Wir stehen vor „existentieller Bedrohung“
Rekorde in 2024 unterstreichen neue EUA-Studie: Europa heizt sich am schnellsten auf!
Während sich viele über den frühzeitigen Frühling und eingesparte Heizenergie freuen, blicken Wetter- und Klimaexperten mit Entsetzen auf die Temperaturen. Europa erwärmt sich schneller als alle anderen Kontinente. In diesem Jahr erreicht der rasante Klimawandel neue Sphären.
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Klimakrise trifft Europa doppelt so heftig

So ziemlich alle haben sich wohl daran gewöhnt, dass neue Rekorde aufgestellt werden. Seit dem letzten Jahr beobachten wir eine neue Qualität der Rekorde. Es ist nicht weniger als eine Zäsur in der von uns Menschen beobachteten Klimageschichte, die – rein wissenschaftlich betrachtet – viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt.
Dabei sind wir in Europa einer der Hotspots der Klimakrise. Laut der Europäischen Umweltagentur EUA erwärmt sich Europa so rasant wie kein anderer Kontinent – seit den 1980er Jahren doppelt so schnell wie der globale Schnitt. Die Folgen und den dringenden Handlungsbedarf hat die EUA in dieser Woche im European Climate Risk Assessment Report in drastischen Worten beschrieben: Europa stehe von einer „existentiellen Bedrohung“.
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Klima-Tsunami erstmals in den Daten sichtbar

Die Wucht der noch immer oft unterschätzten Klimakrise wird in Karikaturen häufig mit einer Tsunamiwelle beschrieben. Nachdem die Temperaturkurven im letzten Jahr zu Land und zu Wasser regelrechte Ikarus-Kurven waren, wissen wir, wie dieser Tsunami in den Daten wohl aussieht. Auch in diesem Jahr sind die Aufzeichnungen der Temperaturen weit entfernt von allem, was jemals gemessen wurde. Auch über den Temperaturen aus 2023 und ganz besonders bei uns in Europa.
Der Januar 2024 war in Deutschland trotz des Wintereinbruchs mit beispielsweise ungewöhnlich viel Schnee bis ins Rhein deutlich zu mild. Nur im Norden und Nordosten Europas war es sogar kühler als normal – eine kleine Kaltluftinsel in einem Wärmemeer, verdammt zum Schmelzen.
2024 setzt schon jetzt neue Maßstäbe

Der Februar 2024 setzte dann neue Maßstäbe. Nicht selten waren die neu aufgestellten Rekorde so hoch, dass sie selbst im März ganz oben mitspielen würden. In Deutschland lag der neue Februar-Rekord nur 0,6 Grad unter dem März-Rekord. In weiten Teilen Ost- und Südosteuropas waren teils noch krassere Abweichungen zu beobachten. Wohlgemerkt, nach bereits erzielten Rekorden aus den Vormonaten.
Der März bleibt in diesem Fahrwasser. Demnächst erwarten weite Teile Europas neue Wärmespitzen mit den bisher höchsten Temperaturen des Jahres. Auch in Deutschland werden wir in den kommenden zwei Wochen mehrfach Spitzenwerten zwischen 15 und 20 Grad sowie milde Nächte erleben. Diese Beständigkeit der Wärme ist das Erstaunliche.
Auch in Südosteuropa könnten laut NOAA wieder Monatsrekorde fallen. Fraglich bleibt, wie etwaige Kaltlufteinbrüche im letzten Monatsdrittel die Statistik noch korrigieren könnten – dort und bei uns in Deutschland. So oder so sind die ersten drei Monate des Jahres zusammengenommen so warm wie womöglich noch nie. Dass es kaum noch Pausen zwischen den Rekorden gibt, sollte alle Alarmglocken ertönen lassen.
Wie kommt es zu den extremen Rekorden?
Auf der Suche nach dem Warum werden in der Klimaforschung mehrere Gründe genannt:
- Luftreinheit: Die Luft ist sauberer geworden und das ist gut so. Gleichzeitig gibt es damit aber weniger Reflektion der Sonnenstrahlung an Aerosolen in höheren Luftschichten – das sogenannte Dimmen. Die Sonnenstrahlung kann dadurch die tieferen Luftschichten stärker erwärmen. Wie groß dieser Effekt ist, ist noch nicht ganz klar.
- Geografische Lage: Da sich Land schneller erwärmt als Wasser, erwärmt sich auch die Luft über Kontinenten generell schneller als die Luft über Meeren. Die Arktis macht aufgrund des schwindenden Eises eine Ausnahme. Keine Region der Erde erhitzt sich so rasant. Luft aus Norden ist dadurch bei uns deutlich milder geworden.
- Rekord-warmer Atlantik: Das eben beschriebene gilt auch für die Luft, die uns vom Atlantik erreicht. Die höhere Verdunstung durch das wärmere Wasser führt gleichzeitig zu einer höheren Luftfeuchtigkeit. Feuchtere Luft kühlt sich nachts schlechter ab. Die Mitteltemperatur steigt deutlich, auch ohne neue Rekorde der Höchsttemperaturen. Bestes Beispiel ist der vergangene Februar – kaum Frost, kaum Scheibenkratzen.
- Wetterlagen: Auch hier sehen wir Veränderungen. Wetterlagen, die wärmere Luftmassen zu uns bringen, sind häufiger geworden. Welchen Effekt dabei der Klimawandel hat, ist allerdings noch nicht vollständig geklärt.
Wie vielseitig unsere Handlungsmöglichkeiten sind, thematisieren wir unter anderem in unseren Klima Updates bei RTL, n-tv und wetter.de
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(phe)