Alte Zechen helfen Klima

Grubenwasser: Die smarte Lösung zum Heizen und Kühlen

von Arne Draheim

Sowohl das Heizen als auch das Kühlen von Gebäuden verbraucht in Deutschland jede Menge Energie. In Bochum wird nun umgedacht: Aus Hinterlassenschaften einer schadstoffreichen Ära werden nahezu klimaneutrale Potenziale gewonnen – durch kontaminiertes Wasser.

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Ungeahnte Potenziale nach Kohleabbau-Stop

Seit Ende 2018 stehen deutschlandweit die Förderbänder still. Steinkohle wird seither nicht mehr abgebaut. Und mit dem fossilen Brennstoff endet in der Bundesrepublik nach und nach eine Ära –mit vielen unbrauchbaren Hinterlassenschaften. Grubenwasser ist eine davon – bis jetzt.

Die Flüssigkeit ist zwar nicht zu verharmlosen – allerdings birgt sie auch bislang ungeahnte Potenziale. In Bochum nutzt man das kontaminierte Wasser aus den Tiefen eines ehemaligen Steinkohlekraftwerks einfach kurzerhand zum Heizen und Kühlen des umliegenden Gewerbegebietes.

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Eine Gefahr fürs Trinkwasser, ein Segen fürs Heizen

Grubenwasser wird zur Kühlung genutzt
Über mehrere Pumpen wird das Grubenwasser aus der Tiefe gewonnen. Mittlerweile gibt es mehrere Geothermieanlagen in Deutschland, wie hier in Zwickau.

Das Risiko, das von der Flüssigkeit ausgeht, ist nicht zu unterschätzen. Denn das Grubenwasser ist eine Gefahr für das Trinkwasser, das sich normalerweise in den alten Stollen ansammeln würde. Während das Regenwasser durch verschiedenste Bodenschichten sickert, wäscht es Salze und Mineralien aus den Gesteinsschichten. Schnell kann der Salzgehalt dieses Wasser so hoch sein, dass es sich auf gar keinen Fall mit dem Trinkwasser vermischen sollte. Hinzu kommen Chemikalien, die sich in der knapp 200-jährigen Bergbaugeschichte untertage angesammelt haben.

Doch Grubenwasser birgt auch ungeahnte Potenziale – insbesondere dann, wenn es um das Heizen oder Kühlen von Gebäuden geht. Denn seit der Stilllegung der Fördergruben müssen diese ausgepumpt werden. Eine Ewigkeitsaufgabe. Doch das Wasser einfach zu entsorgen, wäre zu schade: Tiefenwasser wird aus rund 800 Metern mit einer Temperatur von circa 30 Grad gefördert und über Wärmepumpen auf heiztaugliche 48 Grad erwärmt. Es geht allerdings auch ohne zusätzliche Wärmezugabe. Hierfür wird 17 Grad kaltes Grubenwasser aus rund 300 Meter Tiefe für die Kühlung genutzt.

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Grubenwasser: Ganzjährige Temperaturen zwischen 20 bis 30 Grad

Ein Luftbild des Gewerbeparks Zeche Robert Müser
Zwischen 70 bis 75 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs des gesamten Gewerbeparks können künftig durch Grubenwasser generiert werden.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Grubenwasser in umliegende Flüsse und Seen geleitet. Das ist nicht nur schlecht für die Natur, Energie-Potenziale blieben obendrein ungenutzt. In Bochum hat man deshalb eine andere Lösung gefunden. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Etwa 70 bis 75 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs der neu angesiedelten Unternehmen und Forschungseinrichtungen können somit gedeckt werden.

Ein weiterer Vorteil: Da das Grubenwasser ganzjährig Temperaturen zwischen 20 bis 30 Grad erreicht, stellt es eine regenerative Energiequelle dar. Für die anschließende Wärmeaufbereitung können zudem klimaschädliche Treibhausgase eingespart werden.

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Geringerer CO2-Ausstoß dank Geothermie

Verteilung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in Deutschland nach Energieträger im Jahr 2022
Bislang fristete Geothermie bei der bundesweiten Verteilung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ein Nischen-Dasein: Besonders in ehemaligen Tagebauregionen soll sich das nun ändern.

Ganz ohne CO2-Ausstoß funktioniert auch das Heizen über Grubenwasser nicht. Allerdings kann die Technologie schon jetzt als Baustein eines ganzheitlichen Versorgungskonzeptes angesehen werden. Zum Vergleich: Für die koventionelle Wärmeerzeugung aus Erdgas fallen circa 220 Gramm CO2 pro Kilowattstunde an. Am Beispiel des Bochumer Systems zeigt sich das Emissions-Einsparpotenzial: Allein bei der Wärmeerzeugung sinkt der CO2-Ausstoß auf knapp 140 Gramm pro Kilowattstunde, heißt es seitens der Bochumer Stadtwerke.

Manchmal lohnt sich eben ein Blick in die Tiefe: Denn die Geothermie spielt in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der angestrebten Klimaneutralität.

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(rdr)