Teil der Sonne hat sich abgespalten

Wissenschaftler erklärt, was dahinter steckt

von Karim Belbachir

„Ein Teil der Sonne hat sich von der Oberfläche gelöst und kreist um ihren Nordpol“, so lauten viele Medienberichte. Aber ist das wirklich so? Ist wirklich ein Teil der Sonne abgebrochen? Ein Astrophysiker klärt auf.

Viel Bewegung auf dem Gasball Sonne

The Sun, half way through it's main-sequence evolution.
Eine besonders große Magnetschleife wie hier auf der Ostseite der Sonne zu sehen hat sich auf dem Nordpol unseres Sterns gebildet.

Unsere Sonne ist sehr aktiv und bewegt sich auf den Höhepunkt ihres 11-jährigen Zyklus zu. Gerade dann sind häufiger koronale Massenauswürfe (CME) zu beobachten. Es bilden sich mehr Sonnenflecken, an denen die Aktivität unseres Gestirns gut beobachtet werden kann. Immer wieder führen Sonneneruptionen zu kleineren Funkausfällen auf der Erde, sofern sie in Richtung der Erde zielen.

Volker Bothmer von der Universität Göttingen erklärt das so: „Das liegt daran, dass die Sonne ein Gasball ist, mit elektrisch geladenen Teilchen und einem Magnetfeld, das erzeugt wird wie bei einem Fahrraddynamo. Also elektrische Felder erzeugen magnetische. Und dann fließen Ströme und die Materie.“ So geschehen auch bei dem aktuellen Fall, als eine dieser Magnetschleifen Materie aus dem Inneren der Sonne nach oben geschossen hat.

Magnetschleifen suchen Neutralität

Das geschehe laut dem Wissenschaftler Hunderte, gar Tausende Mal: „Für uns Sonnenphysiker ist das ein ganz normaler Vorgang.“ Nun hat sich allerdings ein größeres Stück Materie von der Sonne abgespalten und kreist dort nun als „Polarwirbel“ am Nordpol des Sterns. Was führt aber dazu, dass sich ein „Teil der Sonne“ verselbstständigt? Um das besser zu verstehen, muss man die Vorgänge auf der Sonne verstehen.

„In verschiedenen Sonnenbreiten herrschen unter der Sonnenoberfläche unterschiedliche Strömungen. Und diese sind magnetisiert und treten immer, wie wir das ja in der Technik und Physik kennen, zweipolig in sogenannten Bi-Polen auf, man kann auch von Nord- und Südpolen sprechen. Die Pole werden durch magnetische Bögen verbunden, an denen Materie gekoppelt ist, die Licht abstrahlt. Dies ist die äußere Sonnenatmosphäre. Es geht in der Schichtung bis in die Korona hoch“, verdeutlicht Bothmer.

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Astrophysiker unbeeindruckt – Keine Folgen für die Erde

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Die Computergrafik zeigt die "Parker Solar Probe"-Sonde der US-Raumfahrtbehörde Nasa auf dem Weg zur Sonne.

Die Protuberanzen suchen magnetische Polarität. Im aktuellen Fall sei eine solche Schleife mal aufgebrochen und habe sich magnetisch mit anderen Gebieten verbunden, um sozusagen magnetische Neutralität herzustellen. Dabei sei ein Plasmawirbel am Nordpol der Sonne entstanden. „In diesem Fall war die Protuberanz besonders spektakulär – aber es ist eben kein nennenswert anderer physikalischer Prozess“, zeigt sich der Forscher unbeeindruckt.

Die Magnetschleife ereignete sich an einem von der Erde abgewandten Punkt der Sonne und zielte somit nicht auf uns: „In diesem Fall bedeutet es nichts, da die Protuberanz, die mit einem Sonnensturm nach außen gehen würde, bei etwa 55 Grad Nord lag.“ Bei der Entfernung zwischen Erde und Sonne von 150 Millionen Kilometern braucht es aber auch eine gewisse Energie, dass wir Auswirkungen auf der Erde spüren.

Solar Probe und Solar Orbiter sollen Antworten liefern

HANDOUT - 30.05.2020, ---, --: Solar Orbiter's erster Blick auf die Sonne. Der Extreme Ultraviolet Imager (EUI) auf der Raumsonde Solar Orbiter der ESA hat dieses Bild am 30. Mai 2020 aufgenommen. Sie zeigen das Bild der Sonne bei einer Wellenlänge von 17 Nanometer, was im extremen ultravioletten Bereich des elektromagnetischen Spektrums liegt. Bilder bei dieser Wellenlänge zeigen die obere Atmosphäre der Sonne, die Korona, mit einer Temperatur von etwa 1 Million Grad. EUI nimmt mit dem Full Sun Imager (FSI) -Teleskop vollständige Bilder der Sonne auf.  Die im Februar in den USA gestartete Raumsonde «Solar Orbiter» hat ihre zehn wissenschaftlichen Instrumente an Bord in Betrieb genommen und erste Bilder von der Sonne gemacht. Die europäische Raumfahrtagentur ESA will die ersten Aufnahmen am 16.07.2020 vorstellen. Foto: Solar Orbiter/Eui Team/Nasa/ESA/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Solar Orbiters erster Blick auf die Sonne: Unser Stern zeigt sich von seiner spektakulären Seite.

Die Protuberanz und der damit verbundene Sonnensturm, die nun so viel Aufmerksamkeit erfahren hat, könne als Anzeichen dafür gedeutet werden, dass wir uns der Umpolung der Sonne während ihres Aktivitätsmaximums näherten. Die erste Phase des Maximums stehe laut Bothmer nächstes Jahr an.

Mehr Erkenntnisse sollen die beiden Missionen Solar Probe und Solar Orbiter bringen. Erstere soll bis auf 6 Millionen Kilometer an die Sonne herankommen, um das Magnetfeld untersuchen und herausfinden, wie Sonnenwinde entstehen. Bothmer: „Die Sonnenkorona gehört zu den letzten Gebieten im Sonnensystem, die wir mit Raumsonden noch nicht besuchen erkunden konnten.“ Bis es soweit ist, darf man gespannt sein, ob es weitere spektakuläre Ereignisse gibt, die das Maximum der Sonnenaktivität und ihrer Umpolung ankündigen.

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(kfb)