Winter mit Knalleffekt
Major Warming: Wie eine Erwärmung in der Atmosphäre zur Kältewelle in Deutschland führt
Wer die Wetterprognosen im Winter regelmäßig verfolgt, weiß, dass der Polarwirbel für das deutsche Winterwetter eine bedeutende Rolle spielt. Läuft er nicht mehr rund, kann es zu heftigen Kälteeinbrüchen und Schnee-Episoden in Deutschland kommen. Für eine Störung des Polarwirbels kann eine plötzliche Stratosphärenerwärmung verantwortlich sein. Was das ist? Kommt einfach mal mit in die Stratosphäre und schaut es euch an.
Oben im Video: Der aktuelle Temperaturfilm für Deutschland für die nächsten 14 Tage
Was ist die Stratosphäre?

Die Stratosphäre ist vom Erdboden aus gesehen die zweite Schicht der Erdatmosphäre. Über ihr liegt die Mesophäre, unter ihr die Troposphäre, in der in der Regel unser Wetter gemacht mit. Die Stratosphäre liegt in etwa zwischen 13 und 50 km Höhe. In dieser Schicht nimmt die Temperatur mit der Höhe zu. In der Troposphäre ist es umgekehrt, hier nimmt die Temperatur mit der Höhe ab. Aufgrund dieser inversen Temperaturschichtung ist die Stratosphäre von der Troposphäre ziemlich losgelöst, ein Luftaustausch findet kaum statt.
Die Stratosphäre über dem Nordpol kühlt im Winter auf Temperaturen unter -80 Grad ab. Dieser Umstand löst den Polarwirbel aus, der ein kräftiges Höhentief ist, das bis in die Troposphäre reicht.
Was ist ein Major Warming, eine plötzliche Stratosphärenerwärmung?

Der deutsche Meteorologe Richard Scherhag fand in der Mitte des 20. Jahrhunderts heraus, dass sich die winterliche Stratosphäre in unregelmäßigen Abständen, im Durchschnitt aber alle 2 Jahre, plötzlich stark erwärmt.
Der Definition nach müssen für eine markante plötzliche Stratosphärenerwärmung, für ein Major Warming, zwei Bedingungen gelten:
- Die Temperatur in der Stratosphäre muss in wenigen Tagen über 50 Grad ansteigen.
- Der westliche Wind in der oberen und mittleren Stratosphäre über dem Nordpol muss sich in Ostwind umkehren. So wird aus dem Höhentief ein Hoch.
Später wirkt sich die Erwärmung auf die unteren Luftschichten bis in die Troposphäre aus. Meistens führt ein Major Warming zur Störung oder sogar zum Zusammenbruch des Polarwirbels. Wenn er sich teilt, spricht man vom Polarwirbel-Split.
Welche Folgen hat ein Major Warming für unser Wetter?

Ist der Polarwirbel geschwächt oder zerfällt sogar, schwächen sich die üblichen Westwinde in der Troposphäre ab, die uns einen eher milden und feuchten Winter bescheren. Denn dann strömt auf der West-Ost-Zugbahn der Tiefdruckgebiete vom Atlantik her immer wieder vom Wasser erwärmte milde Luft ins Land.
Ist diese Strömung aber zu schwach oder ganz aufgelöst, kann sich Kaltluft aus der Polarregion weit nach Süden ausbreiten. Die Strömung stellt sich um von einer entlang der Breitengrade orientierten hin zu einer eher entlang der Längengrade orientierten Zirkulation. Diese Wetterlagen haben oft lange Bestand und sorgen im Winter häufig für längere kältere Phasen in Mitteleuropa inklusive Deutschland.
Polarwirbel: Darum ist der Tiefdruckwirbel über dem Nordpol so wichtig

Der Polarwirbel ist ein Tiefdruckwirbel in der Höhe über dem Nordpol. Sein Gegenstück wirbelt auf der Südhalbkugel über dem Südpol. Für das Winterwetter in Deutschland kann nur der Polarwirbel über dem Nordpol wirksam werden. Er bildet und verstärkt sich im Winter, weil dann im Norden die Sonneneinstrahlung fehlt und die Atmosphäre immer kälter wird. Normalerweise jagt dann die kalte Luft gegen den Uhrzeigersinn von West nach Ost mit ihrem Zentrum über dem Nordpol und kann aus dem Wirbel nicht ausbrechen. Deutschland bekommt dann oft durch westliche bis südwestliche Strömung eher mildes Winterwetter.
Es gibt aber Ausnahmen, beispielsweise durch eine Erwärmung der Stratosphäre, wenn warme Luft vom Pazifik bis in die Polarregion vordringt. Dann schwächt sich die Zirkulation ab, wird instabil und es entstehen Ausbuchtungen oder sogar ein Polarwirbel-Split, die die Kaltluft weit in den Süden der Nordhalbkugel bringen können. Wintervorstöße aus Norden und Osten werden dann in Deutschland wahrscheinlicher.
Lese-Tipp: Polarwirbel-Split im Februar 2021
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(ctr)