Erdgasspeicher so leer wie lange nicht

Droht uns im Winter eine Gas-Knappheit?

von Oliver Scheel

Gasspeicher mit ihrer typischen runden Form stehen in Industrieanlagen in Köln Godorf. Die Umgebung ist geprägt von Stro
Die Gasspeicher sind nicht so voll wie sonst. Ein Problem? Eher nicht, sagen die Experten und erklären auch warum. Sollte der Winter allerdings hart werden, könnte das zu Problemen führen:

Der Winter ist nicht mehr weit - die Heizsaison läuft. Doch ein Blick auf den aktuellen Füllstand unserer Gasspeicher treibt einigen die Falten auf die Stirn. Nur 2021, kurz vor dem Ukrainekrieg, waren die Gasspeicher Anfang Oktober leerer als dieses Jahr. Droht also eine Knappheit? Müssen wir sparen und vor allem: Wird das Heizen dann wieder teuer werden?

Bedenklich niedrige Füllstände

Den aktuellen Füllstand zeigt die schwarze Linie.
Den aktuellen Füllstand zeigt die schwarze Linie.

Unsere Gasspeicher sind nicht wirklich gut gefüllt. Momentan weist der Füllstand den zweitniedrigsten Stand seit 2011 auf. Normalerweise sollten die Speicher jetzt so langsam voll sein - die Füllstände liegen aber derzeit nur bei etwa 76 Prozent und damit unter dem EU-Durchschnitt. Das alles aber ist kein großer Grund zur Beunruhigung, denn im Vergleich zu den Jahren vor dem Ukrainekrieg haben sich einige Rahmenbedingungen geändert.

Deutschland verfügt heute über vier Flüssigerdgasterminals in Brunsbüttel, zweimal Wilhelmshaven und Mukran. So kann während der Wintermonate weiterhin Erdgas geliefert werden. Woher das dann kommt, ist eine andere Frage. Russisches Flüssiggas wird aber definitiv dabei sein.

Versorgungssituation ist stabil

Aber droht nun eine Knappheit? Die wäre ja mit steigenden Kosten verbunden. „Ich halte Speicherfüllstände von 70 bis 80 Prozent Anfang Oktober erstmal nicht für beunruhigend, da wir in Europa – und auch in Deutschland – einen Großteil unserer Nachfrage jederzeit und auch im Winter aus Importen aus verschiedenen Quellen bedienen und nur zum Teil aus den Speichern”, sagt Franziska Holz vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. „Bei den Importen, insbesondere aus Norwegen und in Form von Flüssigerdgas (LNG), kann ich für die nächsten Monate keine Einschränkungen absehen, die die Erdgasversorgung gefährden würden.“

Das klingt ja erstmal beruhigend. Und Deutschland verfügt über verhältnismäßig große Gasspeicher. Laut Holz, die stellvertretende Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt beim DIW ist, haben wir Kapazitäten von 25 Prozent des gesamten Jahresverbrauchs. Deshalb, so schlussfolgert Jochen Linßen vom Forschungszentrum in Jülich, könne die Versorgungssituation als „stabil angesehen werden”. Die Pipeline-Importe aus Norwegen, Niederlande und Belgien seien ebenfalls stabil.

Besser wäre, sich vom Gas zu verabschieden

Linßen gießt aber etwas Wasser in den Wein und schränkt ein: „Die derzeit stabile Gasversorgungssituation kann durch eine weitere Verschärfung der Sicherheitslage in LNG-exportierenden Ländern negativ beeinflusst werden. Treten mehrere Effekte zusammen auf, beispielsweise ein sehr kalter Winter gepaart mit einer belebten konjunkturellen Lage, kann dies die derzeit schwache Nachfrage deutlich erhöhen”, so Linßen.

Eine entscheidende Frage ist also auch, wie der Winter wird. Unsere aktueller 42-Tage-Trend sieht da den Winter schon in Lauerstellung. In den kommenden Wochen wird es peu a peu kälter und der Gasverbrauch wird ansteigen. Denn immer noch heizt fast jeder zweite Deutsche mit Gas. Dies zu ändern ist eine der Hauptaufgaben bei der Energiewende.

Das sieht auch Franziska Holz so: „Erdgas sparen und der Umstieg auf erneuerbare Energien wären angesichts der Klimabelastung durch Erdgas und der steigenden CO2-Preise für Erdgas beim Heizen für alle Verbraucher angeraten.“ Noch gibt es Förderungen und die Verbraucherzentralen werden nicht müde zu betonen, dass Wärmepumpen für alle Gebäude eine geeignete und günstige Heizart sind.