Die Folgen des Winters

Extrem nass und mild: Chancen und Risiken im Frühjahr und Sommer

von Paul Heger

Regen ohne Ende. Ist die Dürre in den tiefen Bodenschichten damit endlich vorbei? Können wir entspannt in Richtung Sommer schauen, Trockenheit und Waldbrandgefahr entspannt links liegen lassen? Und welche Folgen hat der extrem frühe Vegetationsbeginn? Schon im März könnte es heikel werden.
Im Video: Fünf skurrile Fakten zum Frühling

Bilanz Winter 2023/24: Drittwärmster und regional nassester Winter seit Messbeginn

Temperaturkurve für Deutschland für dieses Jahr im Vergleich zum alten und neuen Klimamittel: Bis auf die Kaltlufteinbrüche im Januar, die uns mal ein paar unterdurchschnittliche Temperaturen brauchten, war es durchgängig deutlich zu warm.
Eindeutige Klimakurze für 2024: Bis auf die Kaltlufteinbrüche im Januar, die uns mal ein paar unterdurchschnittliche Temperaturen brauchten, war es durchgängig deutlich zu warm.

Die letzten Daten werden gesammelt und in ein paar Tagen ist es wohl auch offiziell: Nachdem der Februar 2024 der wärmste seit Aufzeichnungsbeginn 1881 war, wird der Winter 2023/24 als der drittwärmste in die Geschichte eingehen. Nur 2019 und Spitzenreiter 2006 waren wärmer. Insgesamt sind die Winter seit den 1960ern im Schnitt rund 3 Grad wärmer geworden.

Das liegt auch daran, dass die Luft immer feuchter wird und nachts weniger auskühlt. Früher waren zwischen 50 und 60 Tage mit Frost normal, in diesem Jahr waren es im Deutschlandschnitt nur gut 30. Der Negativrekord aus 2006: 28,5 Tage. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Eistagen bzw. Dauerfrosttagen. In diesem Jahr waren es im Bundesschnitt nur rund 10, früher im Schnitt über das doppelte. Die damaligen Ausreißerjahre sind heute das Normale.

Dazu kommen die großen Niederschläge im Winter – ein Trend, den die Klimamodelle seit längerem berechnet haben, der aber bisher in den Daten nur leicht erkennbar war. Der Winter 2023/34 war im Mittel über Deutschland der zweitnasseste nach dem Ausnahmewinter 1947. Im Streifen von Berlin und Brandenburg über Sachsen-Anhalt bis nach Niedersachsen, Hamburg und Bremen war es sogar mit Abstand der nasseste Winter. Die Hochwasser in allen drei Wintermonaten unterstreichen das Phänomen.

Gute Grundwasser-Bilanz mit Ausnahmen

Dürremonitor: Nur hier und da gibt es noch Dürre-Spätfolgen im tieferen Boden (links). Der Oberboden ist teils sogar übersättigt und damit zu nass für die Landwirtschaft (rechts).
Dürremonitor: Die Böden sind gut mit Wasser gesättigt. Nur hier und da gibt es noch Dürre-Spätfolgen im tieferen Boden (links). Der Oberboden ist teils sogar übersättigt und damit zu nass für die Landwirtschaft (rechts).

Wie lange haben wir gesagt und geschrieben: „Nein, die ganzen Regenfälle reichen nicht, um die Dürrejahre seit 2018 auszugleichen.“ Jetzt ist das endlich anders. In vielen Regionen gehen die Grundwasserspiegel nach oben und liegen sogar wieder über den Werten von 2018. Örtlich gibt es aufgrund der Bodenbeschaffenheit, Wasserentnahmen etc. Unterschiede.

Der Süden muss in einigen Regionen ausgeklammert werden, weil unter anderem im Februar tatsächlich deutlich zu wenig Regen fiel – im Allgäu teils nur um 40 Prozent des Monatssolls. In der Wintergesamtbilanz sind die meisten Stationen immerhin ausgeglichen. Im Südwesten sieht man aber ein paar negative Abweichungen. Schlusslicht ist Ihringen mit nur 72 Prozent des Jahreszeitensolls. Die Thematik muss also sehr differenziert betrachtet werden.

Extrem früher Vegetationsstart macht Probleme

News Themen der Woche KW18 200229 Regen. Regen, endlich Regen Nach wochenlanger Dürre und Trockenheit erfolgte am Mittwoch ein Wetterumschwung. Nach tagelanger Trockenheit, Dürre, Dreck und Staub kam dieses nasse Zeug vom Himmel. Dicke Tropfen, Pfützen, Wasser auf den Straßen was für ein seltenes Bild. Die Natur freut es. In Annaberg-Buchholz explodierte nach dem dicken Regenschauer die Natur regelrecht. Der Löwenzahn ging in einer Pracht auf, wartete regelrecht auf den Regen. Und auch der Regenschirm wurde wieder benötigt, viele Wissen vielleicht gar nicht mehr wie er aussieht. Auf den Autos hingegen lag eine dicke Pollenschicht, für Allergiker gut, denn diese wurden auch mit ausgespült. Annaberg-Buchholz Sachsen Deutschland *** 200229 Rain Rain, finally rain After weeks of drought and dryness a change in the weather occurred on Wednesday After day
Der Blick auf die Äcker bereitet vielen Landwirtinnen und Landwirten gerade Sorgen. (Archivbild)

Die hohen Temperaturen, vor allem auch in den Nächten, haben die Vegetation und damit den Frühling rund 2 bis 4 Wochen früher durchstarten lassen. Ende Februar blühen nicht nur Frühblüher und Forsythien und sprießen nicht nur die ersten Blätter. Nein, selbst die Mandelbäume in der Pfalz stehen in voller Blüte. Dieser frühe Vegetationsbeginn birgt Risiken.

In der Landwirtschaft kommt nun beides zusammen: Sicherlich freut man sich über die volleren Grundwasserspeicher, zum anderen führt die große Feuchtigkeit in den Oberböden zu Problemen. Die Düngung der Felder kann oft noch nicht stattfinden.

Gleichzeitig sind die Böden durch den Regen ausgewaschen und nährstoffärmer. Die schon startende Vegetation bräuchte damit den Dünger, so Wolfgang Ehrecke, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „In welchem Maße dies bereits jetzt zu ertraglichen Beeinträchtigungen führt, ist aber noch nicht absehbar und in hohem Grad vom weiteren Witterungsverlauf abhängig“, teilte Ehrecke mit.

Wie groß ist die Gefahr von Spätfrösten für die Vegetation?

Frühlingsfortschritt in Deutschland: Die Vegetation ist in vielen Regionen bereits in den Frühling gestartet. Vom Norden bis in den Südosten wird es bald so weit sein.
Die Vegetation ist in vielen Regionen bereits in den Frühling gestartet. Vom Norden bis in den Südosten wird es bald so weit sein.

Die Blüten sind die sensibelsten Teile der Pflanzen. Die oben angesprochenen Mandelbäume und ähnliche Pflanzen sollten nach Möglichkeit keinen Frost abbekommen – vor allem, wenn er deutlich unter 0 Grad geht.

Nun sind wir sehr früh in der Jahreszeit und die Wetterlage wird sich wohl im März drehen. Es deutet sich zum einen ein Kaltlufteinbruch in der ersten Dekade an, zum anderen Phasen mit stabilerem Wetter. Diese Kombination ist besonders unglücklich für die Pflanzen. Kaltluft in Verbindung mit viel Wind und Niederschlägen sorgt wie zuletzt nur für schwache Fröste. Das gilt zumindest für die Luftmassen, die auf uns zuzukommen scheinen. Wenn sich aber ein Hoch über die Kaltluft legt, Wolken und durchmischender Wind schwinden, dann können im März sehr schnell Temperaturen von minus 5 Grad und weniger erreicht werden. Die Gefahr von diesen Spätfrösten ist im März recht groß.

Waldbrandgefahr und Dürre: Reicht der Regen für den Sommer?

19.06.2022, Brandenburg, Beelitz: Einsatzkräfte der Hilfsorganisation @fire legen Gegenfeuer, um eine weitere Ausbreitung des Waldbrandes zu verhindern und die Feuerwehr bei der Bekämpung des Feuers zu unterstützen. Der Waldbrand bei Beelitz (Potsdam-Mittelmark) ist nach Angaben von Bürgermeister Bernhard Knuth (parteilos) unter Kontrolle. Foto: Cevin Dettlaff/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ein nasser Winter schützt vor Trockenheit und Bränden im Sommer leider nur bedingt. (Archivbild)

Das ist derzeit die beliebteste Frage, welche sich mit einem Blick auf das letzte Jahr in Teilen beantworten lässt. Damals war der Winter in den meisten Regionen halbwegs nass und der März sogar sehr nass. Es folgte ein nur noch bedingt nasser April und ein trockener Mai. Die Kombination aus fehlenden Niederschlägen, hohen Temperaturen, viel Sonnenschein und Wind, saugte besonders im Osten das Wasser derart schnell aus den Böden, dass es zu einer sogenannten Blitzdürre samt heftigen Bränden kam. Im Juni geschah ähnliches im Süden und Westen mit braunen Wiesen und extrem niedrigen Wasserständen in den Flüssen wie im Rhein.

Ein nasser Winter oder ein nasses Frühjahr ist also keine Versicherung gegen Dürre und Brände im Sommer. Besonders sandige Böden, beispielsweise im Osten, und Pflanzen mit flachen Wurzeln können binnen weniger Wochen Probleme bekommen. Deutlich besser als im letzten Jahr ist aber die oben angesprochene Situation im Grundwasser. Damit sollten Tiefwurzler besser vor Trockenheit geschützt sein. Gleichzeitig sind auch die Oberböden nochmals feuchter als 2023, womit auch eine „Blitzdürren-Wetterlage“ in diesem Jahr wohl länger anhalten müsste, um ähnliche Folgen zu erwirken.

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(phe)