Chancen und Probleme beim Biogas
Welche Rolle spielen Biogas und Biomethan bei der Energiewende?
Biogas wird immer wieder kontrovers diskutiert. Ist der Einsatz von Nahrungsmitteln zur Herstellung grüner Energie gerechtfertigt? Oder sind wir auf diese Form der Energie bei der Transformation in eine CO2-neutrale Zukunft schlichweg angewiesen? Wir haben uns die Sache mit dem Biogas einmal angeschaut und Expertenmeinungen zusammengetragen.
Alle News rund um das Thema Klima und Klimakrise
Mit unseren „Klima Update“-Sendungen immer informiert sein
Biogas: Wie funktioniert das und welche Rolle spielt es derzeit?
Biogas ist grüne Energie – also eine gute Sache oder nicht? Wie groß ist das Potenzial von Biogasanlagen, taugen sie als Eckpfeiler bei der Energiewende? Fakt ist: Biogas kann in einer CO2-freien Welt immer dann einspringen, wenn der Wind abflaut oder die Sonne nicht genügend Strom produziert.
Der „Data Report Energiewende“ kommt zu dem Schluss, dass „die bestehenden Biogasanlagen schon mit der heutigen, kaum an Wind und Photovoltaik angepassten Betriebsweise einen spürbaren Effekt auf die Stromerzeugung in der Zukunft“ haben.
Wenn die Arbeitsweise verbessert würde und das Gas besser gespeichert würde, dann könnte das Biogas das für das Klima schädlichere Erdgas teilweise ersetzen. Momentan sind diese Back-up-Kraftwerke meist Erdgas-Kraftwerke.
Es gibt übrigens zwei Anlagentypen von Biogas: Die meisten erzeugen aus Energiepflanzen oder Pflanzenresten Gas. Daraus werden Strom und Wärme gewonnen. Etwas seltener ist Biomethan, in diesem Fall wird das Biogas weiterverarbeitet. Das Biomethan kann dann ins Erdgasnetz eingespeist und von Gaskraftwerken statt Erdgas verfeuert werden.
Was sagen die Experten? 75 Prozent der Speicher könnten wir mit heimischem Biogas befüllen

„Biogasanlagen wurden vor 20 Jahren als ‚grundlastfähige‘ erneuerbare Energiequelle gefördert und haben sich zum flexiblen Partner für Wind- und Solarenergie entwickelt. In dieser Rolle liegt ihre Zukunft, da sie wie Gaskraftwerke in Zeiten der Dunkelflaute Strom liefern können, und zwar über einen längeren Zeitraum als Batterien und Pumpspeicher. Damit sie dieses Potenzial voll ausschöpfen können, braucht es mehr Leistung und mehr Energie. Dezentral kann das durch größere oder mehrere Motoren und größere Gasspeicher bewerkstelligt werden“, erläutert der renommierte Professor Michael Sterner von Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher der Uni Regensburg.
Bei richtiger Nutzung „ließen sich 75 Prozent der deutschen Gasspeicher mit heimischem grünen Gas füllen – zum gleichen Preis wie die fossilen LNG-Lieferungen aus Katar ab 2026“, so Sterner.
Das klingt prima. Doch Prof. Daniela Thrän vom Deutschem Biomasseforschungszentrum am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig ist etwas kritischer: „Vor dem Hintergrund der vielfältigen Erwartungen der begrenzten landwirtschaftlichen Flächen an Ernährungssicherheit, Artenschutz und ökologische Landwirtschaft sowie an natürlichen Klimaschutz sollte der Anbau von Energiepflanzen zurückgehen.“
Aber: Biogasanlagen und Biomethan-Strom könnten „bedarfsgerecht“ bereitgestellt werden und Erdgas einsparen bis Wasserstoff „als erneuerbarer und gasförmiger Energieträger diese Aufgabe perspektivisch übernehmen kann“. Biogas als günstige Brückentechnologie also.
Immer top informiert: Warum Wasserstoff keine sinnvolle Alternative beim Heizen ist
Statt Nahrungsmitteln nur Reststoffe und Gülle verwenden

Die Schweiz ist Deutschland einen Schritt voraus, was das Problem der Energiegewinnung mit Nahrungsmitteln betrifft. Gülle, Mist und Ernterückstände sind dort die Basis für die Biogasproduktion. „Biogas zur Energieerzeugung wurde aufgrund der relativ hohen Kosten und aufgrund der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und der damit einhergehenden Flächenkonkurrenzen in der Vergangenheit kritisiert. Durch den ausschließlichen Einsatz von Reststoffen und Gülle wie es zum Beispiel in der Schweiz der Fall ist, ließe sich dieses Problem beheben“, so die Umweltwissenschaftlerin Ruth Delzeit von der Uni Basel.
Sterner pflichtet Delzeit bei. Man könne auch Reststoffe aus Kläranlangen nutzen. Die politische Priorität müsse auf der Nutzung von Rest- und Abfallstoffen liegen. Ein Problem beim Biogas ist die Ineffizienz bei der genutzten Fläche. „Ein Hektar Solarpark liefert so viel Strom wie 40 Hektar Biogas“, so Sterner.
Lese-Tipp: So clever heizen die Skandinavier
Zusammenfassung: So steht es ums Biogas
- Biogasanlagen speichern mit ihrer Abwärme auch Wärmenetze
- Aber: Biogas braucht viel mehr Fläche als Wind und Sonne
- Biogas zieht zudem Nitratbelastungen und ggbf. Pestizideinsatz nach sich
- Als Ergänzung zu Wind und Sonne aber unverzichtbar
- Biogas könnte Erdgas in Deutschland nahezu vollständig ersetzen
- Produktion wurde durch Novelle beim EEG 2014 abgewürgt, Ukraine-Konflikt befeuert die Biogas-Produktion jetzt wieder
- Es fehlen noch staatliche Anreize und weitere Förderungen
- Rest- und Abfallstoffe wie Gülle und Material aus Kläranlagen sollten eher genutzt werden als Nahrungsmittel wie Mais
- In erneuerbare Energie umgewandeltes Biomethan vermeidet Methan-Emissionen. Das ist wichtig, weil Methan mehr als 25-mal klimaschädlicher als CO2
Unsere Wettertrends und Themenseiten
Sollten Sie Interesse an weiteren Wetter-, Klima- und Wissenschaftsthemen haben, sind Sie bei wetter.de bestens aufgehoben. Besonders ans Herz legenkönnen wir Ihnen auch den 7-Tage-Wettertrend mit der Wetterprognose für die kommende Woche. Dieser wird täglich aktualisiert. Falls Sie weiter in die Zukunft schauen möchten, ist der 42-Tage-Wettertrend eine Option. Dort schauen wir uns an, was auf uns in den kommenden Wochen zukommt.
Damit Sie auch unterwegs kein Wetter mehr verpassen, empfehlen wir unsere wetter.de-App für Apple- und Android-Geräte.
Klima-Rekorde - Ist Deutschland noch zu retten? Die Doku im Online Stream auf RTL+
Streaming-Tipp: Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?
(osc mit dpa)