Übler Gestank breitet sich aus

Permafrost auf Spitzbergen taut schneller als je zuvor

von Laura Kranich

Der sich am schnellsten erwärmende Ort der Welt liegt in Europa und zwar an seinem nördlichen Ende: Auf der Inselgruppe Spitzbergen oder norwegisch Svalbard. Bis zu vier Grad pro Jahrzehnt erwärmt sich dort vor allem im Herbst das Land, mit schlimmen Folgen für den dortigen Permafrost.

Hotspot der Klimakrise: Nirgendwo wird es schneller wärmer

Im Sommer 2023 wurden auf Spitzbergen wieder einmal die höchsten Durchschnittstemperaturen seit Aufzeichnungsbeginn gemessen. Eine monatliche Durchschnittstemperatur von 8,4 Grad ermittelte im August die Wetterstation am Flughafen von Spitzbergen. Das ist laut dem norwegischen meteorologischen Institut immerhin 2,4 Grad über dem langjährigen Mittel von 1991-2000.

Klimaforscher beobachten Tauen des Permafrostes

Ketil Isaksen, Klimaforscher beim norwegischen meteorologischen Institut äußert sich in einer aktuellen Pressemitteilung des Instituts zutiefst besorgt über das zunehmende Tempo der Permafrost-Schmelze auf Spitzbergen.

Seit 25 Jahren wird in Spitzbergen der Permafrost genau beobachtet. Die obersten ein bis zwei Meter des Bodens tauen dabei in jedem Sommer auf, aber die Dicke der Schicht, die auftaut, wird seit Jahren immer größer. Heute tauen im Sommer im Schnitt etwa 25 Zentimeter mehr auf als noch vor 25 Jahren.

Neue Rekorde - Schmelzender Permafrostboden setzt Methan frei

Diese tauende Schicht wird auch als „aktive Schicht“ bezeichnet, denn in ihr können Mikroorganismen aktiv werden, die organisches Material zersetzen und so zusätzliche Treibhausgase wie das berüchtigte Methan produzieren. Methan ist ein besonders starkes Treibhausgas und hat eine etwa 80-mal so starke Klimawirkung wie CO2, die Atmosphäre enthält dafür wesentlich weniger Methan als Kohlendioxid.

Das wird sich zwar so schnell auch nicht ändern, trotzdem sind die aktuellen Entwicklungen sehr problematisch. In diesem Sommer wurden laut meteorologischem Institut erneut neue Rekorde bei der Permafrost-Schmelze auf Spitzbergen gemessen. Isaksen berichtet, dass noch nie eine so dicke aktive Schicht wie in diesem Jahr aufgezeichnet wurde. Und sogar noch in zehn Metern Tiefe ist die Bodentemperatur in den letzten 25 Jahren um ganze zwei Grad angestiegen.

Mögliche Erklärung für starken Methan-Anstieg in den letzten Jahren

Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass die Methankonzentration in der Atmosphäre wieder stark zunimmt, nachdem sie sich Anfang der 2000er Jahre zu stabilisieren schien. Eine abschließende Erklärung dafür konnte noch nicht mit Sicherheit gefunden werden. Die Klimaforscher aus Norwegen berichten, dass es schwierig ist, herauszufinden, wie viele Treibhausgase der Permafrost wirklich freisetzt. Es ist also nicht auszuschließen, dass er zumindest eine Mitschuld für den neuerlichen Methan-Anstieg trägt.

Schlammlawinen, Muren, Bergstürze – der Permafrost hält unsere Berge zusammen

Dabei hat der tauende Permafrost durch das freigesetzte Methan nicht nur eine gefährliche Wirkung auf das sich ohnehin stark erwärmende Weltklima. Das gefrorene Wasser im Boden hält diesen oft auch an Ort und Stelle. Schmilzt es durch die zunehmenden Hitzewellen, können Schlamm- und Gerölllawinen entstehen, zum Teil sogar ganze Berghänge abbrechen, wie es erst Mitte Juni 2023 in Tirol geschah. Damals brach gleich ein ganzer Berggipfel am Fluchthorn-Massiv bei Galtür weg und laut der Tiroler Landesregierung rauschten dabei eine Million Kubikmeter Gestein ins Tal.

Erst kürzlich gab es erneut Allzeitrekorde für die höchsten Nullgradgrenzen in den Schweizer Alpen, was nicht nur den alpinen Gletschern, sondern auch dem Permafrost arg zusetzt. Es ist also zu erwarten, dass es durch die Erderwärmung in Zukunft häufiger zu größeren Gebirgsstürzen kommen wird – in Norwegen genauso wie in den Alpen.

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(ukr)