Was ist das denn?
Bombogenese: Explosive Unwetter-Tiefs sorgen für Extremwetter
Derzeit treiben Tiefs ihr Unwesen, die sich explosionsartig zu Orkanen und Unwettertiefs verstärken – sogenannte Bomben-Zyklonen. Wie kommt es dazu und wie werden wir in Deutschland davon beeinflusst?
Im Video: Gleich zwei Bomben-Orkane wüten in Europa!
Was bitte sind Bomben-Zyklonen?
Es klingt schräg und in den aktuellen Zeiten vielleicht auch etwas unangebracht, aber ja, bei einer „Bomben-Zyklone“ handelt es sich um einen meteorologischen Fachbegriff. Eine Zyklone ist dabei nichts anderes als die Fachbezeichnung für ein Tiefdruckgebiet. Übrigens nicht zu verwechseln mit einem „Zyklon“, der ein Wirbelsturm über dem Indischen Ozean oder über der Südsee ist. Leider wird in der Medienlandschaft zu gern voneinander abgeschrieben und fälschlicherweise von einem „Bomben-Zyklon“ geschrieben.
Wir bleiben also bei der Zyklone. Was hat sie mit einer Bombe zu tun? Die explosionsartige Entwicklung, die sogenannte „Bombogenese“. Dabei verstärkt sich ein Tief innerhalb kürzester Zeit zu einem sehr starken Tiefdruckgebiet, meist zu einem heftigen Orkan. Der Schwellwert liegt bei einer Vertiefung des Luftdrucks um 24 Hektopascal in 24 Stunden.
Diese Sturmtiefs sind sehr fies, weil sie von hier auf jetzt große Schäden hinterlassen können und gleichzeitig in der Vorhersage recht schwer zu handhaben sind. Zieht ein großes Tief von A nach B geht das recht gut. Entwickelt sich solch ein Sturm binnen weniger Stunden, gibt es viele Unsicherheiten hinsichtlich Stärke zu einem konkreten Zeitpunkt an einem konkreten Ort. Überraschungsstürme wie Lothar am 26. Dezember 1999 können die Folge sein. Zum Glück sind wir mittlerweile in der Beobachtung und Analyse weiter, und solche Stürme gehen uns eigentlich nicht mehr durch die Lappen.
Gleich zwei Bombogenesen schütteln auch Deutschland durcheinander

Derzeit gibt es gleich mehrere solcher Bombogenesen auf der Nordhalbkugel, zwei davon in Europa. Sturm Renate hat sich von Mittwochnachmittag auf Donnerstagnachmittag um mehr als 30 Hektopascal vertieft und wurde von einem entspannten Tief zu einem bissigen Orkan. Für Frankreich gab es dabei nur wenig Vorwarnzeit vor der aktuellen Unwettergefahr. Wir in Deutschland erleben derzeit die Schneefälle des Tiefs. Im Nachgang marschiert das Tief in Richtung Italien und produziert dort die nächste Unwetterlage.
Von Freitag zu Samstag kommt der nächste dicke Brummer westlich der Britischen Inseln an. Die Bombogenese mit einem finalen Kerndruck wohl unter 940 Hektopascal erzeugt ein großes Orkantief. Bei uns heißt es Sigrid, der Britische Wetterdienst hat es auf den Namen Bert getauft und warnt vor Unwettern.
Diese unheimlich starken Stürme wirbeln beim Wetter oft einiges durcheinander – so auch Orkan Sigrid am Wochenende. Nach der frühwinterlichen Phase bei uns in Deutschland, katapultiert uns der stürmische Südwind innerhalb von 24 Stunden zurück in die gefühlte Frühlingswärme mit Spitzenwerten irgendwo zwischen 15 und 20 Grad!
Rekord-Bomben-Zyklonen durch große Temperaturunterschiede im Herbst

Aber warum entwickeln sich manche Tiefs so schnell so heftig? Tiefdruckgebiete entstehen aufgrund von Temperaturunterschieden. Sind diese besonders groß, können auch die Tiefs besonders stark werden. Liegt gleichzeitig der Jetstream in der Höhe günstig, werden die Luftmassen schnell vermischt und das Tief gleichzeitig nach Osten beschleunigt, womit ihm die Energie eines größeren Bereichs zur Verfügung steht. Warmes Meereswasser liefert einen zusätzlichen Energieschub, womit Bombogenesen besonders im Herbst oder zu Winterbeginn auftreten.
Dieser Ausgleich kann äußerst ruppig erfolgen. In den USA gab es dabei durchaus schon Temperaturstürze von 30 oder 40 Grad in ein bis zwei Tagen. Ein Beispiel für eine sehr extreme Bombogenese haben wir in den letzten Tagen vor der Westküste Nordamerikas beobachten können. Sie soll wohl eine der stärksten jemals beobachteten gewesen sein. Hunderttausende sitzen ohne Strom, viele stecken im Schnee fest oder sind von Überflutungen bedroht. Denn diese Dynamik bringt für gewöhnlich auch heftige Niederschläge mit sich.
Die stärkste Bombogenese über dem Nordatlantik verzeichnete Orkan Brigitte (in Frankreich „Alex“) im Oktober 2020 mit einem Druckfall von 990 auf 910 Hektopascal innerhalb von 24 Stunden.
(phe)