Schnelle Anpassungsmaßnahmen nötig
Ostsee-Sturmfluten bedrohen immer mehr Menschen
Die Ostsee gilt als eines der am stärksten vom Meeresspiegelanstieg betroffenen Meere in Europa. Denn es gibt dort küstennah viele sehr tief liegende und damit überflutungsgefährdete Gebiete und seltener riesige Deichbauwerke wie an der Nordsee. Eine zügige Anpassung der Küstenschutzmaßnahmen ist nötig.
Im Video: Christian Häckl erklärt im Klima-Update, wie der steigende Meeresspiegel die Menschen an der Ostsee vor große Herausforderungen stellt.
Jahrhundertsturmflut zeigt das Gefahrenpotenzial

Erst im Oktober vergangenen Jahres suchte eine teils sehr schwere Sturmflut große Gebiete an der deutschen, dänischen und schwedischen Ostseeküste heim. Die dabei entstandenen Schäden sind gigantisch und gehen vielerorts in die Millionen. Ein Problem: An der Ostsee gibt es oft nicht die gleichen umfangreichen Küstenschutzbauwerke wie an der Nordsee. Nur in besonders überflutungsgefährdeten Bereichen gibt es auch an der Ostsee Deiche.
Doch wie zwei neue Studien unter anderem von Forschenden der Kieler Christian-Albrechts-Universität zeigen, reichen weder die bestehenden, noch die bisher geplanten Deicherhöhungen und Deichrückverlegungen aus, das Überflutungsrisiko durch Sturmfluten in den besonders gefährdeten Gebieten der deutschen Ostseeküste entscheidend zu reduzieren.
Deichrückverlegungen erhöhen die Schutzwirkung der Deiche

Die Ostsee ist eines der sich am schnellsten erwärmenden Meere, was auch daran liegt, dass sie relativ klein und flach ist und von der Nordsee nur wenig Frischwasser hineinströmt. Doch der steigende Meeresspiegel macht auch vor der Ostsee nicht Halt. Vor allem im südlichen Teil der Ostsee sind immer mehr Gebiete von Sturmfluten und häufiger Überflutung bedroht.
Weil das Wasser bereits heute stark an Stränden nagt, schlagen Experten nicht nur Deicherhöhungen sondern auch sogenannte Deichrückverlegungen vor. Dabei wird hinter der bestehenden Deichlinie ein neuer Deich gezogen und der alte anschließend aufgeschlitzt. Das führt dazu, dass sich flachere Uferbereiche als Pufferzonen bilden. In denen kann sich die Wellenenergie abbauen, bevor sie bei einer Sturmflut auf die Deiche trifft. Außerdem können diese Überflutungsgebiete wertvolle Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten bilden.
Wissenschaftler fordern zügiges Handeln

Wie die heftige Sturmflut von 2023 und ihre Folgen zeigen, ist dringender Handlungsbedarf gegeben und die Forschenden empfehlen eine schnelle Reaktion von Behörden und Politik, um die Menschen besser vor schlimmen Fluten zu schützen. Es gebe auch noch erheblichen Forschungsbedarf darüber, was die besten und effektivsten Maßnahmen sind, um die Folgen des Meeresspiegelanstiegs an der Ostsee abzumildern. Wissenschaft und Behörden müssen dabei nach ihrer Ansicht eng zusammenarbeiten.
Besonders betroffen sind laut Studienautor Dr. Joshua Kiesel die Bodden von Fischland-Darß-Zingst, Rügen, Usedom und das Peene-Mündungsgebiet in Mecklenburg-Vorpommern. In Schleswig-Holstein sind vor allem die Flensburger Förde, die Eckernförder Bucht, Fehmarn, Ostholstein und Lübeck, insbesondere Travemünde, gefährdet.
Warum die nördliche Ostsee (noch) nicht vom Meeresspiegelanstieg betroffen ist

Im Norden der Ostsee zwischen Finnland und Schweden kommt es dagegen zu einer Landhebung durch das Abschmelzen des skandinavischen Eisschildes vor etwa zehntausend Jahren. Durch die Entlastung des Gesteins von den einst kilometerdicken Eismassen hebt sich das Land noch heute so stark (pro Jahr bis zu einen Zentimeter), dass sich hier trotz global steigender Meeresspiegel die Küstenlinie sogar in Richtung Meer verschiebt. So kann man heute in Nordschweden problemlos auf ehemaligem Meeresboden der Ostsee spazieren gehen, der vor tausenden Jahren noch unter Wasser lag. Dieses Phänomen wird auch als postglaziale Hebung bezeichnet.
Wie stark sich der Meeresspiegel aber bis 2100 erhöht, hängt auch maßgeblich von den weiteren Emissionen ab. Macht die Menschheit so weiter wie bisher, könnte auch die postglaziale Hebung in Skandinavien dem Meeresspiegelanstieg nicht mehr viel entgegensetzen und in Deutschland drohen dann noch wesentlich höhere Wasserstände und Sturmfluten.
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(ukr)