Beispiel Charité
Warum Krankenhäuser mehr Treibhausgase ausstoßen, als wir denken
Flug-, Schiff- und Autoverkehr gehören zu den größten CO2-Produzenten des Planeten. Gleichzeitig sind sie sicherlich die bekanntesten Übeltäter. Allerdings gibt es noch andere wesentliche Branchen, die enorme Mengen an Treibhausgasen ausstoßen – wie das Gesundheitssystem. Größere Krankenhäuser können etwa so viel CO2 produzieren wie ganze Städte. Dabei sind so manche der Emissionen vermeidbar.
Fast fünf Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes
Global ist das Gesundheitswesen für 4,4 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich – in Deutschland sind es sogar 5,2 Prozent. Um einen besseren Einblick zu erhalten, warum das Gesundheitswesen so viel CO2 ausstößt, hilft bereits ein Blick auf ein einziges Krankenhaus. Ein gutes Beispiel ist das wohl bekannteste in Deutschland: das Charité in Berlin.
Der Charité-Campus selbst ist fast schon groß genug, um eine eigene Stadt zu sein. Mit rund 22.000 Mitarbeitern wäre sie auch gar nicht mal so klein. Und auch der ökologische Fußabdruck des berühmten Berliner Krankenhauses ist in etwa so groß, wie der einer kleineren Gemeinde. Das CO2 und die Mengen an Müll, die das Charité produziert, sind enorm.
Alte Gebäudetechnik, viele Einwegprodukte

Obwohl die CO2-Bilanz des Charités verhältnismäßig hoch ist, sind rund ein Drittel der Emissionen vermeidbar. Das beginnt schon bei den Gebäuden des Krankenhauskomplexes. Mit der Hilfe von Gebäudesanierungen, sowie moderneren Klimaanlagen und effizienteren Heizungen ließe sich allein hier viel Energie sparen.
Das Müllproblem ist da etwas schwieriger zu lösen. Gut 10.000 Tonnen produziert das Krankenhaus davon im Jahr – nicht zuletzt aufgrund seiner Größe, den hohen Kapazitäten und verschiedenen Leistungen, die das Charité anbieten kann.
Dass viel Einwegmüll in medizinischen Einrichtungen anfällt, dürfte keine Überraschung sein: Verpackungen, Spritzen, Verbände und so weiter sind nun mal nicht zur Wiederverwendung geeignet. Hier kann Klimafreundlichkeit anders erreicht werden, durch Mülltrennung.
Statt jeglichen Abfall als Restmüll zu sammeln und zu verbrennen, wird nun zunehmend sortiert, damit Plastik, Papier und Metalle nicht zusammen entsorgt werden.
Klimakiller Desfluran
Eines der schädlichsten Klimagase, das Krankenhäuser freisetzen, kommt in Operationen zum Einsatz: das Narkosemittel Desfluran. Es wird den Patienten während der OP durch eine Atemmaske eingeflößt und anschließend durch ein Abluftsystem an die Außenluft abgegeben.
Desfluran ist als Treibhausgas etwa 2.000-mal wirksamer als CO2. Eine siebenstündige Operation mit dem Narkosemittel wäre in etwa so schädlich wie zehn Mal mit einem Auto von Berlin nach Rom zu fahren – und zurück. Laut der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie finden hierzulande pro Jahr rund 17 Millionen OPs mit Narkosen statt. Viele von ihnen mit Desfluran.
Alarmierender Rekord: Verbrauch von fossilen Brennstoffen erreicht neuen Höchstwert
Eine Möglichkeit, bei Operationen klimafreundlicher zu arbeiten, wäre, auf volatile Anästhetika zu verzichten. Damit sind alle Narkosemittel gemeint, die über Einatmung als Gase oder Dämpfe aufgenommen werden. Die Alternative ist die totale intravenöse Anästhesie (TIVA), bei der dem Patienten Schlaf- und Schmerzmittel ausschließlich über die Blutbahn zugeführt werden.
Einzelne Krankenhäuser und Einrichtungen arbeiten schon heutzutage mit Narkosegasfiltern, die das schädliche Gas aus der Luft filtern. Allerdings ist die Technik noch nicht ausgereift und verbreitet genug, um Desfluran und Co. zu einer klimafreundlichen Narkoseoption zu machen.
Bereits viele Bemühungen für ein klimafreundlicheres Gesundheitssystem

Die Krankenhäuser wissen natürlich, dass sie die Umwelt mit belasten. Daher werden immer wieder neue Initiativen ins Leben gerufen oder Erklärungen durch medizinische Einrichtungen abgegeben, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verbessern.
So auch das Charité. Bereits 2018 hatten sich die Verantwortlichen dort das Ziel gesetzt, die Emissionen des Krankenhauses innerhalb der nächsten 10 Jahre um zwanzig Prozent zu senken. Damit würde sich der CO2-Ausstoß dann pro Jahr um gut 25.000 Tonnen verringern.



