Krasse Wendungen in der Langfrist
Polarwirbel lässt Dezember-Prognosen gewaltig springen
von Björn Alexander und Martin Pscherer
Es ist mächtig was los in der Wetterküche. Insbesondere der Blick auf die Auswüchse der experimentellen Vorhersagen bringt hierbei die Gemüter in Wallung. Denn das Winter-Potenzial schwankt zwischen den Extremen.
Oben im Video: Ab wann bleibt in Deutschland für gewöhnlich der erste Schnee liegen?
Worum geht es?

Insbesondere die Langfristprognose für den Dezember lässt weiterhin reichlich Luft. Zuletzt ging es beim wetter.de-Trend, der auf dem Europäischen Wettermodell fusst, aus sehr kalten Vorhersage-Szenarien in sehr milde Fahrwasser für den ersten Wintermonat. Teilweise deutlich über 2 Grad Überschuss gegenüber dem langjährigen Durchschnitt – dazu auch reichlich Regen. Eine erneute Verschärfung der Hochwassergefahr wäre denkbar gewesen.
Am Montag dann ein ganz anderer Dreh in der Prognose. Fast 5 Grad Abweichung - diesmal aber nach unten. Ein Monster-Kaltlufteinbruch im Dezember mit Schnee und weißer Weihnacht inklusive, der aber im letzten Lauf erneut revidiert und ins Milde gedreht wurde.
Ist ein derartiger Eiswinter in Deutschland überhaupt möglich?

Einen knapp 4 Grad zu kalten und schneewilligen Winter bescherte uns zum Beispiel der Dezember 2010. Insofern ist es natürlich möglich, wenn auch aufgrund des Klimawandels nicht allzu wahrscheinlich, dass wir solche Extremwinter-Bedingungen bekommen. Doch auch der März 2013 oder der Februar 2021 haben gezeigt, dass es richtig kalt und weiß bei uns werden kann. Dabei hängt viel vom sogenannten Polarwirbel ab, der den Winterverlauf mitbestimmt.
Polarwirbel-Split lässt uns bibbern
Ist der Polarwirbel rund und gesund, dann wabert das eiskalte Kaltluftpolster im hohen Norden und wir sind quasi geschützt vor der arktisch kalten Luft. Das geschieht in unseren Breiten vornehmlich mit Winden aus südwestlichen bis südlichen Richtungen. Ist der Wirbel hingegen schwach oder sogar geteilt (Polarwirbel-Split), dann müssen wir mit Luft aus nördlichen bis östlichen Breiten rechnen. Im ärgsten Fall aus der Arktis oder Sibirien. Und genau solche Szenarien deutet ein Teil der Langfrist-Berechnungen für den Winter 2023/2024 an.
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Deutschland mittendrin - die Ausgangslage macht es plausibel

Auch wenn einige Langfristmodelle mit steigenden Wahrscheinlichkeiten eines nachhaltigen Wintereinbruchs rechnen, so gibt es durchaus andere Ansätze, die uns einen milden Winterverlauf berechnen. Insbesondere für den Dezember sind allerdings beide Ansätze absolut plausibel.
Denn Deutschland liegt derzeit zwischen den Extremen. Vor unseren Toren gen Norden tobt sich der Polarwinter aus und lässt uns in den kommenden Tagen auch mal mit zittern. Im Süden Europas ist es indes noch spätsommerlich. Und insofern treibt die Wettercomputer jetzt die Frage um, ob es eins von beiden Extremen schafft oder ob es vielleicht doch der Mittelweg der westlichen Winde mit Chancen für einen schneereichen Bergwinter schafft.
Motor des Winters - so sind die Computerprognosen
In der Vorhersage wird die Temperatur in einigen Kilometern Höhe dargestellt. Je gleichförmiger die blauen, also kalten Bereiche zusammenhängen, umso stärker ist der Polarwirbel. Werden hingegen große Lücken und mildere Einschübe in Richtung Nordpol berechnet, dann ist der Wirbel instabiler. Bei einem Polarwirbel-Split teilen sich die blauen Flächen in zwei Teile auf.
Wetterwissen: Was ist der Polarwirbel?

Im Laufe des Herbstes, wenn die Tage immer kürzer werden und der Winter allmählich in Fahrt kommt, bildet sich der Polarwirbel. Also genau zu der Zeit, wenn die Temperaturunterschiede zwischen der Polregion und den südlichen Breiten besonders groß werden.
Das geschieht meistens rund um die Wintersonnenwende zum kalendarischen Winterbeginn. Dann ist es nördlich des Polarkreises über viele Wochen dunkel und extrem kalt. Das wiederum hat zur Folge, dass die westlichen Winde am Rande des Polarwirbels deutlich stärker sind als im Sommer. In Spitzen mit Winden bis zu 200 km/h. Manchmal kommt es allerdings zu Störungen im Polarwirbel, wodurch sich die Kaltluft weiter südwärts ausbreiten kann und zu winterlichen Extrembedigungen bis in unsere Breiten führen kann.
Vorsicht bei der Langfrist
Langfristberechnungen sind mit entsprechender Vorsicht zu genießen. Denn mit den Computertrends über fünf bis bis zehn Tage im Voraus oder gar mit Blick auf ganze Monate oder Jahreszeiten hinaus, verlassen wir die klassischen Wetterprognosen und wechseln in den experimentellen Bereich. Das sind eigentlich eher Hilfsmittel, die zum Beispiel der Energiewirtschaft dienen können.
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(bal, mps)