Wegen wärmerer Ozeane
Bleiben Bullenhaie bald das ganze Jahr vor Sydney?

Bullenhaie halten sich zunehmend länger vor Sydneys Küsten auf – und das liegt nicht an Zufällen. Neue Daten zeigen, wie stark die Erderwärmung das Verhalten der Tiere verändert. Doch was bedeutet das für Badegäste?
Längerer Aufenthalt vor Sydney
Australische Forscherinnen und Forscher schlagen Alarm: Bullenhaie verbringen heute rund 15 Tage mehr pro Jahr in den Küstengewässern rund um Sydney als noch im Jahr 2009. Das ergab eine Langzeitstudie der James Cook University, bei der 92 Tiere per Sender beobachtet wurden – viele davon in der Nähe des berühmten Bondi Beach.
Lese-Tipp: Welche Haie schwimmen im Mittelmeer?
Hauptursache: steigende Meerestemperaturen. Laut der Studie hat sich das Wasser zwischen Oktober und Mai dort seit 2006 um durchschnittlich 0,57 Grad erwärmt – eine scheinbar kleine, aber biologisch bedeutsame Veränderung. Bullenhaie meiden normalerweise Wassertemperaturen unter 19 Grad. Diese Schwelle wird heute immer seltener unterschritten.
Der Klimawandel verändert das Verhalten der Haie
„Wenn sich die Haie länger in der Nähe von Stränden aufhalten, verlängert sich das Zeitfenster für mögliche Begegnungen mit Menschen“, erklärt Nicolas Lubitz, Hauptautor der Studie. Gleichzeitig machen sich auch andere Effekte bemerkbar:
- Die Haie treffen früher im Jahr vor Sydney ein – teils schon im Oktober.
- Ihre saisonale Abwanderung verzögert sich, wodurch das Vorkommen bis weit in den Herbst reicht.
- Das gesamte Wanderverhalten verschiebt sich – mit Tendenz zu südlicheren Brut- und Jagdgebieten.
Diese Anpassungen seien typische Reaktionen auf die langfristige Erwärmung der Ozeane, wie sie weltweit bei vielen Meeresräubern beobachtet werden, so die Forscher.
Bleibt das Risiko für Strandbesucher gering?
Australien zählt historisch über 1200 Hai-Vorfälle, davon 250 tödlich. Meistens sind es Weiße Haie, Tigerhaie oder eben Bullenhaie, die beteiligt sind. Trotzdem betont Lubitz: „Das Risiko eines Haiangriffs ist nach wie vor sehr gering.“
Dennoch gibt es Faktoren, die Begegnungen wahrscheinlicher machen:
- Schwimmen in der Dämmerung oder Dunkelheit
- Trübes Wasser nach Regenfällen
- Nähe zu Flussmündungen, wo Bullenhaie gern jagen
In Australien kommen bereits spezielle Hai-Warnsysteme per App zum Einsatz. In Sydney werden einige Strände zudem mit akustischen Detektoren überwacht, die markierte Tiere frühzeitig melden.
Ökologische Folgen und neue Chancen
Ein längerer Aufenthalt der Haie könnte langfristig auch die Nahrungsnetze in den Küstenökosystemen verändern. Mehr Haie bedeuten mehr Jagddruck auf kleinere Fischarten – was sich auch auf die Fischerei auswirken kann.
Lese-Tipp: Wo der Fluss im Sommer dein Zuhause ist
Gleichzeitig bietet die Entwicklung Chancen für Forschung und Ökotourismus. Geführte Hai-Touren oder Tauchgänge könnten an Bedeutung gewinnen – sofern Sicherheit und Nachhaltigkeit gewährleistet bleiben.