Unser Wald ist ein Patient - und wir verlieren ihn
Waldzustandsbericht: Unser Wald nimmt kein CO2 mehr auf
Der deutsche Wald hilft uns nicht mehr beim Erreichen unserer Klimaziele. Er ist schon so krank, dass er mehr CO2 freisetzt als er bindet. Das ist das traurige Ergebnis des Waldzustandsberichts, den Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) bei der sogenannten Bundeswaldinventur vorstellte. Das kann sich aber wieder ändern, wenn wir den Waldumbau hinkriegen.
Unser Wald wird zum Dauerpatient - nur einer von fünf Bäumen ist gesund
Es geht mehr kaputt als nachwächst
Wegen klimabedingter Schäden gibt der Wald inzwischen mehr Kohlenstoff ab, als er aufnehmen kann. Der Wald sei mittlerweile zu einer „Kohlenstoffquelle“ geworden, sagte Özdemir in Berlin. „Das bedeutet, der Verlust an Biomasse ist durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall größer als der Zuwachs an lebender Biomasse.“
Die Auswirkungen der Klimakrise machten sich ganz real bemerkbar. „Die Folge davon: Der deutsche Wald hilft uns nicht mehr in dem Maße, wie wir es bis dann gewöhnt waren bei der Erreichung unserer Klimaziele“, sagte Özdemir.
Immerhin kommt der Waldumbau voran
Die Untersuchung zeigt aber auch, dass der Umbau hin zu Mischwäldern, die stabiler in einem veränderten Klima sind, vorankommt. Seit der Bundeswaldinventur 2012 hat die
Waldfläche geringfügig um 15.000 Hektar zugenommen. Der Wald in Deutschland hat einen Holzvorrat von 3,7 Milliarden Kubikmeter - der damit auf zehn Jahre gesehen weitgehend unverändert blieb. Die Bundeswaldinventur muss laut Gesetz mindestens alle zehn Jahre stattfinden. Wald bedeckt rund ein Drittel der gesamten Fläche Deutschlands.
Auch global geht die Funktion als Kohlenstoffsenke immer stärker zurück. Deshalb hat die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) auf der Hamburg Sustainability Conference (HSC) für das Entwicklungsministerium eine neue Initiative vorgestellt: Sie nennt sich die WALD-Initiative. Diese hilft dabei, CO2 aus der Atmosphäre zu binden und langfristig zu speichern. WALD steht für "Weltweite Allianz für landschaftsbasierte Dekarbonisierung". Wirksamer Klimaschutz bedeute nicht nur, Emissionen drastisch zu reduzieren, sondern auch, CO2 aus der Atmosphäre zu binden und langfristig zu speichern. Dazu böten sich Wälder, Mangroven oder Moore an.
Auch weltweit sieht es schlecht aus
Weltweit ist im Jahr 2023 laut eines Berichts Wald auf einer Fläche fast so groß wie Lettland zerstört worden. Damit liegt die Welt bei ihren Zielen zum Schutz von Wäldern weit zurück, wie aus dem von Forschungsorganisationen und zivilen Verbänden gemeinsam veröffentlichten Waldzustandsbericht hervorgeht. Die globale Waldzerstörung lag 2023 demnach 45 Prozent über dem Wert, der erforderlich wäre, um die Entwaldung bis 2030 zu beenden. Dazu hatten sich auf der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow mehr als 140 Länder verpflichtet.
Fast 96 Prozent der gesamten Entwaldung habe 2023 in tropischen Regionen stattgefunden. Und fast alle diese Regionen hätten die Ziele für das Jahr verfehlt: Afrika, Asien, Lateinamerika und die Karibik. Vor allem Landwirtschaft, Straßenbau, Brände und kommerzielles Holzfällen trieben die Zerstörung an. Von den tropischen Regionen hätte nur Ozeanien - die Inselstaaten des Pazifiks nördlich und östlich von Australien - sein Jahresziel erreicht.
Die größten Waldflächen seien in Brasilien, Indonesien, Bolivien und der Demokratischen Republik Kongo verloren gegangen. Obwohl Brasilien das Land mit der größten Abholzung weltweit sei, habe es nach der Amtsübernahme von Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva Fortschritte gemacht: Die Entwaldung im brasilianischen Amazonasgebiet ging 2023 im Vergleich zu 2022 um 62 Prozent zurück.
(osc mit dpa)