Zwischen Alarmismus und Bagatellisierung

Unwetter werden extremer, die Klimakrise ist da: Aber wie reden wir darüber?

von Oliver Scheel

Die Klimakrise ist da, aber je schlimmer die Unwetter werden, je öfter der Kanzler im Hochwasser steht und je häufiger der Starkregen in Keller und Unterführungen läuft, desto mehr scheinen die Menschen vor diesem Thema die Augen zu verschließen. Wie also umgehen mit diesem sensiblen und doch so wichtigen Thema? Dazu haben sich Experten auf dem 1. Alpenklimagipfel auf der Zugspitze ausgetauscht – mit interessanten Ideen.
Im Video seht ihr das ganze Gespräch über dieses heikle Thema mit unserem Moderator Bernd Fuchs und seinen Experten und Expertinnen
Lese-Tipp: Felsstürze, Gletscherschwund, Starkregen: Was die Klimakrise mit den Alpen macht

Lieber Geschichten erzählen statt belehren

Wie erreichen wir die Menschen? Dieser zentralen Frage war das Gespräch auf der Zugspitze gewidmet. Denn die Klimakrise tötet schon jetzt – sie zerstört Lebensgrundlagen, Ernten und macht ganze Landstriche unbewohnbar, ganz abgesehen davon, dass Milliarden Menschen gefährdet sind, die an den Küstenlinien dieser Welt leben während der Meeresspiegel steigt.

Was treibt die Menschen um? Der Klimapsychologe Faban Hirt schaut sich dazu Daten an. „2019 war Klima eines der Top-Themen“, sagt er bei dem Gespräch auf der Tiroler Seite der Zugspitze. „Heute sind Migration, Energiesicherheit, Inflation und Rente wichtiger.“ Hirt rät, Geschichten zu erzählen. „Das können wir in der Klimakommunikation besser nutzen. Wir sind keine rationale Wesen. Wir alle wissen, die Klimakrise gibt es, wir haben ein Problem.“ Mit Konfrontation und Fakten erreiche man die Menschen aber nicht, besser seien Emotionen. „Mit Geschichten können wir das Herz der Menschen erreichen“, so der Psychologe. „Denn Geschichten erreichen uns emotional. Wir müssen Menschen zeigen, die in der Klimakrise gefangen sind. Was heißt es, in einer Welt zu leben, die ein, zwei, drei Grad wärmer ist?“

Was hat das für Auswirkungen auf dein Leben?

25.06.2024, Schweiz, Lostallo: Rettungskräfte inspizieren die Stelle eines Erdrutsches, der durch Unwetter und starke Regenfälle im Misox-Tal verursacht wurde. Foto: Alessandro Crinari/KEYSTONE/Ti-Press/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Unwetter werden werden häufiger und schwerer - aber die Menschen verschließen vor der Klimakrise oft die Augen. Was ist zu tun?

„Wir müssen positive Geschichten erzählen“, ergänzt Marcus Wadsak, Wettermoderator beim ORF. Christian Stöcker, der Autor des Spiegel-Bestsellers „Männer, die die Welt verbrennen“, will die Krise wenigstens beim Namen nennen. „Klimawandel ist ein verharmlosender Begriff. Das hat auch was mit Medienversagen zu tun“, sagt Stöcker. Der Journalismus müsse sich ändern. Man müsse den Leuten deutlich machen, wie wichtig dieses Thema sei. Dazu müssten auch die Medienschaffenden besser vorbereitet sein.

„Klima muss raus aus dem Umweltressort, es muss raus aus dem Wetterbericht. Es ist ein Thema für alle Ressorts“, fordert Lukas Bayer vom Netzwerk Klimajournalismus Österreich. „Die Medien dürfen kein Arzt sein, der über die Krankheit informiert, sondern es geht um die Vermittlung von Wissen. Dass wir wissen, was zu tun ist. Wie kann es sein, dass jeder Fünfte nicht weiß, welche Folgen der Klimawandel hat“, fragt der Journalist.

„Alles hängt mit allem zusammen“, sagt Silke Hansen vom ARD-Wetterkompetenzzentrum. „Wir müssen den Leuten sagen, was hat das für Dich in Deinem persönlichen Leben für Auswirkungen? Das müssen wir anschaulich zeigen.“

Klar ist: Die Klimakrise ist da und wegschauen nutzt nichts. Aber Alarmismus führe nur zur Ohnmacht, so der Psychologe Hirt. Es müssten immer Lösungen aufgezeigt werden.

Ende der Zugspitzgletscher: Am Zugspitzplatt regiert der blanke Fels

(osc)