Wachsende Rohstoffkrise in Deutschland
Wegen extremer Dürre: Droht uns jetzt der Schifffahrts-Kollaps? Wie gefährdet ist unsere Energieversorgung
von Oliver Scheel
Unsere Flüsse sind Lebensadern – als Wasserstraßen dienen sie unserer Versorgung. Nun aber werden die Sommer immer trockener, die Flusspegel fallen. Und das wird uns in einer Welt des Klimawandels immer häufiger blühen. Tatsächlich kann es bei Niedrigwasser zu Engpässen bei Diesel und Heizöl kommen. Schon jetzt fahren die Schiffe nur mit halber Ladung und es ist zumindest kurzfristig kein Regen in Sicht. Auch der September und der Oktober können durchaus trockene Monate sein. Und dann? Dann ist es durchaus realistisch, dass fast kein Schiffsverkehr mehr auf dem Rhein möglich ist.
Und: Wenn die Flüsse nicht mehr genügend Wasser zum Kühlen von Kraftwerken haben, können Kohle– und Atomkraftwerke im schlimmsten Fall ganz abgestellt werden. Dann haben wir zu der Gaskrise auch noch eine Stromkrise. Was müssen wir also tun, um die Flüsse und natürlich auch deren Ökosysteme zu bewahren?
Niedrigwasser: Kraftwerke kommen an ihre Grenzen
Heizöl und Diesel: Blicken wir auf den Hitze- und Dürresommer 2018 zurück: Damals sanken die Pegelstände so stark, dass auf der Elbe fast gar keine Schiffe mehr fuhren, auf dem Rhein nur noch mit einem kleinen Teil der Ladung. am Pegel in Kaub an der Loreley war ds Wasser noch einen halben Meter tief und damit nicht mehr weit entfernt vom Rekordniedrigwasser aus dem Jahrhundertsommer 2003.
Über unsere Flüsse werden in erster Linie Heizöl, Diesel, aber auch Steine, Erden und Kohle transportiert. 2018 kam es zu Versorgungsproblemen an Tankstellen. Damals brachte erst der November wirklich Besserung. Jetzt ist das Wasser aber schon seit Mai niedrig und der Pegel fällt und fällt. Die Schiffe können immer weniger Ladung tragen.
Abschaltung von Kraftwerken: Nicht umsonst nennen wir Flüsse auch Lebensadern. Heute sind sie aber eher Lebensadern aus wirtschaftlicher Sicht. Denn wir brauchen das Wasser für unsere Energieversorgung und die Industrie. „Die Industrie nutzt das Flusswasser als Prozess- und/oder Kühlwasser und entnimmt die dafür benötigten Wassermengen. Niedrigwasser kann eine Leistungsdrosselung oder gar Abschaltung von kühlwasserabhängigen Kraftwerken zur Folge haben“, sagt Professor Boris Lehmann von der Technischen Universität Darmstadt.
Bodensee mit krassem Niedrigwasser: Schifffahrt kommt an Grenzen
Je weniger Wasser, desto höher der Anteil an Schadstoffen

Verschmutzung: Niedrigwasser erzeugt weitere Probleme: Unser Flusswasser ist auch Brauchwasser. Die Flüsse transportieren auch unser Abwasser Richtung Meer. Die Abwässer sind zwar gereinigt, doch im Vergleich zum natürlichen Flusswasser enthält es immer noch erhöhte Gehalte an Stickstoff, Phosphor und organischen Substanzen. „Bei Niedrigwasser im Rhein, der Elbe und der Oder kann der Anteil von Klärwasser bei Dürreverhältnissen abschnittsweise über 40 Prozent des Abflusses betragen“, erläutert Karsten Rinke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ in Magdeburg.
Ohne Muscheln verdrecken die Flüsse

Fischsterben: Führen die Flüsse weniger Wasser, heizt sich das verbliebene Wasser schneller auf. Warmes Wasser enthält weniger Sauerstoff. Während Fische abwandern können, bleiben Muscheln an Ort und Stelle. Wenn die Muscheln sterben, ist das aber schlecht für den Fluss, denn sie sind für die Reinigung des Flusses wichtig, da sie durch Biofiltration das Algenwachstum bremsen. Führen Flüsse dauerhaft Niedrigwasser, trocknen die Auen aus und die wiederum sind sehr artenreich.
Tourismus: Und nicht zuletzt sind Fahrgastschiffe in den letzten Jahren als touristisches Verkehrsmittel immer beliebter geworden. „Mittlerweile verkehren auf deutschen Gewässern rund 1.000 Fahrgastschiffe, die jährlich ungefähr zehn Millionen Fahrgäste befördern“, rechnet Lehmann vor. Somit leben viele Menschen von einem gesunden Fluss.
Rückblick auf das Niedrigwasser im Rhein 2018: 54 Zentimeter an der Loreley
Die Probleme sind also groß und vielfältig. Welche Lösungsansätze gibt es?

- Das Wasser muss in der Landschaft gehalten werden, zum Beispiel durch den Rückbau von Drainagen und den Aufbau vom Schwamm-Einzugsgebieten – dann werden Extreme wie Hochwässer und Dürren besser abgepuffert.
- Tieferes Ausbaggern der Flüsse ist keine Lösung, denn dann fließt das Wasser nur noch schneller ab und der Pegel sinkt erneut. Außerdem können sich dann keine Pflanzen mehr halten. Und je schneller das Wasser abfließt, umso schlechter ist das für den Grundwasserspiegel.
- Flächen müssen entsiegelt werden, Entwässerungsmaßnahmen müssen rückgebaut werden. Das Wasser muss versickern können, es darf nicht abfließen. Dann hat der Grundwasserspiegel eine Chance, sich zu erholen. „Das Grundwasser ist der größte und beste Wasserspeicher im Land“, so Rinke.
- Wenn wir Abwässer noch besser reinigen, dann könnte das geklärte Wasser zur Bewässerung in Landwirtschaft und urbanen Räumen genutzt werden oder gezielt versickern, um das Grundwasser anzureichern
- Wind und Sonne sind die Retter: Je schneller wir den Umstieg auf Erneuerbare Energien schaffen, umso weniger Wasser benötigen wir für unsere Kraftwerke und die Energieerzeugung. Der Kühlwasserbedarf wird deutlich reduziert.
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(osc)