Ist auf Wind und Sonne wirklich Verlass?
Dunkelflaute: Was ist das und droht sie uns wirklich?
Bei ruhigen und nebligen Hochdruckwetterlagen im Winter produzieren Windanlagen und Solarmodule nur wenig Strom. Hochnebel ist kein Freund der Erneuerbaren. Ein Beispiel: Am 15. Januar 2025 erreichten wir einen Tiefstwert in der Produktion. Solarstrom schaffte nur 4 Prozent der eigentlich installierten Leistung. Das ist für die Versorgungslage zunächst kein Problem, es erhöht aber die Strompreise. Wie lange können wir mit einer Dunkelflaute leben? Droht uns tatsächlich ein Black out?
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Dunkelflauten gibt es - sie dauerten aber nicht lange

Schon im Jahr 2030 sollen 80 Prozent unseres Strombedarfs aus Erneuerbaren kommen, nur fünf Jahre später soll der Stromverbrauch dann weitgehend klimaneutral gedeckt werden. Mit dem Fokus auf Wind und Sonne machen wir uns aber vom Wetter abhängig. Ist das klug? Was ist mit den sogenannten Dunkelflauten, den Zeiten, in denen sehr wenig Erneuerbarer Strom erzeugt wird, weil es dunkel und windstill ist? Fällt dann der Strom aus?
Das Sciencemediacenter (SMC) hat untersucht, wie oft der Wind versiegte und die Sonne sich hinter dicken Wolken verbarg:
- Windstrom-Flauten treten überall in Europa regelmäßig auf, dauern aber nur kurz.
- Solarstrom-Dunkelheiten dauern im Norden länger als im Süden, wolkige Perioden halten dabei üblicherweise nur wenige Tage an
Dunkelflauten gab es, Black outs nicht
Seit 2015 kam es immer mal wieder zu Dunkelflauten: 2015 gab es vier, 2016 fünf, 2017 zwei, 2018 und 2019 je eine. Die Dauer dieser Wind- und Sonnenflaute schwankte zwischen 174 und 334 Stunden. Zu einem Black out, einem größeren Stromausfall, kam es nicht.
Allerdings wurden Ende 2021 drei Kernkraftwerke vom Netz genommen und sukzessive sollen einzelne Blöcke von Kohlekraftwerken abgeschaltet werden. Droht also doch das, was Experten eine Stromlücke bzw. Versorgungslücke nennen?
Im derzeitigen Stromsystem ist die Dunkelflaute unkritisch: „Es gibt genug steuerbare Kraftwerke, die für Wind- und PV-Anlagen einspringen können, außerdem kann ein Teil des Strombedarfs importiert werden. Wenn die erneuerbaren Energien aber die Stromversorgung bestimmen, sind Back-up-Kraftwerke und flexible Verbraucher, die zum Beispiel die Kraftwerksstrategie vorsieht, nötig“, urteilen die Experten.
Aber: Der Strombedarf steigt mit jedem Tag. Wärmepumpen brauchen Strom, die Elektrifizierung unseres Lebens erfordert immer mehr Strom. Wenn wir also ab 2030 die Kohlekraftwerke endgültig abstellen wollen, dann muss die Kraftwerksstrategie schnell kommen. Und dazu gehört auch ein schneller Netzausbau.
Und was ist mit den Preisen?

„Für die allermeisten Haushaltskunden spielen kurzfristige Preisschwankungen am Großhandelsmarkt für Strom keine Rolle, da ihre Stromtarife zeitlich nicht schwanken, sondern in jeder Stunde gleich hoch sind. Der Stromlieferant beschafft einen großen Teil des Stroms üblicherweise längerfristig im Voraus an den Terminmärkten“, analysiert Wolf-Peter Schill, Energieexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
Wir müssen also unser Energiesystem umbauen – das tun wir ja auch. Nur hat die geplatzte Ampel-Koalition ihre Kraftwerksstrategie nicht umgesetzt. Die kommende Bundesregierung wird hier schnell Entscheidungen treffen müssen, damit Back-up-Kapazitäten wie Gaskraftwerke aufgebaut werden können.
Auch Großbatterien, also Stromspeicher, benötigen wir: „Stromspeicher wirken genau in diese Richtung: Sie erhöhen die Preise in Niedrigpreisphasen – durch zusätzliche Nachfrage – und senken sie in Hochpreisphasen – durch Ausspeicherung.“ So können große Batteriespeicher dazu beitragen, „zumindest kurzzeitige Hochpreisphasen zu dämpfen. Das gleiche gilt auch für andere Arten von Speichern sowie andere angebots- und nachfrageseitige Flexibilitäten im Stromsektor wie flexible Lasten, Flexibilisierung der Bioenergieverstromung, Flexibilisierung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und so weiter“, so Experte Schill.
Dann brauchen wir auch die Kohlekraftwerke nicht mehr, die wegen des steigenden CO2-Preises ohnehin unrentabel werden: „Ob der Strompreis nennenswert steigt, wenn Kohlekraftwerke stillgelegt werden, hängt unter anderem davon ab, wie viel erneuerbare Stromerzeugungsanlagen und verschiedene Typen von Kurz- und Langfristspeichern sowie gegebenenfalls gasbasierte Backup-Kraftwerke bis dahin entwickelt wurden. Außerdem hängt es von der Entwicklung der Brennstoff- und CO2-Preise ab. Je stärker diese steigen, desto weniger werden Kohlekraftwerke künftig überhaupt noch laufen, und desto geringer wird der Effekt auf die Marktpreise bei ihrer Stilllegung sein“, erklärt Schill.
Die Lösung liegt in intelligentem Stromverbrauch
UND: Es gibt ein großes Potenzial, das bisher völlig ungenutzt ist: Denn laut der Denkfabrik Aurora Energy Research können durch einen digitalisiert intelligent gesteuerten Stromverbrauch rund 20 Prozent der Stromnachfrage flexibilisiert werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel der Betrieb von Wärmepumpen an die schwankende Energieerzeugung angepasst werden kann. Auch Elektroautos können flexibel geladen werden, selbst energieintensive Industrien könnten zu den Tag- oder Nachtzeiten arbeiten, wenn private Haushalte weniger Strom benötigen.
Es gibt also für alles eine Lösung, eine Alternative zu den Erneuerbaren gbt es hingegen nicht.
(osc)