Gletscherschmelze ist nicht mehr zu stoppen

Studie enthüllt: Fast die Hälfte der Gletscher bis 2100 verschwunden

Die Bemühungen der Politik sind mangelhaft, wir fahren weiter ungebremst in die Klimakatastrophe. Mittlerweile gilt es mehr oder weniger als ausgeschlossen, dass das Pariser Klimaziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, noch einzuhalten ist. Und selbst wenn: Wir Menschen haben Prozesse in Gang gesetzt, die wir nicht mehr stoppen können und die uns noch schwere Kopfschmerzen bereiten werden. Eine Studie der Universität Pittsburgh enthüllte nun, dass die fast die Hälfte der Gletscher dieser Welt bis 2100 Geschichte sein wird.
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Bis 2100 - das ist nun wirklich nicht mehr lang hin

08.08.2022, Bayern, Grainau: Blankeis ist am nördlichen Schneeferner. Das Eis des Blaueisgletschers, des Schneeferners auf der Zugspitze sowie des Höllentalferners ist innerhalb nur eines Jahres deutlich zurückgegangen.      (zu dpa "Saharastaub setzt Gletschern zu - Eis schmilzt im Rekordtempo") Foto: Angelika Warmuth/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die deutschen Gletscher sind dem Untergang geweiht.

Selbst im günstigsten Fall wird laut der Studie, die im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde, ein großer Teil der Gletscher verschwinden. Demnach dürften fast 50 Prozent der rund 215.000 berücksichtigen Gletscher bis 2100 schmelzen – wenn der Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzt wird. Die Autoren haben aber auch eine positive Botschaft: Sofortige Maßnahmen zum Klimaschutz und jedes Zehntel Grad eingesparte Erwärmung können den Prozess verlangsamen.

Der Studie zufolge steht das Schmelzen der Gletscher in linearem Zusammenhang mit dem durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg. Bei einem Anstieg um 2 Grad – dem im Pariser Abkommen vereinbarten Ziel für die maximale Erwärmung – könnten knapp 70 Prozent der Gletscher bis zu einer Größe von einem Quadratkilometer verschwinden. Von den Gletschern zwischen einem und zehn Quadratkilometern würden fast 20 Prozent komplett abschmelzen.

Deutsche Gletscher sind nicht zu retten

Ausgehend von den Klimazusagen der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow im Jahr 2021, auf deren Grundlage ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 2,7 Grad bis Ende des Jahrhunderts prognostiziert wurde, werden Gletscher in vielen Regionen nahezu ganz verschwinden, wie es in der Studie weiter heißt. Dazu zählten die der europäischen Alpen, im westlichen Kanada, den Vereinigten Staaten sowie Neuseeland.

Die deutschen Gletscher sind laut Glaziologe Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut nicht mehr zu retten: „Das Thema ist durch.“ Im vergangenen Jahr sei mit dem Südlichen Schneeferner einer weggeschmolzen, somit gebe es in Deutschland nur noch vier Gletscher. „Die wird das gleiche Schicksal ereilen“, sagte Eisen. Wie schnell die Schmelze in Deutschland vorangehe, hänge lediglich von den Temperaturen in den kommenden Wintern ab.

„Wenn wir solche Winter kriegen wie 2020 oder 2021, als es im Frühjahr kalt und nass war, dann werden sie vielleicht noch ein Jahrzehnt länger halten, aber die deutschen Gletscher werden 2050 vermutlich nicht erreichen.“

Ohne Gletscher gibt es massive Probleme mit Wasser in den Sommermonaten

Jens Büttner
Im Nordpolarmeer schmilzt das Eis, anderswo wird es mehr Dürren geben, erwarten die Fachleute vom Weltklimarat. Ohne Gletscher fehlt das Wasser vor allem im Sommer.

Bei einem globalen Temperaturanstieg von vier Grad würden der Studie zufolge 83 Prozent aller Gletscher weltweit bis 2100 verschwinden. Das hätte dramatische Folgen. Denn das Schmelzen der Gletscher lässt den Meeresspiegel ansteigen. „Jeder Millimeter mehr Meeresspiegelanstieg führt zu mehr Überschwemmungen an den Küstengebieten, und die Gletscher sind eben einer der Hauptantriebe des Meeresspiegelanstiegs“, sagte Fabien Maussion von der Universität Innsbruck, Co-Autor der Studie.

Außerdem seien die Gletscher natürliche Süßwasserspeicher. „Wenn sie weg sind, heißt es zwar nicht, dass wir kein Wasser mehr haben, aber dass das Wasser nicht mehr dann kommt, wenn es benötigt wird - nämlich in trockenen, heißen Sommermonaten“, teilte Matthias Huss von der ETH Zürich, Co-Autor der Studie, mit. Wenn das Eis weg sei, sei vor allem in Dürrephasen mit Wasserknappheit zu rechnen. „Das ist ein Problem für Bewässerung, Trinkwasser, Warentransport, Fauna und Flora“, so Huss.

Die gute Nachricht am Schluss ist verbunden mit einem Appell: Es sei durchaus möglich, die Schmelze durch sofortige und umfassende Klimaschutz-Maßnahmen auf globaler Skala mittelfristig zu verlangsamen. „Auch wenn wir die Gletscher nicht so retten können, wie sie aktuell aussehen, bewirkt jedes Zehntelgrad eingesparter Erwärmung einen geringeren Rückgang und damit auch geringere negative Auswirkungen“, so Huss.

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(osc mit dpa)