Schlechtere Prognosen durch Mikroplastik
Mikroplastik in der Atmosphäre – Auswirkungen auf das Wetter und das Klima
Mikroplastik ist so gut wie überall angekommen und nachgewiesen. Im Wasser, im Boden, bei den Tieren und somit auch in der Nahrungskette des Menschen und beim Menschen. Und laut einer Studie ist Mikroplastik auch für eine schlechtere Wettervorhersage verantwortlich. Denn die Auswirkungen auf das Wetter und das Klima müssten in die Modelle mit eingerechnet werden.
Im Video oben: So viel Mikroplastik essen wir Woche für Woche
Was ist Mikroplastik überhaupt?
Als Mikroplastik werden Plastikteilchen bezeichnet, die zwischen 1 μm und 5 mm groß sind. Noch kleineres Plastik wird Nanoplastik und größeres Mesoplastik genannt. Man unterscheidet zwischen primärem Mikroplastik, das als solches hergestellt wird und sekundärem Mikroplastik, das durch Abbau und Abnutzung aus größerem Plastik entsteht.
Lese-Tipp: Woher kommt das Mikroplastik und wie beenden wir die Plastikflut?
Was hat Mikroplastik mit Wetter und Klima zu tun?

Es steht der Verdacht im Raum, dass Mikroplastik auch die Atmosphäre beeinflussen könnte. Eine Studie der Pennsylvania State University in den USA erhärtet diese Vermutung. Forscher simulierten im Labor die Bedingungen, unter denen sich Tröpfchen und Eiskristalle in großer Höhe und bei tiefen Temperaturen bilden. So entstehen in der Natur Wolken und Regen.
Die Wissenschaftler fügten nun verschiedene Sorten von Mikroplastik hinzu. Ergebnis: Die kleinen Plastikpartikel beschleunigten die Bildung von Tropfen und Eiskristallen erheblich. Das könnte zur Bildung größerer Wolken führen und zum Beispiel die Niederschlagsmengen bei Gewittern und Unwettern weiter erhöhen. Auch exakte Wetter und Unwettervorhersagen könnten durch den Mikroplastik-Einfluss schwieriger werden.
Es könnte also notwendig sein, bestehende Wetter- und Klimamodelle zu verbessern, um den Effekt von Mikroplastik als Variable in der Wolkenbildung zu berücksichtigen. Derzeit arbeiten atmosphärische Modelle mit Partikeln wie Staub, Ruß und Bakterien. Die Einbeziehung von Mikroplastik könnte die Genauigkeit der Wettervorhersagen und Klimamodelle verbessern.
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Mikroplastik – woher kommt das alles?

Verpackungen: Fast ein Drittel allen Kunststoffs wird für Verpackungen hergestellt. Damit liegen Verpackungen auf Rang eins der Einsatzfelder von Plastik. Auf Rang zwei folgt das Baugewerbe vor Fahrzeugen.
Reifenabrieb: Der jährliche Reifenabrieb lag im Jahr 2005 bundesweit bei etwa 111.000 Tonnen und rund 12.000 Tonnen Abrieb von Bremsbelägen. Diese Zahlen gehen auf Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) zurück. Der Wirtschaftsverband der Deutschen Kautschukindustrie (WDK) geht für das Jahr 2005 hingegen nur von 60.000 Tonnen Reifenabrieb aus. Dennoch: Laut Umweltbundesamt gehört Reifenabrieb in der Ostsee zu den Hauptbefunden der Mikropartikel.
Unsere Kleidung: Synthetische Chemiefasern unserer Kleidung, zum Beispiel, Fleece-Pullis, bestehen ebenso wie Mikropartikel aus Kunststoff. Die bekanntesten sind Polyester, Polyethylen und Elastan. Aus ihnen werden Haus- und Heimtextilien wie Gardinen, Teppiche, Handtücher, aber auch Pullover, T-Shirts und Socken hergestellt. Ein Fleece-Pulli verliert im Laufe seiner Nutzung beim Waschen bis zu 5 Prozent seines Gewichts. Die Fasern gehen verloren und landen als Mikroplastik im Abwasser. Was hilft: Die Pullis in einem Netz waschen.
Kosmetik/Pflege- und Waschmittel: Zahnpasta, Duschgel, Seifen, Waschmittel, Haut- und Körperpflegelotionen, Sonnenschutz, überall sind Mikropartikel enthalten. Bezogen auf die 500 Millionen Einwohner in der EU entspricht das einer Gesamtmenge von 3.125 Tonnen Mikropartikeln aus Kunststoff, die jedes Jahr in kosmetischen Produkten Verwendung finden, schätzt das Umweltbundesamt.
Und sonst? Plastikflaschen und andere Plastikprodukte werden im Laufe der Jahre und Jahrzehnte immer kleiner und zersetzen sich schließlich zu Mikroplastik.
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Video: Unser Wasser ist voller krebserregendem Nano-Plastik
Zahlen und Fakten zum Mikroplastik
- Mikroplastik in unserem Körper ist mit großen Gesundheitsrisiken verbunden. In Tierversuchen wurden folgende Folgen nachgewiesen: Störungen des Immunsystems, des Stoffwechsels, des Verdauungsapparats und der Fortpflanzung, zudem besteht erhöhtes Krebsrisiko. Die Wirkungen auf den Menschen sind bisher nicht wissenschaftlich bestätigt. Inwieweit das noch kleinere Nanoplastik für Menschen gefährlich ist, ist ebenfalls nicht wirklich erforscht.
- 2016 landeten weltweit 19 bis 23 Millionen Tonnen Plastikmüll in Flüssen, Seen und Meeren – etwa vier LKW-Ladungen pro Minute.
- 2019 wurden 460 Millionen Tonnen Kunststoff weltweit produziert. Die Menge hat sich von 2000 bis 2019 verdoppelt und wird sich Prognosen der OECD zufolge bis 2050 wieder verdoppeln.
- Bei der Plastikproduktion entstehen große Mengen an Treibhausgasemissionen. Nur eine vollständige Wiederverwertung, also die Kreislaufwirtschaft, würde das Problem minimieren.
- 2015 verursachte die Kunststoff-Industrie etwa 4,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen; 96 Prozent davon entfielen auf Kunststoffproduktion.
- nur etwa neun Prozent des insgesamt weltweit bis 2015 angefallenen Plastikmülls wurde recycelt; 79 Prozent landeten auf Deponien oder in der Umwelt.
- Auch Deutschland geht nicht gerade voran: 2021 wurden in Deutschland 53 Prozent der Kunststoffabfälle verbrannt/thermisch verwertet; 46 Prozent wurde dem Recycling zugeführt. Darin inbegriffen ist der exportierte Plastikmüll, von dem wir nicht wissen, ob er tatsächlich recycelt wird.
- 2021 exportierte Deutschland 13 Prozent des angefallenen Plastikmülls: Die 766.000 Tonnen sind EU-weit der höchste Wert.
- Und: „Biologisch abbaubare“ Kunststoffe zersetzen sich häufig nur in speziellen Kompostieranlagen. In einer Studie zeigten solche Kunststoffe im Meer nach über einem Jahr keine Zeichen von Zersetzung.
(oha)