Einordung der Schock-Prognose

Was ist dran am Jahrhundertwinter für Deutschland?

von Paul Heger

Winterwetter in Köln am 18. Januar 2024
Zapfig war es - Winterwetter in Köln am 18. Januar 2024

Alle Jahre wieder kommt die Schlagzeile des Katastrophen-Winters für Deutschland mit Schneemassen, Dauerfrost und möglichen Extremwetter-Folgen für uns alle. So auch diesmal. Aber was ist dran, an der Schock-Prognose? Manche Wetter-Modelle spielten ja bereits mit eisigen Zeiten.
Im Video: Skandinavischer Wintersturm vs. mitteleuropaisches Herbsthoch

Schock-Prognose für Winter 2024/2025 lässt aufhorchen

Wir stecken mitten im Herbst. Draußen startet die grauste und für einige unbeliebteste Zeit des deutschen Wetters. Deshalb wünschen sich einige die Flucht nach vorn, nämlich Winterwetter mit Schnee. Ein fruchtbarer Boden für Meldungen über einen möglichen Jahrhundert-Winter.

Auch in diesem Jahr ist es wieder so weit. Vielleicht habt ihr es ja auch gelesen: Es wird über einen Winter mit wochenlangem, flächendeckendem Dauerfrost um -10 Grad und nachts unter -20 Grad spekuliert. Dazu – und das ist der eigentliche Hammer – werden Schneehöhen um 50 Zentimeter in Städten wie Berlin, Hamburg oder Köln für möglich gehalten. Puh! Was ist da dran?

Wintereinbruch schon im November?

14-Tage-Trend für Berlin: Es wird jahreszeitengemäß kühler und dabei bleibt es wohl sehr trocken.
14-Tage-Trend für Berlin: Es wird jahreszeitengemäß kühler und dabei bleibt es wohl sehr trocken.

Schauen wir erst einmal in die nähere Zukunft. Tatsächlich erreicht uns von Nordwesten langsam etwas kühlere Luft. Das führt zum Ende der Woche zu einer Abkühlung auf tagsüber rund 10 bis 15 Grad. Nachts gibt’s hier und da mal Frost, vor allem im Bergland und im Nordosten. Diese Lage könnte bis weit in den November hinein anhalten.

Man kann Nachtfröste natürlich als winterlich empfinden. Gleichzeitig gehören sie im Herbst zu unserem normalen Wetter, besonders im Osten und in höheren Lagen. Bemerkenswert ist eher, dass es bis auf weiteres keine nennenswerten Niederschläge gibt. In der zweiten Novemberhälfte gibt es in manchen Wettermodellen Tendenzen zur Veränderung. Schneeflocken wären dann theoretisch auch im Flachland drin – theoretisch und gleichzeitig eher unwahrscheinlich.

Langfristmodelle: Winterwetter mit Spielraum

Berechnung der amerikanischen Wetterbehörde NOAA: Alle drei Wintermonate sollen wärmer als normal ausfallen.
Berechnung der amerikanischen Wetterbehörde NOAA: Alle drei Wintermonate sollen wärmer als normal ausfallen.

Alles weitere – das muss gerade in diesem Artikel klar kommuniziert werden – ist spekulativ. Schauen wir uns die experimentellen Langfristmodelle an, so fällt auf: In den letzten Wintern waren die Temperaturberechnungen für Dezember bis Februar deutlich über dem Klimamittel. Diesmal sehen wir im Vergleich zum Mittel von 1991 bis 2020, also dem bereits wärmeren Mittel, eine nur leichte positive Abweichung für den Dezember. Das könnte zumindest gefühlt kalt sein. Für Januar und Februar sind die Abweichungen schon wieder deutlicher im Plus.

Diese qualitative Aussage finden wir übrigens in allen relevanten, großen Langfristmodellen aus den USA und Europa. Also nix Jahrhundertwinter. Gleichzeitig kommt ein großes Aber: Sehr winterliche Phasen sind dennoch möglich. Wir haben das im letzten Winter gesehen. Denken wir nur an München Anfang Dezember 2023.

Extrem-Beispiel für Berlin: Einzelne wetter.de-Berechnungen wollen Anfang Februar eine knackige Winterphase sehen.
Extrem-Beispiel für Berlin: Einzelne wetter.de-Berechnungen wollen Anfang Februar eine knackige Winterphase sehen.

Unser experimenteller wetter.de-Langzeittrend zeigt eine solche härtere Winterphase beispielsweise von Januar bis Februar mit Frost und Schnee im Flachland. Das sind allerdings Einzelmeinungen und Extrembeispiele aus der Modellwelt. Sie verdeutlichen uns vielmehr den Spielraum des Winterwetters, nicht das wahrscheinlichste Szenario.

Ausgangslage für den Winter 2024/2025 in Deutschland

Winterwetter in Köln am 18. Januar 2024
Auch wenn der Winter insgesamt extrem mild ist, kann es zwischendurch sehr winterlich sein. Bestes Beispiel: 18. Januar 2024 in Köln.

Und was heißt das jetzt für uns? Dass wir alle tief durchatmen können und solche Schock-Meldungen mit einem Lächeln zur Kenntnis nehmen sollten. Es ist sicherlich richtig, sich in Zeiten des Klimawandels auf alle Extremwetterereignisse vorzubereiten. Ja, auch im Winter kann es Extrema „nach unten“, nicht nur nach oben geben – beispielsweise, wenn der Polarwirbel zusammenbricht, was aber derzeit sehr unwahrscheinlich ist.

Schauen wir uns doch mal die Ausgangslage an. Wir erleben bisher in Deutschland das wärmste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn. Europa ist warm, die Meere um uns sind extrem warm. Dementsprechend existiert derzeit überhaupt keine Jahrhundertwinterluft, die zu uns kommen könnte. Und die Meere kühlen sich nicht so schnell ab, dass sich das im Winter noch ändern würde.

Nur ein massiver, langanhaltender Ausbruch polarer Luft von Nordosten plus „günstig“ gelegene Tiefs mit ausreichender „Schnee-Feuchte“ könnten uns im Extremfall die skizzierten Jahrhundertereignisse bringen. Nochmal: Ereignisse und kein ganzer Jahrhundertwinter. Und wenn sich das in der Modellwelt halbwegs sicher andeuten sollte, dann könnt ihr euch sicher sein: Ihr erfahrt es von uns!

(phe)