E-Fuels ja bitte - aber nicht fürs Auto
Warum E-Fuels noch lange knapp sein werden und wo wir sie wirklich brauchen
von Oliver Scheel
E-Fuels, für so manche Partei eine ziemlich heilige Kuh. Die FDP warf ja wirklich alles in die Waagschale, um beim Verbrennerverbot innerhalb der EU ab dem Jahr 2035 die E-Fuels als Ausnahme zu deklarieren. Mit Erfolg. Fahrzeuge, die mit E-Fuels betankt werden, dürfen auch nach 2035 zugelassen werden. Aber sind E-Fuels wirklich eine Lösung auf dem Weg in die Klimaneutralität? Die Wissenschaft ist sich da ziemlich einig...
Lese-Tipp: Früheres Aus für Öl- und Gas-Heizungen schon ab 2024 geplant: Was heißt das für Verbraucher?
Was sind E-Fuels eigentlich?
E-Fuels oder auch Elektro-Fuels sind ein synthetischer Kraftstoff. Sie werden mittels elektrischem Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt. Die Energie im E-Fuel stammt aus einer Stromquelle, die von Erneuerbaren Energien kommt. E-Fuels sind dann klimaneutral, wenn der Wasserstoff aus emissionsfreiem Strom hergestellt wurde und wenn das CO2 aus der Atmosphäre bzw. aus nachhaltig gewonnener Biomasse entnommen wurde.
Das Wichtigste vorneweg: E-Fuels sind heute noch nicht kommerziell verfügbar. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) schreibt, dass es bisher weltweit nur sehr wenige Demonstrationsanlagen gebe. „Bis 2035 sind etwa 60 neue E-Fuel-Projekte angekündigt, von denen nur etwa 1 Prozent mit einer finalen Investitionsentscheidung gesichert sind.“
Das ist also die dünne Ausgangslage. Alle diese Projekte würden gerade einmal 10 Prozent des deutschen E-Fuel-Bedarfs decken, so das PIK.
Lese-Tipp: Das Problem sind die Unmengen an Strom, die die Erzeugung von Wasserstoff benötigt
E-Fuels auch langfristig viel zu teuer?

„E-Fuels sind wahrscheinlich noch lange knapp. Selbst wenn der Markthochlauf so schnell passiert wie beim Wachstumschampion Solar-Photovoltaik, würde das globale Angebot in 2035 nicht einmal ausreichen um die unverzichtbaren deutschen Bedarfe für Luftverkehr, Schifffahrt und Chemie zu decken“, analysierte Falko Ueckerdt vom PIK.
Prof. Dr. Martin Doppelbauer, Professor für hybridelektrische Fahrzeuge am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sieht auch nicht, dass die E-Fuels günstig zu haben sein werden. „E-Fuels werden auch langfristig aufgrund des enormen Herstellungsaufwands viel zu teuer bleiben und können nicht für den Betrieb vieler Millionen Fahrzeuge bereitgestellt werden.“
Momentan darf gemutmaßt werden, dass ein Liter E-Fuel ungefähr 10 Euro kosten würde. Wegen der sinkenden Preise bei der Erneuerbaren Stromproduktion und des günstiger werdenden Produktionsprozesses rechnet der ADAC mit einem Preis um die 2 Euro. Aber das ist Zukunftsmusik. Der Liter Sprit aus der Porsche-Produktionsanlage in Chile würde laut PIK ungefähr 50 Euro kosten.
Lese-Tipp: Schneller schlau mit wetter.de: Kann grüner Wasserstoff wirklich fossile Energien ersetzen?
Von null Emissionen kann keine Rede sein

Davon lässt sich das Unternehmen aber nicht beirren und investiert je nach Quelle bis zu einer halben Milliarde Euro in Chile – Windräder sind teuer. Abgesehen davon, ob es nicht reichlich dekadent ist, in Chile in großem Stil Ökostrom zu produzieren, von dem die lokale Bevölkerung nichts hat und der dann wieder in die Luft geblasen wird, so muss der Kraftstoff ja auch die 13.000 Kilometer zum deutschen Porschefahrer gebracht werden. CO2-neutral? Wohl kaum.
„Der enorme Herstellungsaufwand ist für den großen CO2-Rucksack von E-Fuels ursächlich, weshalb sie immer eine deutlich schlechtere Umweltbilanz als Elektroautos haben – von null Emissionen kann auch in der Gesamtbilanz überhaupt keine Rede sein. Dazu kommen die lokalen Emissionen in den Städten, die mit E-Fuels nicht weniger werden.“
Mit anderen Worten: Bei der Verbrennung des E-Fuels entstehen auch wieder Abgase und CO2. Das wurde nur eben vorher sozusagen aus der Atmosphäre gefischt. In unseren Städten wird es also weiterhin stinken.
Lese-Tipp: Grün, grau, blau, türkis: Welche Arten von Wasserstoff gibt es
Die Energiebilanz ist verheerend - und alles nur, damit der Motor röhrt?
Das größte Problem der E-Fuels ist der Wirkungsgrad. Der liegt zwischen 13 und 15 Prozent. Das hängt mit der aufwändigen Produktion zusammen. Nur 13 bis 15 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie bewegen also das Fahrzeug, rechnete der Thinktank Agora Energiewende aus. Da schneidet ein E-Auto wesentlich besser ab. Je nach Quelle erreichen die einen Wirkungsgrad von 69 bis 80 Prozent, können also ungefähr fünfmal so weit fahren mit der gleichen Menge Energie. Es ist demnach viel klüger, das Auto direkt mit dem Strom zu bewegen als aufwändig einen synthetischen Kraftstoff daraus herzustellen, nur damit der Motor röhrt.
Wenn schon E-Fuels, dann brauchen wir die nicht beim Autoverkehr: „Wir brauchen E-Fuels dort viel mehr, wo es keine Alternativen zur Dekarbonisierung gibt, zum Beispiel bei Schiffen und Flugzeugen“, so Doppelbauer.
Das sieht auch das PIK so: „Große Teile des Flug- und Schiffsverkehrs lassen sich aufgrund der hohen notwendigen Energiedichten nicht direkt elektrifizieren. Die petrochemische Industrie ist auf Kohlenwasserstoffe als Rohstoff angewiesen – vor allem für die Produktion von Kunststoffen.“
Die Diskussion um die E-Fuels ist also nicht mehr als eine Scheindebatte. Nutzen werden wir sie beim Autofahren kaum.
Zukunfts-Alternativen: Wie wir klimafreundlich über Straßen rollen und durchs All düsen können
Unsere Wettertrends und Themenseiten
Sollten Sie Interesse an weiteren Wetter-, Klima- und Wissenschaftsthemen haben, sind Sie bei wetter.de bestens aufgehoben. Besonders ans Herz legenkönnen wir Ihnen auch den 7-Tage-Wettertrend mit der Wetterprognose für die kommende Woche. Dieser wird täglich aktualisiert. Falls Sie weiter in die Zukunft schauen möchten, ist der 42-Tage-Wettertrend eine Option. Dort schauen wir uns an, was auf uns in den kommenden Wochen zukommt. Vielleicht interessiert Sie eher wie sich das Klima in den vergangenen Monaten verhalten hat und wie die Prognose für das restliche Jahr aussieht. Dafür haben wir unseren Klimatrend für Deutschland.
Damit Sie auch unterwegs kein Wetter mehr verpassen, empfehlen wir unsere wetter.de-App für Apple- und Android-Geräte.
Klima-Rekorde - Ist Deutschland noch zu retten? Die Doku im Online Stream auf RTL+
Streaming-Tipp: Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?
(osc)