Was sind BECCS und CCS und welche Rolle spielen sie?
Vor der COP28: Wie die EU bis 2050 klimaneutral werden kann - was leistet CO2-Speicherung?
Die EU hat Großes vor: Sie will bis 2050 die Klimaneutralität erlangen und damit der Welt ein leuchtendes Beispiel geben. Während der Umbau auf erneuerbare Energien zwar vorankommt, stagnieren die CO2-Emissionen vor allem im Bereich Verkehr und Landwirtschaft. Ein Forschungsteam hat nun für eine Studie sieben ökonomische Modelle verglichen, die verschiedene CO2-Reduktionspfade für die EU bewerten.
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Das sind CCS und BECCS
Die Wissenschaftler der Studie kommen zu dem Schluss, dass es ohne CO2-Speicherung (CCS) wohl nicht klappen wird. Hoffnung setzen sie auch in BECCS. BECCS bedeutet „Bioenergy with Carbon Capture and Storage“, also die Nutzung von Bioenergie, die zusätzlich Kohlenstoff speichern kann. Laut Studie soll BECCS bei der Transformation in eine klimaneutrale Welt eine wichtige Rolle spielen. Mit der großflächigen Nutzung von BECCS könnte der Energiesektor bis 2050 insgesamt sogar negative Emissionen erzeugen. Damit könnte der Energiesektor die restlichen Emissionen aus den stagnierenden Sektoren wie Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft kompensieren. Das Team hält es daher für sinnvoll, schon bis 2040 mit dem Aufbau von BECCS-Anlagen im großen Maßstab vorzusorgen.
In der Praxis werden zum Beispiel Zuckerrohr oder Mais für “grünen“ Strom verbrannt. Das dabei entstandene Kohlendioxid wird gefangen und unterirdisch gespeichert. Das Problem: Die Biomasse muss möglichst nah an einem Standort für das CO2 sein. Das könnte zum Beispiel in leergepumpte Öl- oder Gasfelder fließen. Und natürlich müssen die Speicher absolut dicht sein – für Jahrhunderte.
Es gibt viele kritische Stimmen

Kann das funktionieren? Da gibt es viel Kritik und Ungewissheiten. Dr. Gunnar Luderer, Leiter der Arbeitsgruppe Energiesysteme vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sieht das durchaus kritisch: „Ich halte die Ergebnisse der Studie für viel zu optimistisch in Bezug auf die mittelfristige Geschwindigkeit, mit der Biomasse und CCS in den Markt gebracht werden können. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass CCS-Projekte ziemlich teuer sind, einen langen Planungsvorlauf brauchen und oft scheitern.“
Auch die Böll-Stiftung und der Weltklimarat sind skeptisch. „In den vom Weltklimarat IPCC betrachteten Szenarien sind nach 2050 durchschnittlich 12 Gigatonnen Kohlenstoffabbau pro Jahr durch BECCS erforderlich, was einem Viertel der derzeitigen globalen Emissionen entspricht. Es scheint jedoch sehr wahrscheinlich, dass BECCS niemals technisch und wirtschaftlich realisierbar sein wird“, heißt es in einem Faktencheck der Böll-Stiftung.
Optimistischer ist Dr. Jochen Linßen: „Die Nutzung von BECCS – effiziente Strom- und Wärmeerzeugung mit nachgeschalteter CO2-Abscheidung, Nutzung oder Speicherung – ist eine kosteneffiziente Maßnahme zur Erreichung von negativen Emissionen. Schwer vermeidbare Treibhausgas-Emissionen in Industrieprozessen und in der Landwirtschaft können so ausgeglichen werden“, so der Abteilungsleiter „Technikbewertung und vernetze Infrastrukturen" am Forschungszentrum Jülich.
Und was ist mit CCS?
CCS bedeutet Carbon Capture and Storage, also die Abscheidung und Speicherung von CO2. Im letzten Sachstandsbericht stellte der Weltklimarat (IPCC) fest, dass selbst bei einer Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030 die Welt zusätzlich auf Technologien zur CO2-Entfernung aus der Atmosphäre angewiesen sei, wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen wollen.
Das CO2, das aus Industrieanlagen oder Kraftwerken kommt, soll dann in bereits ausgebeutete Gas- oder Erdöllagerstätten, in salinen Aquiferen oder in den Meeresuntergrund gepumpt werden. „Problematisch ist vor allem der enorme zusätzliche Energieaufwand für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung. Der Einsatz der CCS-Technik erhöht den Verbrauch der begrenzt verfügbaren fossilen Rohstoffe um bis zu 40 Prozent“, so das Umweltbundesamt in seiner Analyse.
CCS hat Realitätscheck noch nicht bestanden

Was auf dem Papier also ganz gut und einfach aussieht, hat den Realitätscheck noch nicht bestanden. „Technologisch, politisch, und ökonomisch ist nach wie vor umstritten, ob ein weitreichender CCS-Einsatz bis 2030 oder 2040 realistisch ist“, so Dr. Johannes Emmerling vom European Institute on Economics and the Environment (EIEE) in Mailand.
Auch Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln sieht in CCS eher Gefahren als Lösungen: „CO2 Abscheidung und Speicherung für fossile Energien wird als die Lösung propagiert genau wie E-Fuels für Autos oder Wasserstoff für Heizungen oder sogar, dass man in Kohlekraftwerke erneuerbar generiertes Ammoniak mit verfeuert. Das sind alles falsche Lösungen, die im Prinzip nur dafür da sind, dass das Leben der fossilen Energien verlängert wird“, so Höhne.
Die Böll-Stiftung kommt in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass „CCS überwiegend unausgegorene Zukunftsmusik ist und es kaum Belege dafür gibt, dass diese Technologie effektiv ist.“ Sie sei vielmehr kostspielig und technisch anspruchsvoll.
Am besten sei der schnellstmögliche Ausstieg aus den fossilen Energien. Darin sind sich die Exerten einig.
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(osc)