Interview über Hitze und was in unserem Körper passiert

Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen: Hitze ist ein unsichtbarer Killer

von Oliver Scheel

Die Erderwärmung schreitet schnell voran, besonders in Europa. Am Mittelmeer erlebten wir im Juli eine der heftigsten Hitzewellen der Geschichte. Aber auch in Deutschland wird es immer heißer. Der Wissenschaftsjournalist Dr. Eckart von Hirschhausen erklärt im Exklusiv-Interview zur RTL-Gesundheitswoche, warum Hitze eine riesige Gefahr für unser Leben darstellt und was im Körper passiert.
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Unser körpereigenes Kühlsystem geht bei andauernder Hitze in die Knie

Für Hitze sind wir Menschen nicht gemacht. Doch Hitzewellen werden in Zeiten der globlen Erwärmung immer intensiver und sie dauern auch noch länger. Bei Hitze kann das körpereigene Kühlsystem überlastet werden.„Als Folge von Hitzebelastung können bei empfindlichen Personen Regulationsstörungen und Kreislaufprobleme auftreten. Typische Symptome sind Kopfschmerzen, Erschöpfung und Benommenheit“, so das Umweltbundesamt.

„Hitze ist ein unsichtbarer Feind, ein unsichtbarer Killer“, erklärt Hirschhausen im Interview zur RTL-Gesundheitswoche. „Der hitzesensibelste Teil des Körper ist das Gehirn. Ein funktionierendes Gehirn ist wichtig. Das Gehirn fährt seine Aktivitäten bei Hitze schnell runter, soll aber gleichzeitig alle Gegenmaßnahmen im Körper koordinieren. Das Gehirn ist dann nicht mehr so belastungsfähig“, so der Experte.

Bei hoher Luftfeuchtigkeit kommen Menschen an ihre Grenzen

People seeking refreshment during the heat wave in Rome. Italy's health ministry has issued red alerts for sixteen cities across Italy as southern Europe continues to experience intense heat from a heatwave called Charon, named after the ferryman from Dante's Inferno. Rome, Italy, 18 July 2023//AGFEDITORIAL_FOT180723-37/Credit:Francesco Fotia/AGF/SIPA/2307190826
Hitzewelle in Rom: Die Temperaturen in der italienischen Hauptstadt stiegen auf knapp 45 Grad.

Was passiert bei Hitze im Körper? Unsere Blutgefäße erweitern sich und wir fangen an zu schwitzen. Wir schwitzen also, um unsere Haut zu kühlen. Je länger wir aber der Hitze ausgesetzt sind, umso weniger gut funktioniert dieser natürliche Temperaturmechanismus. Hirschhausen zieht das Sauna-Beispiel dazu heran: „Wir halten 80 Grad in der Sauna eine Weile aus. Wenn aber der Saunameister kommt und den Aufguss macht, wird es schnell unerträglich. Dabei ist die Temperatur ja gar nicht höher, sondern nur die Luftfeuchtigkeit“, so Hirschhausen.

Das Zusammenspiel von Temperatur und Luftfeuchtigkeit ist also der entscheidende Faktor, wie gut wir durch eine Hitzewelle kommen. Bei hoher Luftfeuchtigkeit kommen wir Menschen viel schneller an die Grenzen der Belastung. Außerdem, so Hirschhausen, sei Schlaf enorm wichtig für die seelische Gesundheit und unsere Leistungsfähigkeit. „In tropischen Nächten aber schläft man nicht gut.“ Und die Zahl der Nächte, in denen das Thermometer nicht unter 20 Grad fällt, steigt. In der Hitzewelle am Mittelmeer war es zum Teil nachts über 30 Grad warm.

Hitzeanpassung noch sehr schlecht in Deutschland

Besonders in Städten ist Hitze ein großes Problem, denn die Architektur von Städten verstärkt sie. Daher ist Hitze-Anpassung so wichtig, doch in Deutschland steckt die noch in den Kinderschuhen.

Hitze in der Stadt entsteht, „weil wir Gebäude gebaut haben für eine Welt, die es nicht mehr gibt“, so erklärt es Hirschhausen. „In einer Welt, die vor 50 Jahren geplant wurde, sind wir miserabel geschützt. Am Mittelmeer wird schon lange ganz anders gebaut. Dort wäre niemand auf die Idee gekommen, riesige Glasfassaden hochzuziehen, in die die Sonnenwärme reinkommt aber nicht mehr raus.“

Warum aber werden Städte besonders heiß? Bei Hitze bilden sich sogenannte städtische Wärmeinseln – die Temperatur von Luft und Boden in der Stadt ist deutlich höher als im Umland. Mit Beton und Asphalt versiegelte Böden absorbieren Sonneneinstrahlung und leiten die Wärme in tiefere Schichten weiter. Außerdem verdunstet durch die geringere Vegetation in Städten weniger Wasser, das die Luft abkühlt. Auch Gebäude tragen zur Wärmeinsel bei, indem sie die Oberfläche der Stadt vergrößern, in der Wärme gespeichert wird, und indem sie für weniger Luftaustausch sorgen. So steht die Hitze auch nachts in den Straßenschluchten. Abgase aus dem Verkehr, der Industrie, dem Heizen und Kühlen von Gebäuden verstärken die Hitze noch weiter.

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(osc)