Die Natur läuft auf Reserve

Kein Regen in Sicht: Knochentrockene Böden, Waldbrandgefahr, Niedrigwasser

von Oliver Scheel

Trockenheit in der Landwirtschaft
So sehen viele Böden in Deutschland jetzt schon aus.

Draußen genießen wir die Sonne und in vielen Teilen Deutschlands ist es noch richtig schön grün. Aber das täuscht. Die Natur ernährt sich gerade von ihrer Wasserreserve. Seit Monaten hat es nicht genug geregnet. Wir steuern auf den trockensten Frühling aller Zeiten zu - mit Folgen.

Rekordjahre 1893 und 2011 werden wohl unterboten

Was haben die Jahre 1893 und 2011 gemeinsam? Sie gelten als die Jahre mit dem trockensten Frühling. Es sieht sehr danach aus, dass das Jahr 2025 diese Rekordjahre noch unterbietet. Denn unser Frühling ist unwahrscheinlich trocken. In manchen Gegenden sind nicht einmal zehn Prozent des üblichen Regens gefallen. Der Boden ist vor allem im Norden und Nordosten knochentrocken und knüppelhart.

Dass es in vielen Gegenden noch so grün ist, liegt daran, dass 2023 und 2024 recht wasserreiche Jahre waren, die die Grundwasserpegel gut aufgefüllt haben. Doch die Natur läuft jetzt auf Reserve. Wir brauchen dringend flächendeckenden und ergiebigen Regen, nur ist der leider überhaupt nicht zu erkennen.

Besonders im Norden sind die Böden viel zu trocken.
Besonders im Norden sind die Böden viel zu trocken.

Der aktuelle Dürremonitor des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) sieht dramatisch aus. Im Oberboden bis 25 cm steht kaum mehr Wasser zur Verfügung, wie unsere Grafik eindrücklich zeigt. Besonders im Norden fehlt Wasser ohne Ende. Es gibt Orte, in denen kaum zehn Prozent des üblichen Regens gefallen sind. Dort sprechen wir nun von einer „außergewöhnlichen Dürre”, das ist die höchste Stufe. Die Pflanzen geraten in den Trockenstress.

Bis Mitte Mai kein nennenswerter Niederschlag in Sicht

Linderung wird es in den kommenden Tagen kaum geben, denn „für die nächsten 10 Tage sind keine großen Regenmengen in Sicht, also müssten die letzten Tage im Mai schon über 25 Liter pro Quadratmeter im Landesschnitt fallen”, sagt wetter.de-Meteorologe Carlo Pfaff. Bislang brachte der trockenste Frühling im Jahre 1893 81 Liter pro Quadratmeter zustande, der zweittrockenste im Jahr 2011 immerhin 89 Liter. „Da muss sich die Wetterlage Ende Mai schon noch dramatisch ändern, um das Regendefizit auch nur annähernd aufzufüllen. Bislang haben wir seit dem Beginn des meteorologischen Frühlings am 1. März im Landesschnitt nur 58 Liter Regen pro Quadratmeter gesammelt”, analysiert Pfaff beim Blick auf die Daten.

Der Juni wird nach der aktuellen Prognose wesentlich zu warm und zu trocken.
Der Juni wird nach der aktuellen Prognose wesentlich zu warm und zu trocken.

„Im Frühjahr werden Sommergetreide, Mais, Eiweißpflanzen und Kartoffeln gesät beziehungsweise gelegt”, erklärt Stefan Siebert von der Fakultät für Agrarwissenschaften der Georg-August-Universität in Göttingen. „Zum Keimen ist Feuchtigkeit nötig, die insbesondere auf Sandböden nun bereits fehlt. Sollte die Trockenheit anhalten, kann dies tatsächlich zu Problemen führen”, sagt er und blickte schon auf den Sommer voraus: „Trockenheit im Sommer ist gravierender, da sich dann häufig Trockenheit und Hitze in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken.“ Dann wird es auch für viele Gewässer gefährlich, denn in kaltem Wasser ist mehr Sauerstoff gelöst als in warmem. Hitze in Kombination mit Trockenheit kann zu Fischsterben führen.

Probleme nicht nur für die Landwirte

Die Probleme sind also durchaus vielfältig und gehen weit über den landwirtschaftlichen Bereich hinaus. Die Waldbrandgefahr steigt, in manchen Regionen im Nordosten könnte sie zum Wochenbeginn sogar auf die höchste Stufe klettern.

Und: Viele Flüsse führen schon wieder Niedrigwasser. Wenn dann nur mit halber Ladung gefahren werden kann, verteuert das die Produkte, die über das Wasser transportiert werden. Ernteeinbußen wirken sich ebenfalls auf die Preise aus. Viele kleine Bachläufe versiegen komplett, das ist für die Ökosysteme eine Katastrophe. Noch gibt es Hoffnung auf Regen und der Sommer muss nicht trocken werden, doch die Pflanzen gehen mit einer großen Hypothek in den Sommer. Eine ähnliche Situation wie im Dürresommer 2018 ist nicht auszuschließen.

(osc)