Umweltschutz und Landwirtschaft Hand in Hand

Paludikultur: Wie die Wiedervernässung der Moore auch der Landwirtschaft helfen kann

von Oliver Scheel

Ohne Moore verfehlen wir unsere Klimaziele, denn sie sind ein gigantischer CO2-Speicher. Durch die Entwässerung der Moore für Landwirtschaft und Bauland setzen wir enorme Mengen CO2 frei. Wenn wir die Moore wieder vernässen, verlangsamen wir die Erderwärmung. Aber die Bauern sind auf die Flächen angewiesen. In diesem Konflikt gibt es eine Lösung: Paludikultur. Dahinter steckt die landwirtschaftliche Nutzung nasser Moorstandorte. Landwirtschaft und Klimaschutz müssen keine Feinde sein.
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Bei der Trockenlegung zersetzt sich Torf - und gibt dann CO2 frei

Von den ursprünglich rund 1,5 Millionen Hektar Moor in Deutschland sind laut Bundesumweltministerium heute nur noch etwa fünf Prozent naturnah. 95 Prozent sind also trockengelegt. Das ist schlecht, denn entwässerte Moore sind unglaublich schlecht für das Klima. Durch die Entwässerung setzen sie Treibhausgase in großen Mengen frei. Wenn auf einem entwässerten Hektar Moor heute Kartoffeln angebaut werden, dann emittiert dieser Hektar pro Jahr 37 Tonnen CO2-Äquivalent. So viel wie ein Auto auf 185.000 Kilometern rauspustet. Wahnsinn.

Weltweit werden durch entwässerte Moore gigantische 1,9 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Das kommt daher, dass der Torf im Boden sich bei der Trockenlegung zersetzt und der darin gespeicherte Kohlenstoff als Kohlendioxid (CO2) und Lachgas entweicht. Die so entstehenden Emissionen machen 7,5 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen aus. Das zeigt, wie wichtig die Wiedervernässung ist, denn dadurch wird der CO2-Ausstoß gestoppt.

Paludikultur - die nasse Landwirtschaft

15.12.2022, Thüringen, Immelborn: Wasserbüffel stehen auf einer neuen Weide im Naturschutzgebiet «Erlensee-Maiwiesen». Die Weideeröffnung ist ein Teil des Abschlusses des ENL-Projektes «Entwicklung von Auenlebensräumen an Saale und Werra» vom Nabu Thüringen in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde Wartburgkreis und dem Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr. Foto: Michael Reichel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Wasserbüffel können mit ihren speziellen klauen Moore beackern.

Paludikultur kommt vom lateinischen „palus“, der Sumpf. Man versteht darunter die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore. Das bekannteste Beispiel dafür ist der Anbau von Schilf für Dachreet. Aber es gibt durchaus noch andere funktionierende Ideen, wie die Moore landwirtschaftlich genutzt werden können. Röhricht dient als Baustoff, Torfmoose können als Torfersatz für Blumendünger genutzt werden. Auch Dämmplatten können aus den Paludi-Produkten hergestellt werden. Die Möglichkeiten sind vielfältig und die Chancen gut, eine große Menge CO2 einzusparen.

Warum sind Moore so wichtig für das Klima?

Moore sind die effektivsten Kohlenstoffspeicher aller Lebensräume an Land. Sie speichern gigantische Mengen Kohlenstoff. Weltweit bedecken sie nur 3 Prozent der Landfläche, binden aber doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde zusammen.

Wofür Moore alles gut sind: Wasserbüffel und Dämmplatten

Landwirte können Moore auch nutzen, um mit Wasserbüffeln zu arbeiten. Denn die können sich wegen ihrer speziellen Klauen im Moor gut bewegen. Bauern können Wasserbüffel zur Landschaftspflege einsetzen oder zur Milch- und Fleischproduktion.

„Wirtschaftlich besonders vielversprechend sind Anbau-Paludikulturen, bei denen Nutzpflanzen wie Torfmoose, Schilf und Rohrkolben angebaut werden“, sagte Dr. Franziska Tanneberger von der Universität Greifswald, die sich auf Moore spezialisiert hat.

Photovoltaik und Moore - das ist ein klimaschützendes Tandem

Das Sonnenlicht scheint am Freitag (16.03.2012) im Pfrunger-Burgweiler Ried bei Ostrach-Burgweiler (Landkreis Sigmaringen) durch das Gehölz. Das Pfrunger-Burgweiler Ried wird durch aufwändige Maßnahmen wiederbewässert und renaturiert, nachdem das Moor in den vergangenen Jahrhunderten für Torfabbau, Tourismus und Landwirtschaft weitgehend entwässert wurde. Foto: Tobias Kleinschmidt dpa/lsw (Zu dpa-lsw "Renaturierung: Land unter im Pfrunger-Burgweiler Ried" vom 17.03.2012)  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Das Pfrunger-Burgweiler Ried wird durch aufwändige Maßnahmen wiederbewässert und renaturiert.

Eine weitere interessante Möglichkeit für Bauern ist die Installation von Solarpaneelen in den Mooren. „Photovoltaik-Anlagen sollten nur auf wiedervernässten Moorböden stehen“, sagt Tanneberger.

„Photovoltaik-Anlagen auf Moorböden können große positive ökologische Effekte erzielen, wenn die Genehmigung von Anlagen konsequent mit einer Wiedervernässung verbunden wird, am besten einer die Größe der Photovoltaik-Anlage deutlich übersteigenden Moorfläche“, analysiert Volker Beckmann von der Uni Greifswald.

„Die Wiedervernässung von entwässerten, derzeit noch landwirtschaftlich genutzten Moorböden ist eine der effizientesten Klimaschutzmaßnahmen in der deutschen Land- und Forstwirtschaft“, sagte Dr. Julia Wiehe vom Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE). Damit sich ein Moor richtig entwickeln kann, braucht der Boden Sonne. „Durch die Bauweise und Modulanordnung – weite Reihenabstände, hohe Aufständerung – können die Bedingungen für diese Entwicklung geschaffen werden.“

Es gibt also viele Möglichkeiten für eine sinnvolle und nachhaltige Nutzung der Moore. Denn ohne Moore erreichen wir unsere Klimaziele nicht.

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(osc)