So ist die Kuh keine Umweltsau

Tierhaltung und Klimaschutz: Wie Kühe trotz Methanausstoß gut für die Natur sein können

von Oliver Scheel

Kühe haben ein schlechtes Image in der Klimakrise, denn sie stoßen große Mengen des klimaschädlichen Gases Methan aus. So hat im Jahr 2022 laut Umweltbundesamt allein die Nutztierhaltung 5,2 Prozent der gesamten CO2-Emissionen ausgemacht. Wie Kühe aber trotzdem gut für die Natur sein können und was die Landwirtschaft dafür tun muss, erklären wir hier.
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In der Kreislaufwirtschaft spielt die Kuh schon eine Rolle

Kühe, Rinder, Ziegen, Schafe und Büffel sind Wiederkäuer. Sie können schwer verdauliches Essen aus dem Magen zurück ins Maul holen und erneut kauen. Dabei entsteht auch das klimaschädliche Gas Methan. (Den vollständigen Text finden Sie nach dem Download der Hires-Vektor-Datei bzw. der Hires-Datei im PDF-Dokument.) Bei einer Kuh läuft dieser Prozess wie folgt ab: Zunächst schluckt die Kuh die Nahrung mit Speichel hinunter. Sie landet im Pansen. Nach einer Zeit holt die Kuh es durch den Netzmagen wieder ins Maul und kaut es erneut. Erst danach wird es weiter verarbeitet. Doch was passiert zuvor mit dem Futter? Um die Nährstoffe zu nutzen, muss die Nahrung von Mikroben zersetzt und fermentiert werden. Mikroben sind beispielsweise Bakterien, Pilze und Urbakterien, sogenannte Archaeen. Durch sie gärt die Nahrung im Magen der Kuh. Dabei wird Zucker freigesetzt und daraus werden kurzkettige Fettsäuren (Azetat, Propionat, Butyrat) produziert. Diese wiederum werden in Energie umgewandelt und in den Körper abgegeben. Die Energie wird unter anderem zur Milchproduktion genutzt. Gleichzeitig produzieren die Mikroben bei der Gärung Gase, unter anderem Wasserstoff (H2) und Kohlenstoffdioxid (CO2). Aus diesen Gasen entsteht durch eine chemische Reaktion Methan (CH4). Wenn der Druck durch die Gase im Inneren der Kuh zu groß wird, stößt die Kuh das Methan aus. Zu 95 Prozent geschieht das durch Rülpsen, zu fünf Prozent durch Blähungen. Grafik: Athanassios Zafirlis, Redaktion: Ginette Haußmann, Datenerhebung: unregelmäßig
Wie macht die Kuh Methan?

„Da machen wir tatsächlich Miese mit“, erzählt die Landwirtin Shannon Siffrin über die Kuhhaltung auf ihrem Demeter-Bauernhof in NRW. Der Milchpreis ist zu niedrig, die Energiekosten zu hoch. Sie brauchen aber den Kuhmist, „Wenn man Rinder hält, hat man Gras – und Weideland. Gras speichert CO2 und liefert Humus. Und Humus ist im Endeffekt gespeicherter Kohlenstoff“, sagt die Landwirtin.

So können Kühe also auf der Weide zu mehr Biodiversität und besseren Böden beitragen – wenn es nicht zu viele sind. Siffrins Hof funktioniert nur in der Kreislaufwirtschaft, also im Zusammenspiel mit anderen Tieren. So leben die Hühner des Hofes in mobilen Wagen. „Wenn sie da alles abgefressen haben, kommen sie auf von den Kühen frisch gedüngten Wiesen und finden in den Kuhfladen auch jede Menge Insekten“, so Siffrin. So helfen die Kühe, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes das Feld für die Hühner bestellen. Dem Klima ist aber nur bei einer reduzierten Anzahl an Tieren geholfen.

Die Zahl der Tiere muss verringert werden

31.10.2022, Hessen, Nieder Erlenbach: Kühe stehen auf einer Weide in der Wetterau. Neben ihrem Nutzen in der Landwirtschaft werden Kühe wegen des von ihnen erzeugten Methans von Klimaschützern auch kritisch gesehen. Foto: Boris Roessler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ist die Kuh eine Umweltsau? Es kommt drauf an, wie und wie viele Kühe gehalten werden.

In Deutschland leben derzeit mehr als 200 Millionen Nutztiere. Laut Experten ist nur etwa die Hälfte davon vertretbar für unser Klima.

Was aber bedeutet es, wenn es weniger Tiere gibt? Tierwohl kostet Geld, das ist unbestritten. Je besser es den Tieren geht, umso teurer werden die Produkte. Das muss aber gar kein Problem sein: „Denn das können wir dadurch auffangen, dass wir einfach etwas weniger konsumieren“, sagt Agrarwissenschaftler Harald Grethe. Weniger Tiere bedeutet weniger Belastung für das Klima.

Weniger Tieren mehr Platz geben

Mehr Platz für die Tiere bedeutet mehr Tierwohl und weniger Belastung für die Natur. Die Bauern sollen Hilfen erhalten, damit sie nicht am Ende die Zeche für das Tierwohl zahlen. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat nun für den Beginn eine Milliarde Euro für den Stallumbau der Schweinebauern bewilligt.

„Auch mein Gemüse braucht Tiere, das gehört zur Kreislaufwirtschaft dazu“, sagt Özdemir im Interview mit dem Klima Update. „Weniger Tieren mehr Platz geben, das ist mein Beitrag. Die Bauern bekommen Geld, wenn sie sich für bessere Haltungsform entscheiden.“

Und weniger Tiere bedeutet auch weniger Nitrat im Boden, denn die Gülle muss ja irgendwo hin und unsere Böden sind größtenteils überdüngt. Weniger Nitrat im Boden hilft zum Beispiel unserem Trinkwasser.

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(osc)