Wetterchaos macht Prognosen schwieriger

Warum derzeit von mildem Schmuddelwetter bis Dauerfrost vieles möglich ist

von Laura Kranich

Aktuell ist das Wetter in Deutschland und ganz Europa turbulent. Von Sturm über Starkregen und Schnee bis zu Sonnenschein taucht im Moment so ziemlich alles mal in den Prognosen auf. Warum ist das Wetter der nächsten Wochen zurzeit nur so schwer vorherzusagen?

Mal mildes Schmuddelwetter, mal Thors Kältehammer: Ja was denn nun?

Eine Ensembleprognose für Frankfurt am Main des GFS-Modells
Eine Ensembleprognose für Frankfurt am Main des GFS-Modells. Die grüne Linie stellt den Hauptlauf dar, der mit fortschreitender Zeit sehr stark zwischen sehr kalt und sehr warm schwankt. Die weiße Linie ist das Ensemblemittel und zeigt, dass es tendenziell kälter wird als normal für die Jahreszeit (rote Linie).

Wenn Meteorologen derzeit in die Modellkarten schauen, könnte man meinen, sie sollten sich stattdessen besser gleich die Karten legen lassen. Mittelfristig schlagen die Modelle mal mildes Schmuddelwetter, mal Thors Kältehammer vor. Und einen Tag später sieht es schon wieder ganz anders aus. So kann man doch nicht arbeiten - sollte man meinen! Aber die Meteorologen wissen sich zu helfen.

Denn die größten Ausreißer mögen spannend aussehen, sind aber selten die wahrscheinlichsten. Um zu beurteilen, was wirklich wahrscheinlich ist, schauen wir uns zum Beispiel sogenannte Ensembles an. Das sind viele verschiedene Modellläufe des gleichen Modells mit nur leicht anderen Anfangsbedingungen. Denn Messungen, wie sie allen Wetterprognosen zugrunde gelegt werden, sind immer mit Fehlern behaftet – und selbst kleine Fehler zu Anfang können bei der Wetterprognose irgendwann zu großen Unterschieden im Ergebnis führen.

Der Schmetterlingseffekt: Kleiner Hebel, große Wirkung!

Das ist auch als sogenannter Schmetterlingseffekt bekannt, der von Edward Lorenz, einem der Wegbereiter der Chaostheorie, als überspitztes Bild zur Veranschaulichung erdacht wurde: Er stellt die Möglichkeit in den Raum, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings theoretisch einen Tornado auslösen könnte. Das liegt ganz „einfach“ an der Mathematik hinter diesem Effekt: Kleine Änderungen in den Anfangsbedingungen können nach einer gewissen Zeit eine große Wirkung entfalten.

Neben den Ensembles haben wir auch verschiedene Wettermodelle zur Verfügung, die jeweils unterschiedliche Stärken und Schwächen haben – zum Beispiel das amerikanische Modell GFS, das europäische ECMWF oder das deutsche Modell namens ICON. Wir können uns also anschauen, welche Modelle welche Wetterlagen bevorzugen und als Meteorologen dann mit unserer Erfahrung entscheiden, was am plausibelsten ist.

Lese-Tipp: 42-Tage-Wettertrend: Der Winter 2023/2024 könnte ausgeprägt kalt werden

Meteorologische Expertise ist der heilige Gral

Für einen solchen Plausibilitätscheck schauen wir auch selbst in die Messdaten und vergleichen diese zum Beispiel mit aktuellen Modellläufen. Manchmal sieht man da schon, welches Modell näher an der Wirklichkeit liegt. Und wir betrachten die allgemeine Großwetterlage mit ihren verschiedenen Aspekten wie Luftdruckverhältnisse, Temperaturverteilungen an Land und im Ozean, um zu beurteilen, welche Entwicklungen wahrscheinlicher sind als andere.

Es kommt durchaus vor, dass es doch einmal sehr, sehr kalt oder warm wird, oder ein Sturm stärker, eine Sturmflut höher ausfällt, als von den Modellen prognostiziert wurde. Es braucht also doch immer noch einen Menschen mit meteorologischer Fachkenntnis und Erfahrung, um alle Daten zu ordnen und eine gut informierte Aussage zu treffen.

Große Gegensätze lösen große Schwankungen aus

Temperaturen Europa am 14. November 2023
Zwischen Eisschrank und Sommerwärme - gegensätzlicher könnte sich Europa kaum präsentieren

Besonders groß sind die Schwankungen der Wettercomputer übrigens, wenn große Gegensätze auf engem Raum zusammenliegen, so wie im Augenblick: Sehr warme und sehr kalte Gegenden liegen relativ nah beieinander und die Unterschiede sind zudem außergewöhnlich groß. In solchen Fällen können zum Beispiel schon geringe Änderungen der Windrichtung einen großen Effekt haben und statt frühlingshafter Milde plötzlich klirrende Kälte zu uns befördern.

Wetter und Klima nicht verwechseln!

Aber: Große Unsicherheiten bei der Wettervorhersage bedeuten überhaupt nicht, dass wir das Klima der Zukunft nicht vorausberechnen können! Denn beim Klima geht es um die Statistik des Wetters, also wieder um Wahrscheinlichkeiten, Mittelwerte und Extremwerte. Und genau so wie wir wissen, dass es im Frühling wieder milder wird, obwohl es auch da mal eiskalt oder sehr warm sein kann (und das wissen wir ja nicht sehr lang im Voraus ganz genau), wissen wir auch, dass durch unsere Treibhausgasemissionen das Klima immer wärmer wird.

Lese-Tipp: Darum darf die Ostsee nicht mehr wärmer werden

Unsere Wettertrends und Themenseiten

Solltet Ihr Interesse an weiteren Wetter-, Klima- und Wissenschaftsthemen haben, seid Ihr bei wetter.de bestens aufgehoben. Besonders ans Herz legen können wir Euch auch den 7-Tage-Wettertrend mit der Wetterprognose für die kommende Woche. Dieser wird täglich aktualisiert. Falls Ihr weiter in die Zukunft schauen möchtet, ist der 42-Tage-Wettertrend eine Option. Dort schauen wir uns an, was auf uns in den kommenden Wochen zukommt. Vielleicht interessiert Euch eher wie sich das Klima in den vergangenen Monaten verhalten hat und wie die Prognose für das restliche Jahr aussieht. Dafür haben wir unseren Klimatrend für Deutschland.

Damit Ihr auch unterwegs kein Wetter mehr verpasst, empfehlen wir unsere wetter.de-App für Apple- und Android-Geräte.

Extremwetter in Deutschland - Die Doku im Online Stream auf RTL+

(lkr)