Was ist gut, was ist schlecht? Die Analyse

COP28 mit wichtigen Ergebnissen - jetzt müssen Wirtschaft und die Länder liefern

von Oliver Scheel

Die 28. Klimakonferenz ist zu Ende. Nach dem desaströsen ersten Entwurf hat die COP dann doch geliefert. Die Beobachter sind zwiegespalten. Manche nennen die Abschlusserklärung „historisch“, andere reden von „reinem Greenwashing“. Schauen wir doch mal: Was ist gut, was schlecht und vor allem: Was muss jetzt passieren, damit wir die Klimakrise in den Griff kriegen?
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Das Wichtigste: die Abkehr von den fossilen Brennstoffen ist erwähnt

COP28 President Sultan al-Jaber holds the gavel at the end of the COP28 U.N. Climate Summit, Wednesday, Dec. 13, 2023, in Dubai, United Arab Emirates. (AP Photo/Peter Dejong)
Der Hammer ist gefallen - die COP28 ist Geschichte

Der Hammer ist gefallen – mit 24 Stunden Verspätung ist die 28. Klimakonferenz in Dubai Geschichte. Im Schlussspurt hat die Konferenz unter Leitung des Öl-Prinzen Sultan al-Dschaber doch noch geliefert.

Die ERGEBNISSE: In dem von den 200 Ländern nun beschlossenen 21-Seiten-Papier werden die Staaten aufgefordert, sich von fossilen Brennstoffen in ihren Energiesystemen abzuwenden. Mehr als 100 Staaten aus der EU, Afrika sowie Karibik und Pazifik hatten zuvor eine schärfere Formulierung gefordert: nämlich einen Ausstieg („Phase out“). Nun ist es eine Abkehr. Das lässt natürlich Hintertürchen offen. Es wurden nämlich Übergangstechnologien erwähnt. Die könnten zum Beispiel Erdgas sein. Oder auch die völlig überteuerte Nuklearenergie. Erwähnung finden außerdem Verfahren zum Entzug von CO2 aus der Atmosphäre (CCS). Solche Technologien sind äußerst umstritten und auf jeden Fall unendlich teuer.

Immerhin werden die Staaten aufgerufen, die Kapazitäten erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2030 zu verdreifachen. Auch die Energieeffizienz soll in diesem Zeitraum verdoppelt werden. Für besonders arme und verwundbare Länder wurde ein Fonds für klimabedingte Schäden und Verluste eingerichtet. Allerdings ist der bis heute nur mit einem Bruchteil des Geldes gefüllt, den diese Länder benötigen. Bei sogenannten globalen Anpassungszielen sollen die Länder nun ihre Hausaufgaben machen: Die Landwirtschaft muss im Klimawandel angepasst werden, genau wie die Gesundheitssysteme sich besser auf die Erderwärmung vorbereitet sollen. Außerdem sollen die Industrieländer ihre Hilfszahlungen an ärmere Länder erhöhen.

Was sagen die Experten?

Das liest natürlich auf dem Papier alles ganz gut. Aber was bedeutet die Abschlusserklärung konkret?

POSITIVE STIMMEN: Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, sagte, die Beschlüsse von Dubai könnten ein historischer Schritt werden - „aber nur, wenn in den nächsten Jahren tatsächlich weltweit ein massives Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas erfolgt.“

Als „Anfang vom Ende“ der von fossilen Brennstoffen angetriebenen Weltwirtschaft sieht Johan Rockström vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung das Ergebnis von Dubai. Nun gelte es, die Emissionen bis 2030 um mehr als 40 Prozent zu senken und bis 2050 eine Netto-Null zu erreichen.

EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra, der führend für die Europäische Union in Dubai verhandelte, lobte das Ende der Konferenz als Tag, an dem man sich darüber freuen könne, dass „die Menschheit endlich getan hat, was lange, lange überfällig war“.

NEGATIVE STIMMEN: Nicht allen schmeckt das Ergebnis von Dubai: „Die Dominanz und das destruktive Vorgehen der ölexportierenden Länder, der einflussreichen Öl- und Gaslobby sowie der kohleabhängigen Länder wurden auf der Weltklimakonferenz überdeutlich und verhinderten weitergehende und verbindliche Beschlüsse“, kritisierte Martin Kaiser von Greenpeace.

Und Oxfam-Experte Jan Kowalzig sagte, das Ergebnis habe bedenkliche Schattenseiten und Schlupflöcher, darunter die Betonung der Rolle von Erdgas als Übergangslösung. „Das werden Förderländer und die fossile Industrie als Freifahrtschein für die Ausweitung der Gasförderung werten.“

Am heftigsten ging Claudia Kemfert mit dem Resultat ins Gericht: „Die COP28-Klimakonferenz war reines Greenwashing", sagte die Energieexpertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Mit dieser Einigung wird das 1,5-Grad-Ziel kaum mehr erreichbar sein."

Welche Folgen haben die Beschlüsse? Was passiert nun in den Ländern?

ARCHIV - 06.11.2023, Brandenburg, Jacobsdorf: Der Sonnenaufgang leuchtet über einem Windenergiepark. (zu dpa: "Studie: Deutschland beim Umbau des Strommarktes nur Mittelmaß") Foto: Patrick Pleul/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Wind und Sonne werden immer billiger

Aber klar ist auch: Ein Weiter so wird es nicht geben. Denn trotz dieser Kompromisse wurde deutlich, „dass viele Staaten den Weg zur vollständigen Dekarbonisierung ihrer Gesellschaften eingeschlagen haben“, wie es Anke Herold vom Öko-Institut beschrieb. Egal, wie viele Lobbyisten dem Gipfel ihre Aufwartungen machten, in Deutschland und der EU läuft die Energiewende ohnehin und durch die CO2-Bepreisung werden sich fossile Energien immer weniger lohnen.

"Das Ergebnis dieser Klimakonferenz ist auch ein Signal an Investoren und Märkte", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Thilo Brodtmann. Das sieht auch Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) so: "Insbesondere das Bekenntnis zum schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz kann deutschen Technologieanbietern weltweit neue Chancen eröffnen."

Mit anderen Worten: Die Industrie hat das Potenzial längst erkannt. Und wenn die Wirtschaft ihre Investitionen in erneuerbare Energien leitet, dann wird die Energiewende auch ohne Klimakonferenz an Fahrt aufnehmen. Denn Wind- und Sonnenenergie wird immer billiger.

Und dann? Ausblick auf das kommende Jahr

2024 wird die COP29 dann in Baku in Aserbaidschan stattfinden – einmal mehr in einem Land, in dem die Menschenrechte nicht viel zählen und in dem Präsident Ilham Alijew seit 20 Jahren wie ein Diktator regiert. Vorher hatte sein Vater die Macht der Familie gefestigt. Und: Aserbaidschan ist wieder ein Öl-Land. Für die Aktivisten wird es schwierig werden, ihren Protest auf die Straße zu bringen, doch das Ergebnis von Dubai hat gezeigt, dass die Politik mittlerweile erkannt hat wie teuer und fatal die Klimakrise ist.

Je mehr Druck von den Ländern kommt, die es ernst meinen mit der Klimakrise und je weiter wir mit unserer Energiewende sind, umso bessere Ergebnisse werden wir erzielen. Irgendwann wird Öl und Kohle verbrennen sich einfach nicht mehr lohnen.

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(osc)