Schwerste Unwetter seit Jahrzehnten
Brisante Vorhersagen, erhöhtes Erdrutschrisiko in Emilia-Romagna
Die norditalienische Region Emila-Romagna blickt auf die wohl größten Niederschläge der vergangenen Jahrzehnte zurück. Zwar beruhigt sich die Wetterlage allmählich, doch die Gefahr bleibt. Paride Antolini, Präsident des Geologen-Verbandes der Emilia-Romagna sprach mit wetter.de über das Ausmaß der Verwüstung und die Schlüsse, die nun aus dem Unwetter gezogen werden müssen.
Weitere Sturmfluten in Rimini

Der Regen am Strand von Rimini nimmt langsam ab. Doch noch immer ist in der beliebten Touristenstadt nicht daran zu denken, dass sich hier in wenigen Wochen scharenweise Urlauber am Strand tummeln werden, wie in den Jahren zuvor. Nach zuletzt heftigen Regenfällen und Überschwemmungen drohen an der Adria weiterhin Sturmfluten. Die Situation in Rimini bleibt angespannt, in der gesamten Region Emilia-Romagna ist auch in den kommenden Wochen noch mit den Folgen des Extremwetters zu rechen, wie Paride Antolini, Präsident des Geologen-Verbandes der Region, wetter.de erklärt.
In der gesamten Urlaubsregion gilt seit Tagen der Katastrophenalarm: „Innerhalb von 48 Stunden ist eine Wassermenge von 200 Litern pro Quadratmeter gefallen, mit Spitzenwerten von 250 Litern in einem großen Gebiet, das sich von Bologna bis Riccione erstreckt." Zum Vergleich: Beide Städte sind knapp 120 Kilometer voneinander entfernt. Doch die Naturkatastrophe hätte sogar ein deutlich größeres Ausmaß annehmen, erzählt der Antolini.
Normalerweise "Ereignisse, die sich mehrmals im Jahr wiederholen"

Schon in der Vergangenheit wurde die Region von starken Regenfällen heimgesucht. Auf eine längere Dürreperiode, die zuletzt Teile der Po-Ebene austrocknete, folgten nun heftige Niederschläge. Laut Paride Antonlini sei das nichts Ungewöhnliches: „Es handelt sich um Ereignisse, die sich in Italien mehrmals im Jahr wiederholen und verschiedene Regionen vom Süden bis zum Norden betreffen.“
Eine derart „umfangreiche“ Situation „mit Schäden sowohl in den Bergen als auch in der Ebene“, gab es allerdings in diesem Ausmaß schon seit Jahrzehnten nicht mehr, wie der Geologe bilanziert. Er spricht sogar von Niederschlagsmengen, die es „seit der Nachkriegszeit“ so nicht gegeben habe. Noch immer besteht die Gefahr von Überschwemmungen und Erdrutschen. An den Küsten Mittel- und Süitaliens kann es zudem sogar noch zu Sturmfluten kommen. Das Auswärtige Amt hat daher die höchste Alarmstufe für die Regionen Emilia-Romagna sowie Sizilien ausgesprochen.
Erhöhtes Erdrutschrisiko in der Region Emilia-Romagna

Die Gefahr nach den Unwettern lauert allerdings nicht allein nur an den Küstenregionen. Zuletzt meldeten gleich mehrere Lokalverwaltungen Erdrutsche. Allein in der Region Emilia-Romagna sind aus diesem Grund weit mehr als 250 Straßen gesperrt worden. Mit weiteren starken Regenfällen steigt das Erdrutsch-Risiko, wie Antolini einer italienischen Nachrichtenagentur erklärt.
Anders als in anderen Bergregionen Norditaliens bestehten die Erhebungen nicht als massivem Kalk- oder Granitgestein. Der Geologe bezeichnet die Beschaffenheit der „zarten Felsen“ als „ziemlich zerbrechlich“ und bilanziert: „Jetzt stehen wir vor einem außergewöhnlichen Ereignis, aber die Erdrutsche in unseren Bergen wiederholen sich mit diesen intensiven und wiederholten Regenfällen."
"62,5 Prozent der Bevölkerung ist dem Hochwasserrisiko ausgesetzt"

Allmählich zeichnet sich das Ausmaß der Zerstörung ab. Nach Angaben regionaler Behörden sollen die entstandenen Schäden schon jetzt in Milliardenhöhe liegen. Denn insgesamt 21 Flüsse sind in der betroffenen Region über die Ufer getreten, Ortschaften in 34 Gemeinden wurden überflutet. "Am stärksten betroffen waren die Städte Cesena, Forlì, Faenza und Castel Bolognese, die auch die am dichtesten besiedelten Städte sind“, sagt Antolini. Dazu kommt, dass „in der Emilia-Romagna 62,5 Prozent der Bevölkerung dem Hochwasserrisiko ausgesetzt sind.“
In anderen betroffenen Gemeinden ist das Überschwemmungsrisiko ähnlich hoch: "Große Teile von Rimini sind in den Karten der Hochwasserrichtlinie der Region Emilia-Romagna als überschwemmungsgefährdet ausgewiesen.“ Zudem bestehe die Gefahr von Überschwemmungen durch Meeresstürme, wie der Geologe klarstellt. Die können laut Antolini sogar mehrmals im Jahr auftreten.
Neue Strategien für ein wiederkehrendes Problem

Zwar zieht das Unwetter in den kommenden Tagen in die Alpenregion weiter, dennoch ist auch in Südfrankreich und in der Region Piemont mit kräftigen Regengüssen und Gewitter auszugehen. Die Unwetterwarnung gilt ebenfalls bis Sizilien – bis Sonntagabend sind lokal Regenmengen von 200 bis 300 Liter pro Quadratmeter möglich.
Der Geologe Paride Antolini hofft nun, dass aus den zurückliegenden Ereignisse die richtigen Schritte gezogen werden: „Wir brauchen eine neue Strategie, neue Entscheidungsprozesse, aber auch verhaltensbezogene Prozesse, die alle betreffen: Bürger, Verwaltungen, Politik.“ Agenzia Italia sagte er, dass es kein Problem sei, „das über Nacht oder in ein paar Jahren gelöst werden kann.“ Insebsondere in dichtbesiedelten Gebieten müsse der bisherige Ansatz überdacht werden. Denn traut man den Prognosen, sind solche Naturkatastrophen in Zukunft wohl kaum auszuschließen.
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(rdr)