Tschüss Schminke, Peeling, Perlen, Glitzer
Mikroplastikverbot ab 15. Oktober in der EU: Was bedeutet das für uns und was hilft es?
Ab Sonntag, den 15. Oktober 2023, sind Produkte, die bewusst zugesetztes Mikroplastik enthalten, in der EU verboten. Loser Glitzer, Peelings, Cremes und Kosmetika mit Mikroperlen dürfen dann nicht mehr verkauft werden. Was heißt das für uns? Für welche Produkte hat die EU noch Übergangsfristen eingeräumt? Und schließlich: Was bringt das im Kampf gegen den Plastikmüll?
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Was wird konkret verboten?
Das Verbot bezieht sich zunächst nur auf festes, unlösliches Plastik. Schrittweise werden über die kommenden zwölf Jahre weitere Produkte aus dem Verkauf genommen. Darunter fallen Kosmetika und Waschmittel, die Mikroplastik enthalten. Beispielsweise enthalten Shampoos oft Kunststoffe, die einen Plastikfilm um die Haare legen. Auch für Fußballer kommt eine Veränderung: In acht Jahren werden Kunststoffgranulate für Kunstrasenplätze verboten.
Mit dem Begriff Mikroplastik werden schwer abbaubare, synthetische Polymere mit Größe von weniger als fünf Millimetern bezeichnet. Die Partikel reichern sich in Tieren, einschließlich Fischen und Schalentieren, an und können daher auch in Lebensmittel gelangen. Die neuen Vorschriften sollen die Freisetzung von etwa einer halben Million Tonnen Mikroplastik in die Umwelt verhindern.
Das Granulat auf Kunstrasenplätzen und anderen Sportanlagen ist laut Kommission die größte Quelle für die Freisetzung von zugesetztem Mikroplastik, und damit ein Umweltproblem. Das Mikroplastik-Verbot soll daher hier nach acht Jahren in Kraft treten – „um den Besitzern und Betreibern von Sportplätzen die Zeit zu geben, auf Alternativen umzusteigen“. 2031 ist da also Schluss.
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Was sagen die Experten zu dem Verbot?
Es ist nur ein erster Schritt im Kampf gegen das Plastik. Dennoch hält Dr. Martin Löder vom Lehrstuhl für Tierökologie an der Universität Bayreuth die neue Regelung für „effektiv, um die Aufnahme von Mikroplastik durch den Menschen in Teilen zu verringern – besonders mit Blick auf Kosmetika. Zum Beispiel beim Schminken mit Puder oder Lippenstift, der Mikroplastik enthält. Dieses kann eingeatmet oder verschluckt werden. Ein Teil der oralen Aufnahme und Inhalation wird also mit dem neuen Verbot verhindert.“
„Kunstrasen wird durch Regen unmittelbar ,ausgeschwemmt‘, Kosmetika landet beim Abschminken oftmals im Abwasser anstatt mit dem Abschminkpad zusammen im Abfalleimer“, analysiert Doris Knoblauch von der Arbeitsgruppe Plastik vom „Ecologic Institute“ in Berlin. „Allerdings gibt es auch sehr große Mengen an nicht-bewusst zugefügtem Mikroplastik, das direkt in der Umwelt landet: der Abrieb von Reifen oder Schuhsohlen, Lacke und Farben“, so die Expertin.
Doch das Verbot ist ein Schritt in die richtige Richtung, findet Prof. Dr. Annika Jahnke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig: „Da es sich um eine Reihe von verbrauchernahen Produkten handelt, die zum Teil direkt mit dem Menschen in Kontakt kommen – wie Zahnpasta – halte ich das Verbot für effektiv. Aber Mensch und Umwelt sind auch Plastik aus anderen, sekundären Quellen ausgesetzt, wie der Luft.“
Anteil dekorativer Kosmetika mit Mikroplastik

Gibt es Ersatzprodukte und was macht das Verbot mit der Industrie?
Ja. „Schon heute verzichten im Bereich Kosmetika viele Hersteller freiwillig auf Mikroplastik in ihren Produkten. Dieser Trend wird sich durch das EU-Verbot verstärken, auch weil es im Bereich Kosmetika ausreichend Materialalternativen gibt“, so Dr. Ralf Bertling vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen.
Viele Unternehmen arbeiten schon länger mit Ersatzstoffen für Mikroplastik. Eine Sprecherin der Drogeriekette Rossmann teilte dem Autor mit, dass „uns bereits heute ausreichend Alternativen zu Mikroplastik zur Verfügung stehen“.
Auch beim Kosmetik-Riesen Beiersdorf, durch Marken wie Nivea, Eucerin und Labello im Markt vertreten, arbeitet am Mikroplastikproblem: „Unsere klare Ambition ist der vollständige Verzicht auf Mikroplastik in allen Beiersdorf Produktformeln sowie den Einsatz von biologisch abbaubaren Polymeren weiter auszubauen“, sagte eine Sprecherin dem Autor. Alle abwaschbaren Beiersdorf-Produkte seien bereits seit 2019 frei von Mikroplastik.
Und der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) teilte mit, es gebe für Peeling-Partikel bereits heute eine Reihe von alternativen Stoffen, um Mikrokunststoffpartikel auszutauschen. So würden Peeling-Partikel beispielsweise durch Walnussschalen und andere Fruchtschalen sowie Wachse, Zellulose oder mineralische Stoffe ersetzt.
Was macht Mikroplastik in unserem Körper?

Es ist noch nicht zur Gänze erforscht, aber Mikroplastik steht in Verdacht, schwere Krankheiten zu erzeugen. Potenziell schädliche Effekte hat es auf unser Immunsystem, den Stoffwechsel, die Darmflora und die Fruchtbarkeit. An Mäusen konnten vermehrt Entzündungszeichen, verminderte Schleimproduktion und der Tod von Darmzellen festgestellt werden. erklärte Dr. Eleonore Fröhlich von der Medizinischen Universität Graz.
Vom Menschen aufgenommen würden eher textile Mikroplastikfasern und reifenstämmiger Feinstaub, durch die Luft über Mund und Nase, so Dr. Bertling.
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(osc)