Schwache Winde und Rekordhitze

Alarmstufe Rot in den Meeren - und Deutschland mittendrin

von Björn Alexander & Martin Pscherer

Viele Teile des Mittelmeeres verzeichnen mit 24 bis fast 30 Grad bereits jetzt enorm große Temperaturabweichungen.
Viele Teile des Mittelmeeres verzeichnen mit 24 bis fast 30 Grad bereits jetzt enorm große Temperaturabweichungen.

Extreme Hitze in fast allen Teilen Europas. Im Fokus hierbei immer wieder: die Meere. Sie fungieren als Wärmespeicher und das bekommen wir auch hierzulande zu spüren.

Rekordwärme im Mittelmeer

Spanien ächzt unter sengender Hitze und hatte bisher schon Spitzen über 45 Grad zu vermelden. Bis hinauf nach Frankreich und Deutschland hatte sich die Heißluft zuletzt geschoben, bevor schwere Unwetter folgten. Dabei spielen das Mittelmeer und der angrenzende Atlantik eine maßgebliche Rolle in diesem Extremwetter-Roulette. Denn die Wassermassen sind ein enormer Wärme- und Energiespeicher, der sich im Bereich des westlichen und zentralen Mittelmeeres inzwischen auf Rekordtemperaturen erwärmt hat und bis zu 5 Grad über dem langjährigen Mittel liegt.

Enorme Hitze und Temperaturunterschiede lassen Monster-Wolke entstehen

Folgen der marinen Hitze

Die extreme Wärme hat direkte Folgen auf die Fauna und Flora im Mittelmeer, wirkt sich aber ebenso auf das Wettergeschehen aus:

  • Verstärkung von Hitzewellen: Ungewöhnlich warmes Mittelmeerwasser begünstigt Hitzewellen in West- und Mitteleuropa, insbesondere bei Südwestwetterlagen. Dies führt zu einer intensiveren und längeren Erwärmung der Luftmassen.
  • Erhöhte Verdunstung und Sturmenergie: Höhere Wassertemperaturen steigern die Verdunstung, was die Atmosphäre mit mehr Feuchtigkeit und Energie anreichert. Dies kann die Bildung und Intensität von Gewittern und Stürmen, insbesondere im Herbst, erhöhen und das Risiko für extreme Niederschläge und Überschwemmungen steigern - und zwar bis zu uns nach Deutschland.
  • Temperaturanomalien und Wetterextreme: Warmes Mittelmeerwasser und stationäre Hochdrucksysteme führen zu blockierten Wetterlagen, die langanhaltende Hitze und extreme Temperaturschwankungen verursachen.

Der letzte Punkt ist auch deshalb von Relevanz, weil hier das Mittelmeer und die Atmosphäre eine unheilige Allianz eingehen. Je länger die Hochdruckwetterlagen halten, umso sonniger ist es und umso stärker wird das Wasser erwärmt.

Durchmischung des Wassers findet kaum noch statt

Eine weitere Folge der Hochdruckwetterlagen ist der fehlende Wind. Ohne Wind findet keine Durchmischung und eine stetige Erwärmung der Wasseroberfläche statt. Diese Schicht des Oberflächenwassers wird zudem immer dicker, was wiederum die sogenannte Sprungschicht, also den Übergangsbereich zum kalten Tiefenwasser immer weiter absenkt. Kurzum: Der Wärmepuffer wächst immer weiter an und kann in dieser Phase nur noch durch den Wind, also das Durchmischen verringert werden.

Effekt ebenfalls im Atlantik

Ähnlich sieht es auch im Atlantik aus. Ungewöhnlich schwache Winde führten im Sommer 2023 zu einer nie dagewesenen Hitzewelle im Nordatlantik, die Oberflächentemperaturen um mehr als 2 Grad Celsius über frühere Rekorde ansteigen ließ. Das ist das Ergebnis einer Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Diese Hitzewelle trug demnach wesentlich zu den globalen Temperaturrekorden 2023 bei und war mit extremen Hitzewellen und Überschwemmungen in Europa verbunden.