Staudämme als Umweltrisiko

Wie umweltfreundlich ist Wasserkraft?

von Amelie von Kruedener

Mit Wasserkraft Strom erzeugen, klingt gerade in diesen Zeiten sinnvoll. Aber sind Staudämme umweltfreundlich? Sind sie eine gute Lösung? Wir haben mit Tobias Schäfer, dem Gewässerreferenten des WWF Deutschland gesprochen und ein klares „Nein“ zur Antwort bekommen.
Im Video hat Christian Häckl einen Blick auf die Umweltverträglichkeit der Staudämme am Amazonas geworfen.
Mit unseren „Klima Update“-Sendungen immer informiert sein

Sind Staudämme und die Wasserkraft als emissionsfreier Stromlieferant eine gute Lösung für die Energiekrise?

Tobias Schäfer: Nein, neue Staudämme und Wasserkraftwerke zu bauen, um Strom zu gewinnen ist keine gute Lösung und sie ist auch keineswegs emissionsfrei. Wasserkraftwerke haben ein zentrales Problem: Sie zerstören Flüsse.

Flüsse beherbergen aber eine immense Artenvielfalt, prägen ganze Landschaften und erfüllen viel mehr wichtige Funktionen als nur Strom liefern zu können.

Hierbei muss man auch wissen, dass vom gravierenden weltweiten Artenverlust Süßwasserökosysteme besonders betroffen sind. Seit 1970 sind die Bestände von Süßwasserarten weltweit um 83% eingebrochen. Sie weisen damit einen zwei bis dreimal schnelleren Rückgang auf als die Bestände in Land- und Meeresökosystemen.

Inzwischen sind Solar- und Windkraft zu viel billigeren Alternativen für die Stromerzeugung geworden.

Was sind die größten Probleme von Staudämmen?

Tobias Schäfer: Wasserkraftwerke zerstören das, was einen Fluss ausmacht: Dass er fließen, sich wandeln und sich ständig erneuern kann und voller Leben ist. Mit einer Staumauer im Fluss und Turbinen im Wasser bleibt davon nicht mehr viel übrig. Natürliche Flüsse tragen Gestein aus den Gebirgen ins Meer, aber dieser Transport von Sedimenten, durch den der Charakter von Flüssen geprägt wird, wird durch Staudämme und Kraftwerke unterbrochen. Wanderfische können durch derartige Barrieren ihre Lebensräume nicht mehr erreichen, die sie im Laufe ihrer Entwicklung jedoch benötigen, wie bei uns z.B. die Lachse ihre Laichgebiete. Staudämme überfluten zudem ganze Landschaften, die zuvor vom Puls des Flusses gelebt haben.

Wasserkraft ist auch nicht per se emissionsfrei. Insbesondere in den Tropen sind Staudämme große Emittenten von Treibhausgasen, weil dafür meist Waldflächen gerodet werden, deren organische Substanz im Wasser verrottet. Das führt zu jahrzehntelanger Emission des besonders klimaschädlichen Treibhausgases Methan. Der Ausstoß von Klimagasen liegt bei Staudämmen in den Tropen oft über dem, was ein vergleichbares Kohlekraftwerke ausstoßen würde.

Ist das auch ein deutsches Problem?

Tobias Schäfer: Auch wenn wir in Deutschland wenige Staudämme im engeren Sinn haben, gibt es mehrere tausend Kraftwerke, die in unsere Flüssen und Bächen hineingebaut wurden und den meisten abwärts wandernden Fischen den Weg durch die Turbinen aufzwingen. Trotz Fischschutz und Fischtreppen kommen durch die Wasserkraftnutzung täglich unzählige Fische ums Leben oder werden schwer verletzt.

Was wären gute Ansätze, wenn man Wasserkraft nutzen möchte?

Tobias Schäfer: Der WWF Deutschland spricht sich komplett gegen den Bau neuer Wasserkraftwerke in Deutschland und Europa aus. Bei bestehenden Wasserkraftwerken gibt es technisch oft sehr große Potenziale, ihre Leistung zu steigern. Ertüchtigung ist besser als Neubau. Das passiert in Deutschland aktuell zum Beispiel am Inn.

Kleine Wasserkraftwerke verursachen unverhältnismäßig große ökologische Schäden. Sie tragen nur weniger als ein halbes Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland bei, sind aber eine Hauptursache für die Biodiversitätskrise in unseren Gewässern. Wir sind daher auch gegen die Förderung neuer, kleiner Wasserkraftwerke.

Unsere Wettertrends und Themenseiten

Sollten Sie Interesse an weiteren Wetter-, Klima- und Wissenschaftsthemen haben, sind Sie bei wetter.de bestens aufgehoben. Besonders ans Herz legenkönnen wir Ihnen auch den 7-Tage-Wettertrend mit der Wetterprognose für die kommende Woche. Dieser wird täglich aktualisiert. Falls Sie weiter in die Zukunft schauen möchten, ist der 42-Tage-Wettertrend eine Option. Dort schauen wir uns an, was auf uns in den kommenden Wochen zukommt. Vielleicht interessiert Sie eher wie sich das Klima in den vergangenen Monaten verhalten hat und wie die Prognose für das restliche Jahr aussieht. Dafür haben wir unseren Klimatrend für Deutschland.

Damit Sie auch unterwegs kein Wetter mehr verpassen, empfehlen wir unsere wetter.de-App für Apple- und Android-Geräte.

Klima-Rekorde - Ist Deutschland noch zu retten? Die Doku im Online Stream auf RTL+

(avo)