Nach Ukraine und Russland der nächste Ausfall

Die Hitzewelle in Indien verschärft das weltweite Weizenproblem

von Oliver Scheel

Die erste große Hitzewelle des Sommers 2022 nimmt einfach kein Ende. Sie herrscht in Indien und Pakistan und brachte dort schon Werte von etwa 50 Grad. Und eine Abkühlung ist nicht in Sicht, es bleibt brütend heiß. Das ist nicht nur eine sehr frühe Hitzewelle, sie hat auch verheerende Konsequenzen für die Ernte. Denn nach den exzessiven Regenfällen im Dezember und Januar vertrocknet nun der ohnehin kümmerliche Weizen auf den Feldern. Es droht eine massive Hungersnot, auch weil mit Russland und der Ukraine in diesem Jahr extrem wichtige Weizenproduzenten größtenteils ausfallen werden.

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Klare Verbindung zum Klimawandel - Ernte bis zu 35 Prozent geringer

An Indian farmer carries wheat crop harvested from a field on the outskirts of Jammu, India, Thursday, April 28, 2022. An unusually early, record-shattering heat wave in India has reduced wheat yields, raising questions about how the country will bal
Erst regnete es im Dezember und Januar enorm viel, jetzt zerstört die Hitze das Getreide.

Den Menschen und Pakistan bleibt nichts erspart. Nach dem super nassen Winter erlebten die Länder den heißesten März seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 122 Jahren. „Vor dem Anstieg der globalen Temperaturen hätten wir die Hitze, die Indien in diesem Monat erlebt hat, etwa einmal in 50 Jahren erlebt. Jetzt kommt so ein Ereignis viel häufiger vor – etwa alle vier Jahre. Und solange der Ausstoß von Treibhausgasen nicht gestoppt wird, wird ein solches Ereignis noch häufiger auftreten”, warnte Mariam Zachariah vom Imperial College London.

„Solange der Ausstoß von Treibhausgasen nicht gestoppt wird, werden die Hitzewellen in Indien und anderswo immer heißer und gefährlicher werden“, fügte ihre Kollegin Dr. Friederike Otto hinzu.

Extreme Hitze schon sehr früh im Jahr: Indien und Pakistan ächzen unter 50 Grad

Die Weizenernte wird um 10 bis 35 Prozent geringer ausfallen. Die Preise sind schon um 5 bis 7 Prozent gestiegen, für die Millionen armen Menschen auf dem Subkontinent ist dieses Geld nur schwer aufzutreiben. Es kommt aber noch schlimmer: Indien wollte die zu erwartenden Ernteausfälle wegen des Krieges in der Ukraine und in Russland ausgleichen und eine Million Tonnen Getreide nach Ägypten exportieren. Das droht nun zu scheitern.

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Pakistan und Ägypten: Es drohen massive Hungersnöte in Ländern mit großer Bevölkerung

A woman sorts wheat harvested on the outskirts of Jammu, India, Thursday, April 28, 2022. India is in the throes of a record-shattering heat wave that is stunting wheat production. Climate change has made India’s heat wave hotter, said Friederike O
Nach der Ukraine und Russland droht auch in Indien die Weizenernte drastisch geringer auszufallen. Das kann schlimme Konsequenzen haben.

Wegen des Krieges in der Ukraine ist zu erwarten, dass es dort zu immensen Ernteausfällen kommt. Und Russland als weltgrößter Getreideexporteur droht ebenfalls auszufallen, bzw. könnte Russland Weizenexporte als Sanktionsmaßnahme für Staaten, die die Ukraine unterstützen, unterlassen. Damit stehen viele Länder vor einem existenziellen Problem.

Russland und die Ukraine exportieren weltweit mehr als ein Viertel des Weizens, bei Gerste sind es laut der UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD 23 Prozent, bei Sonnenblumenöl sogar 53 Prozent. Wenn nun auch in Indien und Pakistan die Ernte in die Knie geht, drohen massive Hungersnöte in Asien und Afrika.

Pakistan bezieht fast 80 Prozent seines Weizens aus der Ukraine, bei Ägypten sind es mehr als 80 Prozent, die aus Russland und der Ukraine kommen. Nur, um es mal deutlich zu machen: In Pakistan leben mehr als 200 Millionen Menschen, in Ägypten mehr als 100 Millionen. Es ist nicht auszudenken, welche Konsequenzen eine massive Hungersnot dort hätte und was für eine Massenmigration die Folge sein könnte. Kleinere Länder wie Somalia oder Benin hängen sogar zu 100 Prozent am ukrainischen und russischen Weizen-Tropf.

Und die Hitze geht einfach immer weiter

Und die Hitzewelle bleibt. Unser Meteorologe Martin Pscherer hat sich die Wetter-Daten einmal genau angeschaut. Und seine Prognose ist leider ziemlich düster: „In der nächsten Woche erreichen die Temperaturen im Landesinneren von Indien und Pakistan weiterhin extrem heiße 40 bis 45 Grad, örtlich sind auch mehr drin. Selbst in den Küstenregionen liegen die Höchstwerte zwischen 33 und 39 Grad. Danach könnte es vor allem in Pakistan sowie im Norden Indiens noch ein paar Grad heißer werden mit Temperaturen in Richtung 50 Grad.“

Dr. Dileep Mavalankar, Direktor des Indian Institute of Public Health Gandhinagar (IIPHG), blickt skeptisch auf das, was da kommt, denn die größte Hitze wird eigentlich immer im Mai erreicht: „Dies ist eine sehr frühe Hitzewelle, die normalerweise eine höhere Sterblichkeitsrate aufweist, da die Anpassungsfähigkeit und Vorbereitungszeit in den Monaten März und April geringer ist. (...) Dies ist ein Warnsignal für das, was im Mai und Juni kommen wird.“

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(osc)