Extremwetter wohl auch im neuen Jahr ein großes Thema

Historisch starkes El Niño wird bis weit ins Jahr 2024 hineinwirken

von Laura Kranich

Das derzeitige El-Niño-Phänomen im Pazifik steht wohl kurz vor seinem Höhepunkt. Laut Wissenschaftlern dürfte es in Kürze ein historisch starkes El Niño werden und noch über Monate anhalten. Was bedeutet das für das weltweite Wetter im Jahr 2024?
42-Tage-Trend: Wie geht es weiter mit dem Winter 2023/2024

Prognosen sagen sehr starkes El Niño in den kommenden zwei Monaten voraus

Meeresoberflächentemperatur-Abweichungen am 17.12.2023
Das typische El-Nino-Muster der Meeresoberflächentemperatur-Abweichungen im östlichen tropischen Pazifik am 17.12.2023: Ein riesiges Gebiet mit sehr warmen Ozeantemperaturen erstreckt sich von Mittel- und Südamerika tausende Kilometer nach Westen.

Bereits seit Monaten entwickelt sich ein starkes El Niño im tropischen Pazifik. Neueste Prognosen des US-amerikanischen NOAA Climate Prediction Center (CPC) besagen, dass es in den kommenden zwei Monaten wahrscheinlich sogar die Schwelle zu einem sehr starken bzw. historischen El Niño überschreiten wird. Wahrscheinlich wird es auch noch bis weit in die erste Hälfte des kommenden Jahres anhalten.

Wegen der großen Fläche des betroffenen Gebietes und seiner Stärke kann El Niño großen Einfluss auf das weltweite Wetter auch im kommenden Jahr haben. Zwar fällt das diesjährige El-Niño-Ereignis nicht ganz so stark aus wie die fünf bisher stärksten, etwa das letzte sogenannte Super-El-Niño im Jahr 2015/2016. Dennoch ist es schon jetzt eines der stärkeren El Niños und hatte in den vergangenen Monaten bereits große Auswirkungen auf das globale Wetter, etwa im Amazonas-Gebiet.

Globaler Einfluss auf die Wettersysteme

jetstream
Der Jetstream ist ein Starkwindband in etwa 5-10 Kilometer Höhe, das die Lage von Hochs und Tiefs entscheidend beeinflussen kann.

Auf der Nordhalbkugel beeinflusst El Niño u.a. die Lage des Jetstreams über dem Pazifik und Nordamerika und so auch das Wetter in Europa. Für die USA bedeutet das oftmals stürmischere und vor allem im Südosten kühlere und nassere Zeiten, mit teils heftigen Wintereinbrüchen. Aber auch bis zu uns streckt El Niño seine Fühler aus. Die zahlreichen Stürme im Herbst, die vor allem Westeuropa trafen, waren auch eine Folge des starken und von den USA ausgehend weit südlich gelegenen Jetstreams. Auch wird die Atmosphäre durch die hohen Ozeantemperaturen mit mehr Feuchte angereichert: Stärkere Niederschläge und Hochwasserereignisse werden wahrscheinlicher.

2024 könnte das wärmste Jahr aller Zeiten werden

Zeitreihen der monatlichen globalen Temperaturabweichungen: 2023 ist seit Juni mit Abstand das wärmste Jahr aller Zeiten.
2023 schickt sich an das wärmste Jahr aller Zeiten zu werden - und 2024 könnte sogar noch wärmer werden.

Außerdem spielt El Niño eine entscheidende Rolle für die enormen globalen Temperaturabweichungen der vergangenen Monate. Die wärmsten Jahre der Vergangenheit waren so gut wie immer El-Niño-Jahre und auch in Zeiten der sich beschleunigenden globalen Erwärmung wird das wohl weiter so bleiben. 2024 dürfte darum global mit hoher Wahrscheinlichkeit eines der wärmsten oder sogar das wärmste Jahr aller Zeiten werden, mit allem, was dazu gehört: Dürren, Starkregenereignisse und heftige Stürme. Dabei war 2023 schon ein absolutes Rekordjahr!

Lage im Amazonas weiterhin dramatisch – bringt El Niño ihn zum Kippen?

ARCHIV - 05.10.2023, Brasilien, Manaus: Joaquim Mendes da Silva  geht mit seinem Hund auf dem trockenen Bett des Puraquequara-Sees spazieren. Er sagte, diese Dürre sei die schlimmste, an die er sich erinnern könne. Foto: Edmar Barros/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
05.10.2023, Brasilien, Manaus: Joaquim Mendes da Silva geht mit seinem Hund auf dem trockenen Bett des Puraquequara-Sees spazieren. Er sagte, diese Dürre sei die schlimmste, an die er sich erinnern könne.

Kalendarisch hat die Regenzeit im Amazonasbecken eigentlich längst begonnen. Doch hält dort die vor allem durch El Niño ausgelöste sowie durch Erderwärmung und Entwaldung verstärkte Dürre auch im Dezember weiter an. Dabei konnte die Entwaldung in den letzten Monaten durch die verstärkten Maßnahmen zum Schutz des Regenwaldes unter Präsident Lula da Silva um ca. 60% reduziert werden. Die Verzögerung der Regenzeit durch El Niño setzt dem Amazonas-Regenwald wie auch dem gleichnamigen Fluss aber stark zu. Womöglich nähert sich der Regenwald bereits einem Kipp-Punkt bei dessen Überschreitung große Teile des Waldes sich durch Austrocknung unaufhaltsam in eine savannenartige Landschaft verwandeln könnten.

In Europa sind andere Einflussfaktoren meist wichtiger

Meerestemperaturabweichungen im Nordatlantik am 13.11.2023
Ozeantemperatur-Abweichungen am 13.11.2023 in Nordatlantik: Eine Kälteanomalie entwickelte sich im zentralen Nordatlantik, die noch immer Bestand hat und unser Wetter maßgeblich beeinflusst.

Bei uns gibt es für den restlichen Winter und bis ins Frühjahr durch El Niño eine gewisse Tendenz zu mehr Sturmtiefs, die vom Nordatlantik nach Mitteleuropa ziehen. Allerdings gibt es auch noch andere, zum Teil wichtigere Einflussfaktoren, die El Niño hierzulande wieder einen Strich durch die Rechnung machen können. Für den europäischen Winter spielen auch die Temperatur- und Druckverhältnisse im Nordatlantik eine entscheidende Rolle sowie die Ausgangslage in Skandinavien und im Mittelmeerraum.

Im Nordatlantik hat sich in den letzten Wochen eine deutliche Kälteanomalie entwickelt, die den Sturmtiefs etwas die Luft abdrehte und für mehr Hochdrucklagen über dem Nordatlantik und in Westeuropa sorgte. Der Jetstream und die atlantischen Tiefs wurden auf nördlichere Zugbahnen gelenkt, trafen öfter Skandinavien und beförderten rückseitig häufiger die skandinavische Kaltluft aus Norden zu uns. Zwar stellt sich diese Situation noch nicht grundlegend wieder um, doch die Lage der derzeit teils rekordverdächtigen atlantischen Hochs hat sich inzwischen etwas verändert, sodass die Tiefs über Skandinavien wieder etwas südlicher ziehen. So gerät auch Deutschland wieder vermehrt in ihren Einflussbereich.

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(ukr)