Plastik dringt bis in die Zellen der Pflanzen ein
Plastik überall: Wie Mikroplastik die Ernte der Bauern reduziert
Dass Mikroplastik ein riesiges Problem ist, wird immer deutlicher: Es wird mittlerweile mit vielen Erkrankungen in Verbindung gebracht wie Autoimmunkrankheiten, Krebs, Fettleibigkeit, Entzündungen, Allergien, Diabetes. Die Liste ist lang und schaurig. Aber dass es auch in der Landwirtschaft zu Ernte-Einbußen führen kann, ist neu. Wie kommt das und was passiert da in den Pflanzen?
Im Video seht ihr, welchen Teufelskreis Mikroplastik in der Luft anstößt
Was macht Mikroplastik mit den Pflanzen?
Eine aktuelle Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift „PNAS“ erschien, legt nahe, dass Mikroplastik die Photosynthese von Pflanzen und Algen beeinträchtigt. Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass das Mikroplastik den Gehalt des Pigments Chlorophyll-a in Pflanzen und Algen senkt. So sei die globale Photosyntheseleistung um sieben bis zwölf Prozent zurückgegangen.
Mit horrenden Folgen, glauben die Forscher: Die Ertragsminderungen bei den wichtigen Nutzpflanzen Reis, Mais und Weizen prognostizieren die Forschenden auf 110 bis 361 Millionen Tonnen – das wären Einbußen von fast 10 Prozent. Angesichts einer steigenden Weltbevölkerung können wir uns so etwas kaum leisten. Auch auf Algen und Aquakulturen wirke sich das Mikroplastik negativ aus.
Nanoplastik bis in die Baumkronen transportiert
Was haben die Wissenschaftler noch beobachtet? In Feldversuchen an Nadel- und Laubbäumen wiesen sie im Jahr 2024 nach, dass Nanoplastik, das sind Partikeldurchmesser von weniger als einem Millionstel Millimeter, über die Wurzeln aufgenommen und bis in die Baumkronen transportiert wurde. Dort behinderte das Plastik dann physiologische Prozesse. So hätten die Bäume gestresst reagiert und einen Teil des Sonnenlichts nicht mehr für die Photosynthese nutzen können.
Arthur Gessler von der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ) bestätigt die Ergebnisse: „Wir wissen, dass vor allem sehr kleine Nanoplastikpartikel in Pflanzen und Cyanobakterien eindringen und Membranen schädigen können. Dies führt zu einer direkten Schädigung des Photosyntheseapparats und zu oxidativem Stress, der ebenfalls die Photosynthesleistung reduziert“, so der Ökosystem-Experte.
Forschung ist noch sehr jung
Die Studie zeige, so Gessler, dass Plastikverschmutzung bereits heute, aber vor allem in Zukunft neben dem Klimawandel die Nahrungsmittelproduktion beinträchtigen könne.
Elke Brandes vom Johann Heinrich von Thünen-Institut in Braunschweig ist nicht so alarmiert. Sie sieht bei den Zahlen der Studie Vorsicht geboten: „Die Forschung zu Mikroplastikvorkommen und Wirkweisen in Böden ist noch sehr jung“, sagt sie. Die Behauptung, dass Mikroplastik in Ackerböden aktuell zu erheblichen Ertragseinbußen führe, entbehre einer ausreichenden wissenschaftlichen Grundlage, es sei zu pauschal und man könne nicht aus den Laborbedingungen auf die freie Natur schließen. Es sei dennoch wichtig, weiter zu forschen, um „größtmöglichen Erkenntnisgewinn zu erzielen“.
Mikroplastik ist ein Riesen-Problem

Fakt ist, dass Mikroplastik eine der größten Bedrohungen für Mensch und Natur darstellt. Der größte Müllstrudel der Welt, der „Great Pacific Garbage Patch“, wird auf eine Größe von 1,6 Millionen Quadratkilometer geschätzt, viereinhalb Mal die Fläche Deutschlands. Im Laufe der Jahre werden die Plastikteile immer kleiner und landen über die Luft, das Wasser und unsere Nahrung in uns Menschen. Die Folgen werden gerade erst bekannt, es werden erhebliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit diskutiert.
Bei den UN-Verhandlungen in Busan/Südkorea über ein globales Plastikabkommen kam die Welt im Jahr 2024 wieder einmal nicht voran – zu stark war der Widerstand der Öl-Staaten, die mit der Produktion von Plastik gutes Geld verdienen. Und sie produzieren, als gäbe es kein Morgen: Wenn wir alle Plastiktüten der Welt zusammenklebten, könnten wir die Erde damit 4.200 Mal umwickeln.
Seit Beginn der Verhandlungen zum UN-Plastikabkommen im Jahr 2022, wurden laut der Umweltorganisation WWF über 800 Millionen Tonnen Plastik produziert – und mehr als 30 Millionen Tonnen davon landeten wiederum in unseren Ozeanen. Dieser Teufelskreis muss beendet werden.
(osc)