Temperatur ist nicht der Hauptgrund

Das Verhalten der Zugvögel hat sich in der kalten Jahreszeit verändert

von Oliver Hantke & Bernd Fuchs

Normalerweise sind die Zugvögel in der kalten Jahreszeit weit in den Süden geflogen, um dort zu überwintern Doch das Zugverhalten hat sich geändert. Überraschend dabei ist, dass die Temperatur nicht der Hauptgrund dieser Veränderung ist.
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Das Zugverhalten der Störche

Störche sind auf ihrer Westroute Tausende von Kilometern bis nach Nordafrika geflogen.
Störche sind auf ihrer Westroute Tausende von Kilometern bis nach Nordafrika geflogen.

Meist starten die Störche zwischen August und September in Richtung Winterquartier. Die Jungstörche fliegen etwa zwei Wochen früher los als ihre Eltern. Es gibt zwei Hauptrouten. Einmal über Südwesteuropa und dann über Südosteuropa. Im Westen geht es über Frankreich, Spanien und Portugal nach Westafrika. Im Osten fliegen sie über Griechenland und die Türkei östlich um das Mittelmeer Richtung Nildelta schließlich noch weiter nach Afrika. Forscher meinen, dass sowohl die Wanderungszeiten als auch die Wanderrouten genetisch festgelegt sind. Denn obwohl die Jungvögel vor ihren Elterntieren abfliegen, finden sie deren Winterquartiere.

Störche sind Thermikflieger. Sie nutzen aufsteigende warme Luft und Wind für Gleitflüge. Störche meiden hohe Gebirgsketten wie die Alpen oder die Pyrenäen sowie Meere oder Wüsten. Wegen fehlender Thermik meiden sie das Mittelmeer und überqueren es an den Meerengen bei Gibraltar (im Westen) oder bei Istanbul (im Osten).

Die Flugrouten sind teilweise bis zu 10.000 Kilometer lang. Die Störche legen am Tag bis zu 350 Kilometer zurück. Haben sie ein Winterquartier gefunden, bleiben sie etwa von November bis Februar.

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Zugvögel haben eine innere Uhr

Creative Highlights World versammelt... Weißstörche  Ciconia ciconia , Weißstorch, Storch, Störche auf dem Durchzug, eine ganze Gruppe, Trupp, Versammlung, mehrere Vögel, seltener Anblick, Beobachtung *** A flock of White Storks  Ciconia ciconia  gathering in beautiful natural surrounding, wildlife, Europe. Deutschland, Europa
Störche bleiben meist von November bis Februar in ihrem Winterquartier.

Zugvögel haben wie andere Wildtiere auch eine Art innere Uhr, die ihnen sagt, wann sie aus wärmeren Gefilden zurückkehren sollten. In Zeiten globaler Erwärmung mit vorzeitigem Frühlingsbeginn dürften sich dabei jene Artgenossen durchsetzen, deren innere Uhr – flapsig gesprochen – vorgeht: Sie sind früher in den Sommerquartieren, besetzen die besten Reviere und haben dadurch einen Vorteil bei der Fortpflanzung, wie Klaus Hackländer, Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung sowie Wildtierbiologe an der Universität für Bodenkultur Wien, erklärt. Langfristig kann sich dadurch die innere Uhr ganzer Populationen umstellen.

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Neue Nahrungsquellen eröffnen Zugvögeln wenig gefährlichere Möglichkeiten im Winter

Mülldeponien dienen nicht nur in Südwesteuropa als Nahrungsquelle für Zugvögel.
Mülldeponien dienen nicht nur in Südwesteuropa als Nahrungsquelle für Zugvögel.

Der Vogelzug ist während vieler Jahrhunderte und Jahrtausende als eine Verhaltensanpassung an die jahreszeitlich wechselnden klimatischen Bedingungen in Europa und Afrika entstanden. Dabei war es weniger die Kälte als vielmehr die Nahrungsknappheit, die den langen Zug nach Afrika nötig machte. Doch das hat sich jetzt wohl grundlegend geändert. Die Zugvögel bleiben in Südspanien oder Portugal, wo sie auch in den Wintermonaten auf offenen Mülldeponien ausreichend Nahrung finden. Und nicht nur da. Seitdem die Winter durch die Klimaauswirkungen immer milder werden, finden die Zugvögel auch in Deutschland immer mehr Nahrung und ausreichend Futter wie Mäuse oder Würmer in der kalten Jahreszeit. Hunderte Störche bleiben sozusagen schon zu Hause und sparen sich die weite und gefährliche Reise nach Afrika. Zudem sichern sie sich die besten Nistplätze, weil sie ja im nächsten Frühjahr die ersten vor Ort sind.

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Die Zuggefahren der Störche und Jungstörche

Gut zwei Drittel der Jungstörche überleben das erste Lebensjahr nicht. Das hat zahlreiche Gründe. Neben dem Nahrungsmangel kann auch das Abdriften von der optimalen Zugroute zum Tode führen. Denn wenn die Störche zu weit auf das offene Meer getrieben werden, fehlt die Thermik über dem Wasser zum Fliegen und der Tod durch Ertrinken droht. Dazu kommen natürliche Fressfeinde und der Mensch selbst. In den Winterquartieren machen Hyänen oder Schakale schon mal Jagd auf Störche. Aus diesem Grund schließen sie sich dann zu kleineren Gruppen zusammen und übernachten gemeinsam auf großen Bäumen.

Jahr für Jahr sterben viele Störche durch die Bebauung der Menschen. Fast 70 Prozent der Unfälle passieren Strom führende Freileitungen. Auch Stacheldrähte bedeuten eine große Gefahr. In ungesicherten Klärteichen können sie stecken bleiben und sich nicht mehr befreien. Sie verhungern dann qualvoll. Dazu kommen Unfälle mit Kraftfahrzeugen und Bahnen. Und 5 Prozent sterben in der Welt immerhin noch durch die Jagd des Menschen.

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(oha, bfu)