zur Ruhe – Grund sind die sehr hohen Wassertemperaturen und zeitweiligen Kaltlufteinbrüche. Doch das Mittelmeer schickt seine explosiven Wetter-Grüße zum Teil bis weit nach Norden.

Mittelmeer schickt Wassermassen in den Norden

09.08.2023, Norwegen, Honefoss: Der Fluss Storelva überschwemmt das Hoenefoss Center. Die extremwetterbedingten Überschwemmungen im Süden von Norwegen haben zu zahlreichen Erdrutschen und zur Evakuierung von Hunderten Menschen geführt. Foto: Annika Byrde/NTB Scanpix/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Unwetterfolgen in Norwegen Anfang August

Anfang August bildete sich Unwettertief Zacharias über der Adria, bescherte vor allem Slowenien und dem Bundesland Kärnten rekordmäßige Überschwemmungen und zog anschließend noch weiter. Über Mitteleuropa bis nach Skandinavien, wo es vor allem Norwegen und Schweden flutete. Die Reparaturen der massiven Schäden werden laut dem norwegischen meteorologischen Institut auch in Norwegen noch sehr lange dauern.

Es folgte nur wenige Wochen später Unwettertief Erwin, das vor allem im Tessin gigantische Regenmengen niedergehen ließ, aber auch nördlich der Alpen für Hochwasser sorgte.

Erneut Extremregen im Mittelmeerraum – Deutschland bekommt eine Verschnaufpause

Derweil hat sich eine Omega-Wetterlage mit heftigen Überschwemmungen in Spanien und dem extrem niederschlagsreichen Tief Daniel in Griechenland gebildet, das stellenweise schon am Dienstag in nur wenigen Stunden hunderte Liter Regen auf den Quadratmeter fallen ließ. Und das ist wohl noch längst nicht alles. Zur Abwechslung kommen uns in Deutschland die beiden verantwortlichen Tiefs aber einmal nicht in die Quere. Denn das kräftige Hoch über Deutschland blockiert ihnen den Weg zu uns. Doch das wird mittelfristig nicht unbedingt so bleiben.

Extrem warmes Mittelmeer verdunstet sehr viel Wasser

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Rekordhohe Wassertemperaturen Ende Juli im Mittelmeer

Geschuldet ist das alles zu einem großen Teil dem in diesem Jahr extrem warmen Mittelmeer mit zum Teil höheren Temperaturen als je zuvor beobachtet. Das wiederum liegt an den langen, oft völlig wolkenfreien Hochdrucklagen in der Mittelmeerregion, angestoßen von sehr heißer Luft aus der Sahara, die nicht nur sehr hohe Temperaturen an Land mit sich bringen, sondern wegen des vielen ungestörten Sonnenscheins auch das Mittelmeer stark aufheizen.

Kaltlufteinbrüche setzen geballte Energie frei

Werden die Hitzewellen dann von gelegentlichen Kaltlufteinbrüchen aus Norden unterbrochen, wird die im Meer gespeicherte Energie abrupt freigesetzt. Dadurch können sich neue und heftige Unwettertiefs bilden, die mitsamt der in ihnen enthaltenen Feuchte bei entsprechender Ausrichtung des Jetstreams bis weit nach Norden geführt werden können. Im Extremfall können aus solchen Kaltlufteinbrüchen sogar sogenannte Medicanes entstehen, im Prinzip Hurrikane über dem Mittelmeer.

Wie bildet sich ein Medicane?

Ansatz eines Medicane über dem Mittelmeer
Das Tief kringelte sich am 23.11.2020 förmlich über dem westlichen Mittelmeer ein - so kann sich ein Medicane bilden

Medicanes beziehen ihre Energie fast ausschließlich aus dem warmen Meerwasser und können vor allem an den Küsten für große Schäden durch starken Wind, Sturmfluten, extreme Niederschläge und auch eingebettete Tornados sorgen. Das Unwettertief Daniel, das vor allem Griechenland heftig getroffen hat, erfüllt noch nicht ganz die Kriterien für einen solchen Medicane.

Hier ist es vor allem der große Temperaturunterschied zwischen dem Meer und höheren Luftschichten, der enorme Energie- und Wassermengen freisetzt. Im Lauf der nächsten Tage entwickelt sich das System aber immerhin zu einem subtropischen Tief, das eine Art Zwischenzustand zwischen einem außertropischen Tief und einem tropischen Wirbelsturm darstellt und es besteht durchaus noch das Potenzial, dass es sich vor der Libyschen Küste zu einem ausgewachsenen Medicane entwickelt.

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(ukr)