Pro und Contra und Lehren aus der Geschichte
Abwrackprämie für alte Heizungen: Schnapsidee oder Turbo für die Erneuerbaren Energien?
von Oliver Scheel
Zuletzt machte das Wort einer Abwrackprämie wieder die Runde. Diesmal soll es nicht um unsere alten Autos gehen, sondern um die Heizungen. Hintergrund ist das Theater um den Gesetzentwurf, schon ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Was bringt eine Abwrackprämie für Heizkessel? Populistische Schnapsidee oder kluges Mittel auf dem Weg in die Klimaneutralität?
Abkehr von fossilen Energien muss her

Der Gebäudesektor in Deutschland ist stark abhängig von fossilen Energien. Daher müssen wir schnell und konsequent auf erneuerbare Heizungen umstellen, da wir sonst die Klimaschutzverpflichtung der Bundesregierung verfehlen und es wohl nicht schaffen, bis 2045 klimaneutral zu werden. Kann eine Abwrackprämie wie 2009 beim Auto da hilfreich sein? „Wir stehen dem erstmal offen gegenüber, fänden das positiv“, sagte eine Sprecherin des SPD-geführten Bundesbauministeriums.
Bezahlt werden könnte die Abwrackprämie für die alten Heizkessel aus dem Klima- und Transformationsfonds, in den Erlöse unter anderem aus dem Emissionshandel einfließen. Aber ist eine solche Abwrackprämie überhaupt eine gute Idee?
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Positive Aspekte einer solchen Prämie

Eine Prämie ist immer ein Anreiz, etwas Neues anzuschaffen. Und schließlich spart die neue Heizung ja perspektivisch jede Menge Geld. Denn die alten Öl- und Gasheizungen werden selbst bei einem sofortigen Ende des Ukraine-Krieges nicht wieder günstig. Denn die gesetzlich geregelte CO2-Bepreisung wird dafür sorgen, dass fossile Energien unökonomisch werden – unökologisch sind sie sowieso. Viele Menschen, die sich noch nicht eingehend mit der Materie befasst haben, könnten also bei einer solchen Prämie zugreifen.
Darüberhinaus würde der Dampf aus dieser Diskussion abgelassen werden. Die Debatte über den an die Bild-Zeitung durchgesteckten Referentenentwurf (mehr war es ja nicht) war sehr aufgeheizt und oft fernab von vernünftigen Argumentationen. Um ein Verbot ging es tatsächlich auch nie, die anvisierten Regelungen sehen zahllose Ausnahmen vor und sind ja auch weiterhin verhandelbar. Mit der Prämie würde gegebenenfalls wieder eine sachliche Ebene erreicht werden.
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Darum macht eine Abwrackprämie keinen Sinn
Die Argumente gegen eine Abwrackprämie überwiegen aber bei weitem. Dabei hilft auch ein Blick in die Geschichte. Denn die Abwrackprämie für alte Autos, die 2009 im Zuge der Finanzkrise ins Leben gerufen wurde, wurde zu einer verheerenden und extrem teuren Konjunkturspritze. 5 Milliarden Euro ließ der Staat sich den Spaß kosten, die Verkaufszahl schoss in die Höhe. Statt durchschnittlich 3,3 Millionen Autos wurden 3,8 Mio. verkauft. Doch dann kam der Katzenjammer: Im Jahr 2010 brach der Absatz auf 2,9 Millionen ein, viele Deutsche hatten den Autokauf einfach vorgezogen. Noch jahrelang knabberten die Autohersteller an diesem Rabattjahr. Laut einer Studie des Centers für Automobilmanagement an der Universität Duisburg-Essen (CAMA) wurde nämlich die Preisstruktur beschädigt. Die Verbraucher hatten sich schlichtweg schnell an den günstigen Preis gewöhnt.
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Deshalb ist die Heizungsindustrie gegen eine solche Maßnahme: „Eine Abwrackprämie würde einen kurzfristigen Boom auslösen, der dann nach Ablauf der Prämie ebenso schnell wieder abflacht. Auch mit Blick auf knappe Kapazitäten im Handwerk ist dies problematisch“, sagte Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), dem Handelsblatt. Eine langfristige Förderung wäre da wesentlich sinnvoller.
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Habeck: Faktisch gibt es die Abwrackprämie ja bereits
Hinzu kommt, dass wir ja ohnehin unter einem Fachkräftemangel zu leiden haben. Das heißt, wenn jetzt Hunderttausende Deutsche eine neue Heizung bestellen, dann fehlen die Handwerker, sie auch einzubauen, bzw. es gibt eine ewige Warterei auf den Termin.
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Wohl auch deshalb sagte Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck, eine Art Abwrackprämie gebe es ja schon. Damit meint der Grüne die bereits bestehende Förderung, die ja nicht gerade gering ist: 40 Prozent der Investitionskosten werden beim Einbau einer Wärmepumpe oder eines Austauschs bezuschusst.
Dass es sich hierbei um eine einkommensunabhängige, pauschale Zahlung handelt, zeigt ein weiteres Problem einer solchen Abwrackprämie. Denn einmal mehr kommt hier das Gießkannenprinzip zum Einsatz. Millionäre bekommen die gleiche Prämie wie Geringverdiener – das ist sozial unausgewogen.
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(osc)