Welche Rolle die Industrie beim Wasserverbrauch spielt
Trockenheit in Europa: Das Wasser wird knapp

Trockenheits-Alarm auf Zypern, leere Stauseen in der Türkei, Wasser-Engpass in England. Auch bei uns in Deutschland wird Wasser und die dauerhafte Verfügbarkeit mehr und mehr zum Thema. Eine wichtige Rolle bei der Trinkwassersicherheit spielt auch die Industrie:
Bäume sind im Trockenstress
Viele von euch werden es selbst schon bemerkt haben: Die Bäume werfen ihr Laub ab. Im August! Sie leiden unter Trockenstress. Besonders junge Bäume kommen mit dem Wasserangebot derzeit nicht gut klar. Aber auch ältere Bäume schalten in den Herbst-Modus. Sie reduzieren die Photosynthese, verlangsamen ihr Wachstum. Im schlimmsten Fall sterben sie ab. Stadtbäume haben es in trockenen Zeiten besonders schwer wegen des verdichteten Bodens.
Dass das Wasser fehlt, sehen wir auch an unseren Stauseen. Der Edersee in Nordhessen hat nur noch einen Füllstand von 17 Prozent. Das Wasser steht momentan auf 221 Metern Seehöhe, das sind 13 Meter weniger als im langjährigen Mittel. Der See ist wichtig für die Schifffahrt auf der Weser, denn er stellt die Wasserversorgung des Flusses und des Mittellandkanals sicher. Nun kann der See kaum mehr Wasser abgeben.

Wasser-Probleme in ganz Europa
Rund um das Mittelmeer ist dieser Sommer brandheiß und trocken. Viele Touristen-Regionen müssen mit der Wassernot leben. Spanien kämpft gegen die schwersten Waldbrände der Geschichte, auf Mallorca ist im Inselinneren der Dürrealarm ausgerufen worden. Laut Behörden herrscht auf fast dem gesamten Archipel Wasserknappheit. Nicht anders in Frankreich. Vor allem im touristischen Süden gibt es Restriktionen bei der Wassernutzung.
In Griechenland verzeichnen die Stauseen historische Tiefststände. Rund um die Hauptstadt Athen sind die Reserven im Vergleich zu 2022 um 50 Prozent zurückgegangen. In der Türkei wird vor allem in den Touristenregionen an der Ägäis immer wieder das Wasser abgestellt. Die Millionenmetropole Izmir etwa reduziert die Wasserversorgung bis Ende August stundenweise, weil die Pegelstände der Staudämme immer weiter sinken. Auch der Urlaubsort Bodrum stellt immer wieder das Wasser ab. In den Urlaubsregionen kommt hinzu, dass die Zahl der Menschen, die mit Trinkwasser versorgt werden müssen, im Sommer um ein Vielfaches anwächst. Dazu erlebte die Türkei den heißesten Sommer seit 55 Jahren. Die Menschen sollen viel trinken, aber das Wasser wird immer weniger.

England verzeichnet aktuell das trockenste Halbjahr seit 1976. Die Wissenschaft warnt seit langem, dass der Klimawandel Dürreperioden verschärfe. In Serbien, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn und Rumänien verbieten Gemeinden immer wieder das Bewässern von Gärten, das Befüllen von Pools und das Waschen von Autos. Es ist einfach überall zu trocken. Im Süden, wo dieser Sommer besonders heiß ist, kommt die hohe Verdunstung noch dazu. Denn je wärmer es ist, umso mehr Wasser verdunstet.
Reden wir über die Industrie
Wenn wir über Wasser reden, müssen wir auch über die Industrie reden. Denn die ist der größte Wasserverbraucher. Privatleute sollen sparen, die Industrie bedient sich. Großunternehmen wie RWE und BASF sind wahre Wasservernichter. Laut der Böll-Stiftung schluckt RWE rund 500 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr wegen der Tagebaue. Niemand in NRW verbraucht mehr Wasser. 500 Millionen Kubikmeter, das ist etwa so viel wie elf Millionen Bürger zusammen verbrauchen. Der Wasserverbrauch einer Einzelperson in Deutschland wird mit ungefähr 44 Kubikmetern angegeben - das sind gut 120 Liter am Tag.

BASF treibt es noch schlimmer als RWE: Das Unternehmen entnimmt laut Recherchen des Netzwerks Correctiv mehr Wasser als jede andere Firma in Deutschland. „Um Lacke, Düngemittel und Kunststoffe herzustellen, erhitzt der Chemiekonzern Rohstoffe, um sie anschließend mit Wasser abzukühlen. Durch die Anlagen des BASF-Werks in Ludwigshafen fließen pro Jahr zum Beispiel 20 Millionen Kubikmeter Grundwasser sowie rund 1,2 Milliarden Kubikmeter Wasser aus dem Rhein”, schreibt die Böll-Stiftung in ihrem ‘Wasseratlas’.
„Klimaschädliche Industrie- und Energiekonzerne wie RWE, LEAG oder BASF verbrauchen zusammen fast viermal so viel Wasser wie alle Bürgerinnen und Bürger zusammen. Warum dürfen fossile Konzerne mitten in der Dürre ungehindert Milliarden Liter Trinkwasser aus Flüssen und Grundwasserspeichern abpumpen, während für Privatverbraucher Bewässerungsverbote verhängt werden”, fragt Alex Wernke, Wasseraktivist beim Klimakollektiv. Er fordert mehr Fairness und Mitbestimmung: „Wer große Mengen unseres wertvollen Wassers nutzt, muss auch mehr zahlen und einsparen.”
Bei der Debatte um die Energiewende muss Wasser mitbedacht werden
In Tagebauen werden Unmengen an Grundwasser abgepumpt, um die Braunkohle sozusagen trockenzulegen. Das hat massive Auswirkungen auf den Grundwasserstand. Allein in der Lausitz wird das bergbaubedingte Grundwasserdefizit auf 6 Milliarden Kubikmeter geschätzt. „Das ist mehr, als die öffentlichen Wasserversorger in Deutschland pro Jahr fördern”, so die Böll-Stiftung. Deshalb ist Kohleverstromung doppelt schlecht: Es werden enorme Mengen an CO2 in die Luft geblasen und es geht unserem Grundwasser an den Kragen.
Wegen fehlender Sommer-Niederschläge und höherer Temperaturen kann Wasser auch nicht mehr wie früher zur Kühlung genutzt werden. In Frankreich und der Schweiz mussten Reaktoren von Atomkraftwerken abgeschaltet werden, weil das Kühlwasser zu warm oder zu wenig war. Die zunehmend hohen Temperaturen im Meer fördern Algenwachstum und die Ausbreitung von Quallen. Beim größten AKW Frankreichs, Gravelines in der Normandie, mussten vier Reaktoren abgestellt werden, weil ein Quallenschwarm die Filter der Kühlsysteme verstopfte. Auch Algen waren schon ursächlich für die Störung der Kühlsysteme von Atomkraftwerken.
Das alles zeigt: Nur der Ausbau der erneuerbaren Energien hilft uns im Kampf gegen die vielfältigen Probleme, die die Erderwärmung mit sich bringt. Und: Wir müssen das Wasser in der Landschaft halten. Dafür müsste es im Boden versickern. Und damit das in ausreichendem Maße geschieht, müssen wir große Flächen entsiegeln und die Moore wieder vernässen..